Das blutige Land: Die Götterkriege 3 (German Edition)
bewirten. Die Küchenjungen leisteten Schwerstarbeit, als sie die Wagen mit den gebratenen Schweinen hin und her fuhren, die in scheinbar endloser Menge aus der Küche herausgefahren wurden. Später wurden noch Feuerstellen auf dem Hof errichtet, und man überließ es den Bürgern nun selbst, die Schweine aufzuspießen und zu garen, was reichlich getan wurde. Fässer von Wein und Bier, wahre Berge von Brot wurden aufgefahren, Gaukler entzückten nicht nur das Volk, sondern auch die hohen Herren, von denen ich kaum jemand wiedererkannte, und wenn, waren sie alt und meistens fett geworden.
Spielmänner sangen um die Wette, priesen unsere neue Königin, ihr Antlitz und ihr schönes Haar … was nur wieder zeigte, dass nicht jeder Spielmann diplomatisch war.
Der größte Unterschied aber war durch Leandra gegeben. Es brauchte keine Stricke, um sie in dem Stuhl zu halten; wenn sie lachte und scherzte, war es keine Maske, nicht hart durch Schmerz erkämpft, und als sie später am Abend aufsprang und verkündete, dass nun der Tanz eröffnet wäre, war es für mich, als hätte ihr lachendes Gesicht den Schmerz aus dieser großen Halle hinweggefegt.
So wie sie jetzt war, kannte ich Leandra kaum. Sie fand ein Wort für jeden, vom Ratsherrn bis zum verhärmten Bürger, war das Zentrum dieses Fests, ein Licht, das hell strahlte, selbst nachdem sich Soltars Himmel über uns erstreckte.
Wohin sie auch ging, nicht nur meine Blicke folgten ihr, sondern auch eine schlanke Sera mit kaltem Blick, kurzen schwarzen Haaren und einem Rapier an ihrer Seite und jeweils vier Soldaten der Legion und der Königsgarde. Einmal warf sich die Sera zwischen ihre Königin und einen Händler, der Leandra zu nahe kam, und ich sah eine Handklinge am Hals des Mannes aufblitzen, er erbleichte und trat hastig zurück … woraufhin ihm die Sera den Kragen richtete und freundlich auf die Schulter klopfte. »Ein Schritt ist nah genug, vergesst das nicht wieder, Meister Bronwen.«
Was auch immer der Mann von Leandra gewollt hatte, jetzt hatte er es vergessen, er floh hastig aus ihrer Sicht.
Die Hand der Königin. Niemand anders konnte sie sein. Als ob sie meine Gedanken gehört hätte, sah sie zu mir hin und schenkte mir ein kühles Lächeln … und einen kleinen Gruß. Nur dass er mir wohl doch nicht galt.
»Stellt Euch meine Überraschung vor, als ich erfuhr, dass der Schreiner, dem ich mein Herz schenkte, Eleonoras Vater in der gleichen Art diente … nur nicht so offen wie Sarann jetzt Königin Leandra«, hörte ich eine kühle Stimme hinter mir.
Langsam drehte ich mich um. Ich hatte sie an der Tafel schon vermisst, jetzt stand sie da, kerzengerade und aufrecht, als hätten die Jahrzehnte sie nur leicht berührt, in ihren violetten Augen ein Funkeln, das mir halb verärgert und halb vergnügt erschien, Letzteres vielleicht auch, weil sie mich so geschickt ertappte. »Immerhin weiß ich jetzt, weshalb Eleonora mich von ihrem Hof fernhielt, bis Ihr so heldenhaft am Pass gestorben seid.« Sie hob eine Augenbraue an. »Wie stirbt es sich so, wenn man nicht sterben kann?«
»Öfter als man denkt und meist recht unerwartet«, antwortete ich ihr galant und tat einen kleinen Diener. »Wie ist es Euch ergangen, Lenere?«
»Gut«, sagte sie rau. »Ich fand wenig auszusetzen an dem Mann, den Ihr mir zugespielt habt. Er war treu und redlich, ein guter Vater, und ich liebte ihn, auch nachdem ich herausfand, dass Ihr ihn mir geschickt habt … er offenbarte es auf seinem Sterbebett und bat mich um Verzeihung. Mich!« Sie lachte bitter. »Wisst Ihr, dass er bis an sein Ende glaubte, ich hätte ihn nicht geliebt? Wie ist es so, wenn man über die Schicksale anderer auf diese Art verfügt?«
Es war so lange her, weit über ein Jahrhundert, und doch hörte ich noch immer den Schmerz in ihren Worten und sah ihn in diesen Augen, die denen von Leandra so sehr glichen. Damals, als ich Leandra in diesem Gasthof das erste Mal gesehen hatte, glaubte ich für einen kurzen Moment, dass ein Zusammenhang bestehen würde, doch dann verwarf ich den Gedanken. Jetzt aber, da ich sie so nahe vor mir stehen sah, wurde mir heiß und anders. Götter, flehte ich in Gedanken, lasst es nicht sein!
»Was ist, Rod, fehlen dir die Worte? Hat dich dein Gewissen doch ereilt? Oder soll ich Euch Graf schimpfen oder als Wanderer anbeten?«
»Lass es sein, Lenere«, bat ich sie müde. »Dein Mann, wie hieß er noch …«
»Lodewig«, antwortete sie kühl. »Du solltest dir wenigstens
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