Das boese Blut der Donna Luna
Dinge, oder besser Dinge, die Nelly nicht hören wollte. Der Albtraum war vorbei, Ende, aus.
Halt die Klappe, blöde Kuh. Sie massierte sich eine straffende Creme in die noch feuchte Haut, erinnerte sich daran, dass sie eine Frau war und dass das Leben nicht nur aus Grauen und Verbrechen bestand, schlüpfte in ihr geliebtes blau-weiß geblümtes Kleid und trat ins Wohnzimmer, als Tano gerade ans Telefon ging und sagte: »Ciao, Maurizio, wie geht’s? ... Schön, freut mich. Warte, ich geb dir deine Mutter.« Er hielt ihr den Hörer hin. »Dein Sohn.« Ach ja, Mau. Bestimmt hatte er schon ein paar Mal auf ihrem Handy angerufen und sie nie erreicht.
»Ciao, Schätzchen, wie geht’s? Ach, ja? Du hast mich nicht erreicht? Alles in Ordnung, keine Sorge, ich hatte wahnsinnig viel um die Ohren. Der Fall ist gelöst, ja, es war ein Jurist von ›Mani amiche‹. Du wirst es in der Zeitung lesen. Und Monica?«
Tano sah, wie Nelly die Augen verdrehte und eine Grimasse schnitt.
»Und wann kommt ihr wieder? Was habt ihr beschlossen? ... Ah, noch nichts ... Gebt euch mal ’nen Ruck, die Zeit rennt. Was macht wer hier? Kümmer dich um deinen eigenen Kram, mein Schatz, ja, mach’s gut, Küsse.« Sie legte auf.
Tano sah sie spitzbübisch an.
»Hat er dich gefragt, was ich hier mache?«
»Genau.«
»Meinst du, es würde ihn nerven, wenn zwischen uns beiden ...«
»Keine Ahnung, aber das steht ja wohl auch gar nicht zur Debatte, oder?«, frotzelte sie.
»Ach, käme ich für dich denn nicht in Betracht, als Mann, meine ich?«
»Das habe ich nicht gesagt, nur bin ich ja schon vergeben ... Aber entschuldige mal«, fügte sie hinzu, als sie sah, dass Tanos Blick sich verfinsterte, »würdest du mich denn in Betracht ziehen, als Frau ...?«
»Ja. Ohne eine Sekunde drüber nachzudenken.«
Scheiße, er meint’s ernst, o Mist, ausgerechnet mir muss das passieren.
Sie beschloss, die Sache spaßig zu nehmen.
»Ich werd’s mir merken. Du gefällst mir, Tano, und das weißt du genau. Es gibt keine Frau, der du nicht gefällst«, schob sie hastig hinterher, als sie sah, dass er einen Schritt auf sie zu machte, doch zu spät, er nahm sie in die Arme und küsste sie. Ein richtiger Kuss auf den Mund, den Nelly ohne zu zögern erwiderte.
Es war nicht leicht, sich loszumachen, doch irgendwie schaffte sie es.
»Tano, das ist jetzt eine ganz seltsame Situation, ich ...«
»Schon gut, Nelly, ich will dich nicht drängen. Du hast Carlo, du liebst ihn, aber jetzt weißt du’s. Was ich empfinde, meine ich. Denk darüber nach, und keine Sorge, ich nehm’s nicht krumm, wenn ich einen Korb kriege.«
Das glaub ich gern. Hast ja auch noch nie einen bekommen, doch sie sagte nichts, streichelte seine Wange und ließ ihre Augen für ihr Herz sprechen.
»Ja, Tano, auch wenn es vielleicht besser wäre, es nicht zu wissen.«
Wieder küssten sie sich. Diesmal war es noch schwieriger, sich loszumachen, und Nelly beschloss, dass dies entschieden zu weit ging und sie bald keinen Widerstand mehr leisten könnte. Mühsam schob sie ihn von sich.
»Na los, gehen wir, sonst kommen wir noch zu spät, und um nichts in der Welt will ich unsere Pressekonferenz verpassen.«
Schweren Herzens ließ Tano sie los. Sie gingen schweigend die Treppe hinunter und sagten bis zum Präsidium kein Wort.
Laurenti hatte den Pressetermin auf elf Uhr angesetzt. Es herrschte heilloses Gewusel, Volponi war vor einer Stunde in aller Eile eingetroffen, um sich mit unverdienten Lorbeeren zu schmücken. Überall heitere, lächelnde Gesichter, selbst die Hitze schien erträglicher geworden zu sein. Marco begrüßte sie herzlich, Gerolamo lächelte froh, sie wieder auf den Beinen zu sehen.
Nelly ging als Erstes zu Valeria, um ihr ein Lob auszusprechen: »Ciao, Valeria, ich hab gehört, was du so alles herausgefunden hast, großartig, du bist wirklich eine Wucht.«
»Danke. Wie geht es Ihnen, Dottoressa Rosso? Wie schön, dass Sie wieder auf den Beinen sind. Und was die Recherchen betrifft, das ist mein Job, ich mag ihn, hab auch ein paar gute Quellen, und das Internet natürlich, und wenn es dann noch zu etwas nütze ist ... Aber wie geht es Dottoressa Sacco?«
»So wie es einer Frau geht, die dem Tod ins Gesicht geblickt hat: völlig durch den Wind. Hoffen wir, dass sie sich bald wieder gefasst hat. Ach, übrigens, Palmieri?«
»Ich weiß nicht, ob der wieder in Genua ist und an der Pressekonferenz teilnimmt. Er hat heute Morgen angerufen und gesagt, wenn er’s
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