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Das boese Blut der Donna Luna

Das boese Blut der Donna Luna

Titel: Das boese Blut der Donna Luna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Cerrato
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auf dem Umschlag ist mehrere Tage alt, da ist ganz bestimmt kein zweiter unterwegs, sonst wäre der längst angekommen. Und was den lieben Tano und diesen Sizilianer mit der Grabesmiene angeht – Gerolamo, richtig? –, die waren schon hier, sie haben vor einem Stündchen ratlos und bedripst am Gartentor gestanden, geklingelt, einen Moment gewartet und sind wieder gegangen. Ihr lieber Esposito wusste, dass ich heute in aller Herrgottsfrühe nach Lugano abfahren würde, das Haus ist zu, und von Alessandro und Nelly Rosso keine Spur. Einer ist weg und hat ein schönes Alibi, und die andere – puff!! – hat sich in Luft aufgelöst!« Er schnippte mit den Fingern. Nelly lief es eiskalt über den Rücken, vor Schmerz und vor nackter Angst, die in ihr aufstieg.
    Ich muss ihn zum Reden bringen. Dieser Mistkerl ist nicht nur wahnsinnig, sondern auch exhibitionistisch. Er liebt es, sich zur Schau zu stellen und zu zeigen, wie großartig er ist. Er will bewundert werden.  Doch vor allem war sie schreiend neugierig. Ihre Gier, die ganze Geschichte zu erfahren, war so übermäßig, dass sie einen Augenblick lang sogar die Todesangst in den Hintergrund drängte.
    »Aber wie ist das möglich, was haben Sie mit dieser Geschichte zu tun, Alessandro? Ich hab von Anfang an, oder besser, seit meinem ersten Besuch hier gespürt, dass etwas nicht stimmte, dass Sie womöglich darin verwickelt sind, aber Zanni ist der Mörder, er hat sie umgebracht, oder? Alles passt zusammen, Spuren, DNA, Vergleiche ...«
    Palmieri unterbrach sie höhnisch.
    »Dein Spatzenhirn gibt sich redlich Mühe, schafft’s aber nicht, was, Nelly? Giuliano ist der Mörder, na und? Eine schöne Denkaufgabe. Ich wette, du bist ganz schlecht mit Kreuzworträtseln, auch mit Bilderrätseln und Scharaden, und bei der reinen Mathematik liegst du genauso daneben wie bei Ratereimen für Kinder. Du knackst noch nicht mal den ersten Schwierigkeitsgrad beim Sudoku. Eine echte Flasche. Eine Loserin. Wo findet die Polizei eigentlich solche wie dich? Beim Töpfeschrubben in irgendwelchen Vereinsküchen? Oder beim Kloputzen? So was Unprofessionelles wie du ist mir seit Jahren nicht mehr untergekommen, aber ich wusste, dass du noch mal hier rumschnüffeln würdest, nicht lockerlassen würdest. Wie gesagt, Pech für dich.«
    Seine Stimme war voller Hass, und das verächtliche Du traf Nelly wie ein Peitschenhieb. Sie versuchte sich in eine etwas erträglichere Position zu bringen und lehnte sich gegen die kalte Mauer.
    »Ja, vielleicht bin ich unfähig, aber bis hierher bin ich immerhin gekommen, richtig? Und du, was bist du, Alessandro?«
    Sie war ebenfalls automatisch zum Du übergegangen und gab ihm einen herablassend ironischen Ton. Alessandro, der nichts davon zu bemerken schien, antwortete ernst.
    »Ein Genie. Ein Wesen, das dem Durchschnitt der gewöhnlichen Sterblichen, den Nullen wie dir und deinen armseligen Kollegen, die allenfalls einen Hühnerdieb schnappen können, himmelweit überlegen ist.«
    »Und das Genie zeichnet sich dadurch aus, dass es arme, wehrlose und unschuldige Frauen umbringt und köpft?«
    »Das Genie zeichnet sich dadurch aus, dass es frei ist und über allem steht, auch und vor allem über der Moral beschränkter Hausfrauen, wie du eine bist, und der Feiglinge, die ein armseliges Dasein fristen und noch nicht einmal wissen, dass sie am Leben sind. Das merken sie erst, wenn sie sterben. Ein Aufflammen, und dann nichts mehr. Zumindest haben sie eine wahre Emotion gehabt. Und die Frauen zumal«, er holte tief Luft und stieß sie zornig wieder aus, »sind niemals unschuldig. Sie tun Böses, täuschen und betrügen mit jedem Atemzug. Sie verlassen die, die sie lieben. Sie sind das Übel.«
    Er wollte weit ausholen, seine Augen blitzten, sein Atem ging heftiger. Nelly schmerzten der auf den Rücken gedrehte Arm und die zusammengeschnürten Fußknöchel, das Blut konnte nicht richtig zirkulieren. Sie versuchte, nicht daran zu denken.
    Er machte eine Handbewegung, als wollte er eine Fliege verscheuchen, doch das befriedigte Grinsen, das seine Lippen verzerrte, verriet Nelly, dass er es genoss, sie in seiner Gewalt und als Publikum zu haben, ein privilegiertes, da dem Tode geweihtes Publikum, dem man alles rückhaltlos erzählen und vor dem man sich endlich die Maske vom Gesicht reißen konnte. Das einzige Publikum, dem man sein wahres Ich, seine wahre Größe zeigen durfte.  Du willst reden, ordentlich angeben, du Drecksau, na los, mach doch. Sag mir,

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