Das blutige Land: Die Götterkriege 3 (German Edition)
Nur, wie wollt Ihr das bewerkstelligen?«
Eine der Schankmägde kam herbei und trug eine große Platte mit Braten heran und gab mir so die Zeit, meine Antwort zu überlegen.
»Zur Zeit ist es nicht mehr als eine grobe Idee«, teilte ich den anderen mit, während ich mir meinen Teller füllte. »Zuerst gilt es, mehr von den Barbaren zu verstehen.« Ich sah zu Mahea hin. »Ich hoffe, Ihr könnt mir da weiterhelfen, Lanzenkorporal.«
»Soweit ich es vermag«, nickte sie. »Doch ich war sechs Jahre alt, als die Blutreiter kamen, was ich von den Barbaren weiß, ist zum größten Teil das Wissen eines Kindes.«
»Kinder sehen mehr, als viele glauben«, meinte Eldred.
»Sicher«, nickte sie. »Es ist nur die Frage, ob es nützt.«
»Von dem, was ich in Erfahrung brachte«, sprach ich weiter, »scheitert es oft daran, dass jegliche Vereinbarung, die mit den Barbaren getroffen wird, nur an die Person des Anführers gebunden ist. Stirbt er, betrachten die Barbaren jede Vereinbarung als hinfällig.«
»So ist es«, nickte sie. »Manchmal wird ein Anführer herausgefordert, weil man der Meinung ist, dass er den Stamm in eine falsche Richtung führt. Wäre der Nachfolger an das gebunden, was der Vorgänger beschlossen hat, würde eine solche Herausforderung nach dem Denken der Barbaren ihren Sinn verfehlen.«
»Auf der anderen Seite ist ein Anführer verpflichtet, jede Herausforderung anzunehmen, nicht wahr?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Sie glauben, dass die Geister den beschützen, den sie auswählen, um den Stamm zu führen. Aber nicht jeder hat das Recht, eine solche Forderung auszusprechen. Der Herausforderer muss einem Totem dienen, ein Krieger und ein Anführer sein. Er muss bewiesen haben, dass andere ihm folgen. Nur dann, wenn daran kein Zweifel besteht, muss die Herausforderung angenommen werden. Gibt es an einem dieser Punkte Zweifel, liegt es an dem Anführer, ob er die Forderung annimmt.«
»So in etwa wie in Aldane, wo ein Bauer einen Ritter nicht zum Duell fordern kann?«, fragte einer der anderen nach.
»Nicht ganz«, gab sie ihm Antwort. »Denn bei den Barbaren ist es möglich … sofern der Bauer auch ein Krieger ist und andere führen kann. Aber den Beweis dazu muss er erst erbringen.«
Dann, dachte ich, hatte ich Glück gehabt, dass die anderen Rekruten mir folgten. Wäre ich alleine gekommen, hätte Ma’tar die Forderung vielleicht doch abgelehnt.
»Was ist, wenn die Herausforderung von dem Anführer eines verfeindeten Stamms kommt?«, fragte ich nach.
»Es ist die Art, wie die Barbaren Streitigkeiten unter den Stämmen lösen, wenn es sonst keine Einigung gibt. Es hat aber den Nachteil, dass der Gewinner eines solchen Zweikampfs den Stamm des Verlierers in seinen Stamm aufnehmen muss.« Sie zuckte mit den Schultern. »Das Leben dort draußen ist karg, die Barbaren sind Nomaden, gerade weil es schwierig ist, genügend Nahrung zu finden. Als ich das erste Mal einen solchen Braten sah, habe ich es kaum glauben können, dass er für so wenige bestimmt war. Der hier«, sagte sie und wies auf den Rest des Bratens zwischen uns, »hätte gereicht, um unseren ganzen Stamm zu ernähren. Wenn man schon die Verantwortung für einen Stamm trägt, wird man sich hüten, sich leichtfertig eine weitere Verpflichtung aufzubürden. Lieber setzt man sich zusammen und berät sich so lange, bis eine Lösung für einen Zwist gefunden ist.«
»Ich wusste nicht, dass sie so vernünftig sind«, meinte Eldred erstaunt. »Warum setzen sie sich dann nicht mit unseren Anführern zusammen und tun das Gleiche hier?«
Alle sahen Mahea fragend an.
»Ich weiß es nicht«, gestand sie. »Aber ich vermute, dass es daran liegt, dass sie uns nicht respektieren. Ich weiß, dass mein Vater die kaiserlichen Truppen feige nannte … aber ich weiß nicht mehr wieso.«
»Wenn also ein Anführer einen anderen besiegt, ist er verpflichtet, für das Wohlergehen des Stamms des Verlierers zu sorgen?«, fragte ich.
»Es geht darüber hinaus. Der Stamm des Verlierers wird in den Stamm des Gewinners aufgenommen, und es ist eine Frage der Ehre, dass es keinen Unterschied mehr macht, wer vorher zu welchem Stamm gehörte.« Sie zögerte. »So handhaben sie es auch im Kleinen. Wenn ein Krieger einen anderen im Zweikampf erschlägt, muss er sich um die Familie des anderen kümmern und sie als seine akzeptieren.«
»Also, wenn man die Frau eines anderen haben will, erschlägt man den Ehemann und bekommt die Frau?«, fragte einer der anderen
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