Das boese Blut der Donna Luna
nur wenig oder gar nichts hergegeben. Schuhabdrücke verschiedener Größen, 43, 44, 44 1/2, 45. Vielleicht warf er die Schuhe hinterher weg, um die Ermittler irrezuführen. Vielleicht stammten sie von Leuten, die nichts damit zu tun hatten. Nie gab es zwei gleiche.
»Wir müssen herausfinden, ob sie mit den Karrenspuren der Gärtner übereinstimmen oder nicht. Ein Handkarren. Vielleicht ein geschlossener, das wäre ideal für solch einen Transport. Aber wenn er einen Karren der Gärtner benutzt hat, sind wir genauso schlau wie vorher. Gar nicht blöd, unser Freund.«
»Ich habe nie gedacht, dass der blöd oder einfältig ist, Marco. Auch deshalb war ich von Gianluca nicht überzeugt. Viel zu schlicht, kein bisschen raffiniert oder grausam. Nur ein linkischer großer Junge mit einem Haufen Probleme.«
Marco kniff die Lippen zusammen und sagte nichts. Die Kommissarin hatte richtiggelegen, Hut ab. Jetzt musste man Balmir in die Zange nehmen. Wie Samira war auch Lena eines seiner Mädchen gewesen. Die Hypothese einer grausamen Vergeltung im Prostituiertenmilieu wurde wieder wahrscheinlicher.
Als sie ihn zu Lenas Identifizierung herbestellten, war Balmir voller kalter Wut. Diesmal machte er keine Geschichten und identifizierte sie sofort. »Meine Cousine Lena Oxa«, hatte er gesagt. Für ihn ging eine wichtige Einnahmequelle verloren, die zweite innerhalb kurzer Zeit. Mordlust blitzte in seinen Augen, sosehr er sich auch zusammenriss. Sofort hatte er ein Alibi für den Abend und die Nacht vor dem Leichenfund parat. Offenbar konnte oder wollte er keinen Hinweis geben. Nelly war sicher, dass er nicht log. Es war offensichtlich, dass er genauso ratlos war wie sie. Bei der Befragung gaben Lenas Kolleginnen an, dass die Frau am letzten Abend, an dem sie lebend gesehen worden war, in einem hellen Auto weggefahren war. In den dunklen Kleinwagen wäre sie auch bestimmt nicht eingestiegen, denn immerhin hatte sie das Auto von Samiras Mörder gesehen. Hatte sie deshalb sterben müssen?
V
Wie Nelly befürchtet hatte, auch wenn sie zu abergläubisch war, ihre Vermutung laut auszusprechen, machte ein Gärtner des Nervi-Parks am nächsten Tag, dem Mittwoch, die nächste grausige Entdeckung. Eine weitere enthauptete Leiche. Wieder zwei ermordete Frauen innerhalb zweier Tage, genau wie die beiden Fälle von Righi und Begato. Die vierte geköpfte Leiche wurde in der Nähe des Museums gefunden, nicht weit vom Ausgang des Parks, an der Straße, die quer durch den Ort nach Capolungo führte.
Der Kontrast zwischen den grünen Wiesen, den blühenden Hortensienbüschen und gepflegten Bäumen, dem heiteren, erbaulichen Anblick des Ortes und der erbärmlich hinter einem Oleanderstrauch zusammengekrümmten, gesichtslosen Figur war schockierend. Doch auch diesmal war die Tote für Nelly und Marco leider keine Unbekannte. Kaum hatten sie sie gesehen, kreuzten sich ihre Blicke. Sie wussten ganz genau, wer sie war. Sie trug das weiße Strandkleid, das sie bei der Gegenüberstellung mit Gianluca Sonni auf dem Präsidium angehabt hatte. Es war Malina Faye. Wie schon Paulette musste sie nur noch von Madame Claire identifiziert werden.
Diesmal weinte Claire nicht. Malinas Ende schien sie nicht so sehr zu berühren wie Paulettes. Eher kam es einer üblen Ehrverletzung gleich. Einer persönlichen Schmach. Ihr Hass gegen Simba wuchs.
»Wo war Malina gestern Abend, Claire?«, fragte Nelly und beobachtete die Frau, die schweigend auf das geköpfte Mädchen hinuntersah. Wie aufgeschreckt aus einem Traum, antwortete Madame, ohne die Augen von der Leiche abzuwenden: »Bei der Arbeit. Am Hafen. Wie ihr wisst, hat sich Malina so ihren Lebensunterhalt verdient. Allerdings ging das gesamte Geld nicht an mich, nur das für Kost und Logis, den Rest schickte sie nach Hause zu ihrer Mutter. Eine sehr gute Freundin von mir. Jetzt muss ich ihr sagen, dass ihre Tochter tot ist. Und dass sie keine Hilfe mehr bekommen wird. Sie hat noch vier Kinder, die sind noch klein. Malina hatte auch zwei Kinder. Sie leben in ihrem Heimatdorf bei der Großmutter.«
»Sie sind wirklich eine Wohltäterin, Madame Claire«, warf Marco höhnisch ein.
Ohne auf ihn einzugehen, wandte sich die Frau an Nelly:
»Er war also nicht Simba. Der, den Sie festgenommen haben.«
»Nein, Simba läuft noch frei herum«, bestätigte Nelly. Simba? Was redeten die beiden da? Pff. Marco war kurz versucht, sich aufklären zu lassen, besann sich jedoch eines Besseren. In letzter Zeit gingen ihm die
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