Das blutige Land: Die Götterkriege 3 (German Edition)
die Namen derer merken, mit deren Leben du spielst.«
»Er liebte dich von Anfang an. Schon als du ein kleines Mädchen warst. Er war bereit, vor dem zurückzustecken, den du liebtest, doch als der gefallen war und Elfred dich zur Frau nahm, war er es, der mich aufsuchte, um mich zu bitten, dir zu helfen. Er fürchtete um dein Leben an Elfreds Seite und das mit gutem Grund. Ich schickte nicht ihn zu dir, er schickte mich. Er hatte die älteren Rechte auf dich, und wenn du es nicht vermocht hast, ihm deine Liebe zu zeigen, dann war es dein Versagen und nicht das meine.«
Sie zuckte zurück, als ob ich sie geschlagen hätte.
»Hol Bruder Faban, wenn du mir nicht glaubst«, fügte ich leise hinzu. »Es ist die Wahrheit.«
»Ich glaube dir«, sagte sie und wischte sich verärgert die Feuchtigkeit von den Augen. »Du lügst nicht … du behältst nur Teile der Wahrheit zurück oder führst mit der Wahrheit in die Irre. Ich zeigte Lodewig, dass ich ihn liebte. Nur glaubte er es nicht, jetzt weiß ich auch, warum, er wusste, wer du warst, und glaubte, nicht gegen deine Legende bestehen zu können. Wie dumm von ihm«, fügte sie rau hinzu, »sich so zu irren. Er war mir zehnmal mehr ein Freund und Gemahl, als du es hättest jemals sein können.«
»Genau das war der Grund«, sagte ich und sah mich um, zu viele Menschen standen hier herum, ich griff sie leicht am Arm, um sie in den Schatten einer Säule zu ziehen, die die Galerie über uns stützte. »Ich wusste das … und habe es dir gesagt.«
»Ich weiß, wie gut man mit Wahrheit lügen kann«, schnaubte sie und zog ihren Arm aus meiner Hand. »Ich habe es zu deinen Füßen gut gelernt. Ich will wissen, warum, Rod. Ich will wissen, warum du von mir geflohen bist. Du hast nicht nur einem Fremden einen Gefallen getan, sage mir den Grund … oder schau mir in die Augen und lüge. So oder so, ich will meine Antwort, ich habe lange genug darauf gewartet. Du brauchst gar nicht erst nach einem Fluchtweg zu suchen, die Stadt wird belagert, und diesmal kommst du mir nicht davon.«
Das wusste ich auch. Spätestens seitdem ich Blixens Bericht gelesen hatte, in dem Lenere Erwähnung gefunden hatte, wusste ich, dass dieser Moment kommen musste.
»Ich wollte dich nie verletzen …«, begann ich.
»Das weiß ich auch«, schnaubte sie. »Ich bin nicht dumm … und jetzt ein wenig weiser als damals. Ich trage es seitdem mit mir herum, blöd von mir, ich weiß, aber ich fand nie den geringsten Grund, warum es nicht hätte möglich sein sollen. Ich habe bemerkt, wie du mich angesehen hast, Rod, ich habe dir etwas bedeutet, wage nicht, mir ins Gesicht zu lügen, dass es so nicht war.«
Hinter ihr erblickte ich Serafine, die sich suchend umsah, als sie mich entdeckte, kam sie einen Schritt näher, dann sah sie, mit wem ich sprach, sie hob fragend eine Augenbraue, ich schüttelte den Kopf und nickte, sie lächelte mir aufmunternd zu und mischte sich wieder in die Menge.
Lenere war dieses Zwischenspiel nicht entgangen, sie drehte sich um und sah Serafine nach, um sich dann wieder mir zuzuwenden. »Ist sie das?«, fragte sie leise. »Die, die ich nicht sein konnte? Die, für die du sogar unsere Königin verschmäht hast?«
»Ja. Ich liebe sie länger als ich lebe … und doch habe ich Leandra nicht verschmäht. Nicht so, wie du meinst. Mehr dazu wirst du nicht hören. In anderen Dingen stehe ich dir Rede und Antwort, du hast es verdient, aber das geht dich nichts an.«
Sie sah mich prüfend an. »Du wirst mir meine Antwort geben?«
»Ja«, sagte ich. »Es war mein Vorsatz, schon bevor du mich in diese Ecke drängtest.«
Ein leichtes Lächeln spielte um ihre Lippen. »Halten wir fest, dass du es warst, der mich hinter diese Säule gezogen hat.«
»Götter!«, fluchte ich. »Musst du noch immer jeden Punkt gewinnen?«
»Sonst habe ich nicht mehr viel an Vergnügungen.« Sie holte tief Luft. »Also, Rod, warum hast du mich verschmäht? Du hast mich gerettet vor so vielen Dingen, standest mir zur Seite, als ich dich brauchte … und dann, als ich dir meine Liebe gestand, warst du so schnell verschwunden, dass es einer Flucht gleichkam. Warum also bist du vor mir geflohen?«
»Weil du meine Enkeltochter bist.«
Endlich, es war heraus.
Es gab keine Vorwarnung, nicht einmal ein Zucken ihrer Lider. Sie holte einfach aus und schlug zu. Nicht mit der flachen Hand, sondern so, wie ich sie es einst gelehrt hatte, die Faust ordentlich geballt, präzise und genau. So schnell, dass
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