Das boese Blut der Donna Luna
entstandene Märchenfigur von Perrault und scheint das volkstümliche Abbild jenes realen Grauens zu sein, denn die Orte seiner Morde stimmen mit den Schlössern von Rais überein ...
»Also«, schrieb ein anderer, sehr von sich eingenommener Autor, »sind die meisten Serienkiller intrarassisch, da die bessere Kenntnis ihrer Opfer ihnen ein Gefühl der Sicherheit gibt.« Sollte Simba ein Serienmörder sein, bildete er wohl die Ausnahme zu dieser Regel. Ihm war herzlich egal, ob Schwarz oder Weiß, er nahm alles. Ganz offensichtlich musste er sich nicht erst sicher fühlen, um zu töten.
Derweil war Gianlucas vorläufige Festnahme in Haft mit zweifacher Mordanklage umgewandelt worden. Dottor Laurenti hatte sich von der Möglichkeit einer haltbaren Anklage überzeugen lassen – so hatte er sich ausgedrückt, er hatte nicht gesagt, dass er von Gianlucas Schuld überzeugt war. Für Nelly ein beunruhigendes Detail.
Acht Tage seit dem letzten Fund am vergangenen Dienstag. Seither kein neues Verbrechen, heute ist wieder Dienstag, und zum Glück ist nichts mehr passiert ...
Sie hatte den Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, als das Klingeln des Telefons sie hochschrecken ließ. Mit klopfendem Herzen griff sie nach dem Hörer. Es war Tano.
»Nelly? Sie haben wieder eine gefunden, im Park von Nervi, im Rosengarten.« Seine Stimme klang müde. Auch er hatte gehofft, es sei vorbei. Und jetzt fing alles von vorn an. Nur eine Woche nach dem letzten Fund. Nelly erkannte Lena sofort an dem geblümten Kleidchen und den unglaublichen, mit Muscheln besetzten Sandalen. Auch an das grüne Plastikbändchen an ihrem Handgelenk erinnerte sie sich. Sie war genauso angezogen wie an dem Tag, als sie mit ihnen zur Identifizierung ins Leichenschauhaus gefahren war. Wieder fehlte der Kopf. Wieder war die Position die gleiche: bäuchlings, die Beine seltsam zu einer Seite gekrümmt, die Arme angewinkelt. Also doch eine Zuhälterfehde, ein Bandenkrieg? Kein Simba, der durch die drückende Nacht schlich, um im nächsten Moment zuzuschlagen? Doch die Art und Weise war zu ähnlich, um von verschiedenen Gruppen ausgeführt worden zu sein. Sie erschien wie ein regelrechtes Markenzeichen. Eines immerhin war sicher: Gianluca Sonni war aus dem Schneider, denn für das dritte Verbrechen hatte er ein bombensicheres Alibi: Er war hinter Gittern. Allerdings machte das Nelly nicht glücklicher. Und Marco ebenso wenig, der neben ihr stand und zornig einen Tatort begutachtete, der inzwischen wie ein widerwärtiges Déjà-vu erschien.
»Was für eine Scheiße ist das denn, verdammt noch mal? Ist da noch einer unterwegs? Oder will jemand unseren Sonni aus dem Knast holen und mordet, um uns auf die falsche Fährte zu locken? Was, wenn es mehr als einen Mörder gibt?«
»Jemand soll so einen Mord begehen, nur um Sonni rauszuhauen? Das erscheint mir nicht besonders wahrscheinlich, Marco.«
Eine Sekunde lang hatte auch sie daran gedacht. Natürlich konnte es zwei Mörder geben. Sie schüttelte den Kopf, für diese Vermutung gab es keinerlei Anhaltspunkte.
»Wir sind wieder ganz am Anfang, Nelly. So ein Dreck! Jetzt werden die Prostituierten richtig Panik kriegen, und nach diesem dritten Mord nicht nur die. Dazu kommt das Sommerloch der Presse, und schon landen wir wieder ganz oben auf der Unfähigen-Hitliste.«
»Das ist wirklich das Letzte, worum ich mir Sorgen mache. Ich hab’s satt, arme, junge Frauen zu finden, die auf diese Weise ermordet wurden. Und zu wissen, dass irgendwo jemand rumläuft, der sich dieses Hobby ausgesucht hat, macht mich fertig. Ist das Leben nicht schon hart genug? Muss dem Schmerz, den es in der Welt ohnehin schon gibt, denn noch welcher hinzugefügt werden?«
Der Duft der Rosen erfüllte die Luft, ringsumher bot sich ein wahres Feuerwerk an Farben und Formen. Traurig blickte Nelly sich um. Sie hatte den Rosengarten des Nervi-Parks immer geliebt. Manchmal hatten sie und Carlo sich an einem Frühlings- oder Sommerabend eng umschlungen wie die Teenager auf eine der Bänke gesetzt, hatten hier Eis gegessen. Dieser Ort, an dem Kinder spielten, Alte sich an der Schönheit der Blumen erfreuten und junge Leute turtelten, erschien ihr für immer entweiht, geschändet.
»Dottoressa Rosso, wir haben Spuren auf den Kieswegen gefunden. Spuren eines Handkarrens womöglich, wie die Gärtner oder die Müllmänner sie benutzen. Jedenfalls sind die Reifen dicker als die eines Fahrrads.«
Celsi klang hoffnungsvoll. Bisher hatten die Tatorte
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