Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das boese Blut der Donna Luna

Das boese Blut der Donna Luna

Titel: Das boese Blut der Donna Luna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Cerrato
Vom Netzwerk:
nicht?«
    Marcos Antwort wurde von einer Brise heraufgeweht, die sich über dem Meer erhoben hatte, doch Nellys Ohren rauschten so sehr, dass sie nichts verstand.
    »Was? Ich verstehe dich nicht, verdammt. Jetzt reicht’s, ich steig selbst runter!«
    »Tun Sie’s nicht, Dottoressa, ich sehe doch, dass Sie noch nicht wieder ganz auf dem Damm sind. Ich gehe, ich bin gleich wieder zurück, warten Sie bitte hier.«
    Zähneknirschend sah sie zu, wie Gerolamo sich zu den anderen Schemen gesellte, die sich dort in der Tiefe bewegten, als folgten sie einer eigenen, geheimen Choreografie. Tano und Tommi waren unterdessen zurückgerannt, um Amanda zu helfen und das Gebäude des Grauens unter die Lupe zu nehmen, und sie waren noch nicht wieder zurückgekehrt.
    Nelly fühlte sich plötzlich sehr weiblich und schwach, was sie noch ungehaltener machte. Sie hatte keine Kraft mehr, und nur die Anspannung bewahrte sie vor einem neuen Zusammenbruch. Sie lehnte sich gegen einen dicken Stamm, brach in Schluchzen aus und schimpfte sich dafür eine blöde Kuh. Nach und nach beruhigte sie sich wieder, sie fühlte sich erleichtert, doch wo waren eigentlich alle geblieben? Die Zeit hatte eine seltsame, zähe und unvorhersehbare Dimension angenommen ...  Wie in »Alice im Wunderland«, jetzt kommt gleich das Kaninchen vorbei und sagt: »Ich werde zu spät kommen, viel zu spät, zu spät, viel zu spät ...«
    »Nelly, alles in Ordnung?«
    Marco kam die Treppe herauf, gefolgt von Gerolamo, der sie mit besorgt gerunzelter Stirn musterte.
    »Verdammt noch mal, wie lange wollt ihr mich noch schmoren lassen, liegt der tote Manara nun dort unten oder nicht? Oder ist er nur verletzt? Oder ist er uns entwischt?«
    »Nein, Manara ist nicht da unten ...«
    »O Scheiße, das ist unmöglich, aus dieser Höhe müsste der sich mindestens ein Bein gebrochen haben ...«
    »Lass mich ausreden, da unten liegt kein toter Manara, sondern ...«
    »Palmieri!«, platzte Nelly heraus.
    »Nelly, bitte entschuldige, wenn ich das sage, aber du bist echt wie besessen, da ist weder Manara noch Palmieri. Da unten ist unter anderem ein von Eisenstangen gehaltener Holzstapel, und der Typ hat sich darauf aufgespießt. Kein schöner Anblick. Es ist ... Giuliano Zanni. Er war unser Mann, und wir hatten’s nicht geblickt.«
    Das Geheul der Krankenwagensirenen zerriss den nächtlichen Frieden, und nacheinander bevölkerten Beamte der Spurensicherung, der Gerichtsmediziner, Sanitäter und Totengräber die Terrassen. Palmieri war nicht zu erreichen. Nelly, noch immer völlig vor den Kopf geschlagen angesichts der Neuigkeit, dass Giuliano Zanni für all die grausamen Verbrechen verantwortlich war, hatte sich zu Tano und den andern in das »Opfer«-Gebäude begeben. Amanda wurde gerade mit geschlossenen Augen und intubiert auf einer Trage herausgebracht. Die Nachricht, dass sie Zanni gefunden hatten, schien Tano nicht sonderlich zu überraschen. Mit ernster und düsterer Miene führte er sie zu einer Art Paravent, der in der hinteren Ecke des großen Raumes stand, sagte nur: »Haltet euch fest«, und trat zur Seite.
    Vor ihnen am Boden lagen zwei Körper: eine Frauenleiche ohne Kopf, und Avvocato Manara, zwar mit Kopf, aber ebenfalls tot, die Kette der Madonna von Fatima um den Hals. Erwürgt, genau wie Don Silvano. Die kurzsichtigen Augen waren aus den Höhlen getreten, die blau angelaufene Zunge ragte aus dem Mund. Der Anblick war entsetzlich, doch Tano war noch nicht fertig. Er hob ein weißes Tuch hoch, unter dem ein Korb mit Gemma Pierettis Kopf zum Vorschein kam. Nelly beschloss, dass es für diesen Tag reichte, und sank wie ein zartes, tuberkulosegeschwächtes Rokokofräulein abermals in Ohnmacht.

XVIII
    Die Morgensonne fiel noch harmlos durch das große Fenster, und als Nelly die Augen öffnete, stellte sie zu ihrer großen Beunruhigung fest, dass es ihr langsam zur Gewohnheit wurde, in einem Krankenhausbett aufzuwachen. Dann erinnerte sie sich an all das Grauen der letzten Nacht und konnte sich nur mit einem Gedanken einigermaßen beruhigen: Es war vorbei. Giuliano Zanni, der junge Anwalt von »Mani amiche«, der Assistent von Federico Manara, war Simba gewesen. Und er war tot.
    In dem Augenblick lugte ein Kopf zur Tür herein. Es war Tano, mit einem riesigen Blumenstrauß in der Hand (gelb gesprenkelte rosa Rosen) und einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen. Er war in Uniform.
    »Na, Nelly, gehörst eben doch zum schwachen Geschlecht, was?«
    Sie musste lachen. In

Weitere Kostenlose Bücher