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Das boese Blut der Donna Luna

Das boese Blut der Donna Luna

Titel: Das boese Blut der Donna Luna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Cerrato
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alles darangesetzt, sie aufzuarbeiten und zu überwinden. Das ist mein Job, und den übe ich auch an mir selbst aus.«
    Nelly und Tano musterten ihn wachsam und lauschten auf die kleinste Unstimmigkeit, doch inzwischen hatte sich Palmieri wieder vollkommen im Griff. Er zupfte die Bundfalte seiner weißen Hosen zurecht, strich sich mit der üblichen Geste über den Bart und starrte an die Decke wie auf eine Leinwand, die Bilder aus der Vergangenheit zeigte, und vielleicht war es für ihn tatsächlich so.
    »Meine Mutter war gerade unter der Erde, und ich war allein mit meiner kleinen Schwester Giacinta. Zum Glück hatten meine Eltern mir ein kleines Vermögen hinterlassen. Ich habe ein Vollzeitkindermädchen eingestellt und mit ihm und dem Baby dem Haus den Rücken gekehrt, ich konnte nicht mehr dort leben. Es hat lange gebraucht, ehe ich meine Abneigung gegen Genua und die Villa Camelia überwunden hatte. Jahre. Ich bin zum Studium nach Padua gegangen, dann nach Deutschland, danach nach London und schließlich nach Amerika. Ich war ein Junge mit einem Kind, habe mich nie von Giacinta trennen wollen, und das war dauerhaften Beziehungen nicht gerade zuträglich. Kein Mädchen ist begeistert von einem Mann mit einem kleinen Kind, das ihn dauernd in Beschlag nimmt.« Er lächelte betrübt.
    Wie er sich in Szene zu setzen weiß! Aber er scheint ehrlich zu sein.
    »In Amerika ging es uns gut. Meine Arbeit wurde geschätzt, ich hatte mich als Kriminologe spezialisiert und unterrichtete eine Zeit lang sogar in Harvard. Unterdessen wurde Giacinta größer, sie hatte eine Leidenschaft für Musik und ist nach Philadelphia gegangen, um zu studieren.«
    Wieder hielt er inne, blickte sie an, ohne sie zu sehen, und wandte sich erneut seinem Film an der Zimmerdecke zu.
    »Vor fünf Jahren wollte sie ein Konzert in New Orleans besuchen. Sie ist losgefahren, aber nie in New Orleans angekommen. Man hat das leere Auto an der Bundesstraße gefunden. Sie können sich vorstellen, wie es mir ging. Ich war in Los Angeles und bin sofort dorthin. Wir haben sie überall gesucht. Drei Monate später hat man sie in einem Wald in Wisconsin gefunden. Das, was von ihr noch übrig war, halb verscharrt, von Tieren angefressen ... der Witterung preisgegeben ... Es hat einiges gebraucht, um diesen Resten einen Namen zu geben.«
    »Schon gut, Alessandro, das muss sehr schmerzhaft für Sie sein.«
    »Das ist nicht ›sehr schmerzhaft‹, Tano, es ist verheerend, aber ich will es zu Ende bringen, Klarheit schaffen. Als der Fall für abgeschlossen erklärt wurde, habe ich meine Sachen gepackt und Amerika verlassen. Ich bin mit den Ermittlern in Kontakt geblieben, der Mörder hatte in den vorangegangenen Jahren bereits ein Dutzend andere auf die gleiche Weise umgebracht, er wurde wenig später gefasst. Ich war nicht in der Lage, an den Ermittlungen mitzuwirken, ich war zu befangen. Ich glaubte den Verstand zu verlieren. Mein Vater, meine Mutter, jetzt sie ...«
    Er wirkt glaubhaft, es könnte alles wahr sein. Trotzdem bin ich nicht restlos überzeugt, wieso nicht?  Nelly mustert ihn kalt und schweigend, doch Alessandro scheint es nicht zu bemerken.
    »Zum Glück hat mir ein Mädchen, eine Freundin von Giacinta und ihre Kommilitonin am Konservatorium, Tiziana Rolandi – Titta – in dieser Zeit sehr beigestanden. Nach Abschluss der Ermittlungen ist sie mir nach Europa gefolgt. Hier habe ich mich Hals über Kopf in die Arbeit gestürzt. Wir sind nach Melide gezogen, wollten irgendwann heiraten. Wir waren glücklich, bis zur Geburt unseres Sohnes Cristiano vor vier Monaten. Der Kleine hatte eine angeborene Missbildung, er hat nur drei Wochen gelebt. Meine Lebensgefährtin ist in eine heftige Depression verfallen und hat mich ohne ein Wort verlassen.«
    »Wo ist sie jetzt, Alessandro?«
    »In Amerika, glaube ich, sie hat nicht gesagt, wo sie hinwollte. Ich habe sie gesucht, bisher leider ohne Erfolg. Ich hoffe, dass ich sie irgendwann finde und sie zu mir zurückkommt.«
    Der letzte Satz war so leise gesprochen, dass Tano und Nelly ihn kaum verstanden. Palmieri wirkte wie ausgepumpt und als wäre er in eine ganz eigene, nur ihm zugängliche Welt abgedriftet. Minutenlang sagte niemand etwas. Dann räusperte sich Tano, um Alessandro aufzurütteln, der nur mühsam aus seinem ganz persönlichen Albtraum zu erwachen schien.
    »Ja, Nelly, das also ist mein Geheimnis, das große Mysterium, das Sie bis nach Melide getrieben hat. Eine Frage hätte genügt, meinen Sie

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