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Das Blutschwert

Das Blutschwert

Titel: Das Blutschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Golden , Nancy Holder
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eine alte Legende, und sie wird nicht oft erzählt. Allerdings glaube ich mich zu erinnern.« Der alte Mann machte eine Pause. »Verzeihen Sie bitte, aber stehen Ihnen die gesammelten Wächtertagebücher zur Verfügung?«
    »Ja, natürlich.« Er wäre eine schreckliche Fehlbesetzung als Buffys Wächter, hätte er nicht die vollständige Ausgabe in seinem Besitz.
    »Wie erfreulich. Erinnern Sie sich vielleicht an Claire Silver?«
    Giles kramte ein paar Sekunden lang in seinem Gedächtnis, bevor es ihm wieder einfiel. »Ich habe ihre Tagebücher studiert«, erwiderte er, »aber das ist schon Jahre her.«
    Wieder war es am anderen Ende der Leitung für einen Moment still. Giles dachte erneut an die japanischen Traditionen der Ehre, und er fragte sich, ob Kobo trotz der Komplimente, die er ihm machte, im Stillen Giles’ mangelnde Sachkenntnis tadelte.
    Von allen noch lebenden Wächtern genoss Kobo das höchste Ansehen. Der Gedanke, dass dieser bedeutende Mann seine, Giles’, eigene Leistungen als Wächter kritisch betrachtete, war ihm bis zu diesem Moment noch nicht gekommen. Doch jetzt, wo es passiert war, konnte er den Unterton in der Stimme des alten Mannes nicht mehr überhören.
    »Ich möchte respektvoll vorschlagen, G’iles-sensei, dass Sie einen Blick in Claire Silvers Tagebücher werfen. Ein Gelehrter von Ihrem Rang wird sie vermutlich äußerst erhellend finden«, sagte der alte
    Mann. »Ich meine, mich zu erinnern, dass in ihnen auch der Bergkönig erwähnt wird. Aber es ist schon lange her, seit ich sie zum letzten Mal gelesen habe; damals hatte ich noch über einen Jäger zu wachen. Deshalb habe ich zugelassen, dass die Geschichte meinem Gedächtnis entfiel.«
    Da!, dachte Giles. Das war mit Sicherheit eine Spitze. Eine Andeutung, dass Giles seine Pflichten als Wächter vernachlässigte, wenn er sich nicht intensiv genug mit den Wächtertagebüchern beschäftigte. Er ignorierte es. Die Information, die er brauchte, war wichtiger, als sein Gesicht zu wahren.
    »Aber Claire Silver war eine Wächterin im England des neunzehnten Jahrhunderts«, entgegnete Giles. »Was hat sie mit dem alten Japan zu tun?«
    »Bedauerlicherweise habe ich Ihnen bereits alles gesagt, was mir im Gedächtnis haften blieb, Mr. Giles«, sagte Kobo schlicht. »Ich fürchte, dass ich Ihre wertvolle Zeit verschwendet habe.«
    Giles schwieg einen Moment, bevor er antwortete. Der alte Wächter hatte zugegeben, dass er nicht alles wusste. Aber wenn Giles den Mann nicht verteidigte, bedeutete dies eine direkte Beleidigung. Kobo mochte ihn beleidigt haben, aber er hatte es indirekt getan. Schon um den Schein zu wahren oder in Gedenken an seine Großmutter, würde Giles tun, was von ihm erwartet wurde.
    »O nein, sensei«, versicherte er, »Sie sind mir eine große Hilfe gewesen. Ihre Weisheit und Erfahrung sind unerreicht, und Sie ehren mich mit Ihrer Unterstützung. Ich danke Ihnen. Ich bin sicher, dass mir dieses Gespräch weiterhelfen wird. Vielleicht rettet es sogar das Leben der derzeitigen Auserwählten und das ihrer Freunde.«
    Diesmal hörte Giles Kobo tatsächlich seufzen. »Giles-sensei«, sagte der alte Wächter langsam, als müsste er seine Verärgerung zügeln. Sein freundlicher Tonfall klang jetzt gezwungen. »Ich freue mich über Ihre Hingabe an die Auserwählte, denn natürlich habe ich schon davon gehört. Dennoch ist es äußerst ungewöhnlich, dass ein Wächter die Zufriedenheit der Jägerin, ihr Wohlergehen und sogar das Wohlergehen ihrer Freunde über die Mission stellt. Nur die wenigsten Jäger hatten überhaupt Freunde. Sie ehren sie durch die Loyalität,
    mit der Sie ihre Bedürfnisse erfüllen - auch wenn einige davon einem alten Japaner frivol vorkommen.«
    Giles zuckte zusammen und starrte das Telefon an, als hätte der Apparat ihn beleidigt.
    »Bitte entschuldigen Sie, falls meine Besorgnis um die Jägerin nicht Ihrem Standard für das korrekte Verhalten eines Wächters entspricht«, fauchte Giles. »Und mit allem Respekt, Sir, wie Sie bereits selbst festgestellt haben, ist die Jägerin, für die ich verantwortlich bin, noch immer am Leben.« Er legte auf, zorniger und verwirrter als je zuvor. Einige Minuten lang suchte er in den Tagebuchbänden nach den Aufzeichnungen Claire Silvers, aber er war mitten in der Neuordnung seines Archivs gewesen, als die Krise begonnen hatte.
    Als das Telefon klingelte, starrte er es einen Moment lang feindselig an, bevor er den Hörer abnahm. Er erwartete fast, Kobos Stimme zu

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