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Das boese Blut der Donna Luna

Das boese Blut der Donna Luna

Titel: Das boese Blut der Donna Luna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Cerrato
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eine Hilfe sein kann?«
    Tano antwortete an Nellys Stelle: »Vielleicht kennt unser Serienmörder die Fachliteratur zum Thema. Bringt sich auf den neuesten Stand. Sucht Anregungen. Womöglich kann Palmieri uns helfen, uns sozusagen mit seinem kranken Hirn auf eine Wellenlänge zu bringen.«
    Nelly schwieg. Sie dachte über Marcos Frage nach. Sie hätte selbst nicht sagen können, was sie an Palmieris Buch so sehr fasziniert hatte. Es hatte etwas, aber das ließ sich nicht leicht in Worte fassen. Um nicht zugeben zu müssen, dass es nichts weiter als ein Gefühl war, stimmte sie Tano zu. Der Verfasser dieser hellsichtigen und schonungslosen Seiten konnte sie vielleicht wie an einem Ariadnefaden zu ihrem Minotaurus geleiten, so dass sie ihn festnehmen und in Handschellen aus dem Labyrinth herausführen konnten. Doch worauf sich diese Hoffnung gründete, wusste sie beim besten Willen nicht zu sagen. Sie ließ sich das Buch geben, blätterte es durch und fand schließlich das Kapitel mit der Überschrift »Das Verbrechen als Therapie«. An einer Stelle hieß es:
    »Wenn jede andere therapeutische Annäherung versagt, verspricht das ritualisierte Verbrechen – wie schon in der dunklen Vergangenheit unserer Menschheitsgeschichte – der verzweifelten Seele Erleichterung. Es vertreibt die Dämonen und erweist sich als die womöglich einzige Art, weiterleben zu können. Man könnte an diesem Punkt also durchaus vom Serienverbrechen als Eigentherapie sprechen.«
    Sie las die Zeilen noch einmal und verspürte abermals den kalten Schauder, der ihr beim ersten Lesen über den Rücken gelaufen war.
    Als Nelly abends müde und verschwitzt die Tür aufschloss und sich schon auf eine  granita all’amarena {2}  auf der Terrasse freute,
    schallten ihr zwei wütende Stimmen entgegen, die einander lautstark zu übertönen versuchten. Sie seufzte leise.  Moni und Mau. Endlich mal was Neues.
    Sie setzte ein Lächeln auf und trat auf die Terrasse, wo die beiden sich angriffslustig wie zwei liebestolle Kater gegenüberstanden. Groß und dürr ragte er vor ihr auf und sah aus, als wollte er sie fressen. Sie stand zierlich und gespannt wie ein Flitzebogen mit weit zurückgelegtem Kopf vor ihm und schien ihm gleich ins Gesicht springen zu wollen. Mau war in T-Shirt und karierten Boxershorts, derweil sie selbst in Kampfeslaune und mit wutverzerrtem Gesicht noch hübsch aussah. Vor kurzem hatte sich Monica die blonden Haare wegen der Hitze kurz wie ein Junge schneiden lassen, was ihr feines Profil noch mehr zur Geltung brachte. Sie trug ein mikroskopisch kleines weißes Top, eher eine Art Bustier, das auf der goldbraunen Haut leuchtete. Ihr hübscher kleiner Hintern steckte in knallgrünen, krachend engen Hotpants. Die Hände mit den langen roten Fingernägeln sahen aus, als wollten sie Mau die Augen auskratzen. Als Nelly auftauchte, hielten die beiden inne, sahen sie an, grüßten sie mit einem knappen Nicken und zankten unbeirrt weiter. Worum es ging, war nicht zu verstehen. Nelly hütete sich davor, sich einzumischen (Gott bewahre!), ging in ihr Arbeitszimmer und schloss die Tür.
    Die Stimmen der beiden Streithähne waren nur noch gedämpft zu hören, dafür war die Hitze kaum zu ertragen. Nelly warf die Sandalen mit dem kleinen Absatz in die Ecke, zog das braune, bürotaugliche Leinenkleid aus und warf sich auf das geblümte kleine Sofa, fest entschlossen, noch einmal ein paar Seiten in Alessandro Palmieris Buch zu lesen, das sie mit nach Hause genommen hatte. Doch nach wenigen Minuten wurden ihr die Lider schwer, und als Mau und Moni eine halbe Stunde später hereinsahen, um zu fragen, ob sie auch eine Pizza bestellen wolle, lag sie, die Arme über dem Buch auf dem Bauch verschränkt, in Büstenhalter und Unterhose auf dem Sofa und schnarchte leise. Kichernd sahen die beiden sich an und vergaßen einen Moment, weshalb sie vor wenigen Augenblicken noch erbitterte Feinde gewesen waren. Mau deckte seine Mutter behutsam zu und ging leise hinaus. Grunzend drehte sich Nelly zur Wand und schlief weiter.

VI
    Als Nelly nach der auf dem schmalen kleinen Sofa zugebrachten Nacht mit steifen Gliedern erwachte, brannte die Sonne bereits erbarmungslos auf die Dächer der ausgelaugten Stadt nieder. Sie wunderte sich, dass sie nicht in ihrem Bett lag, doch dann erinnerte sie sich an den vergangenen Abend, stand auf und öffnete leise die Tür zu Maus Zimmer, das fast vollkommen von einem großen französischen Bett eingenommen wurde, in dem die

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