Das boese Blut der Donna Luna
heißt, du darfst rechts überholen: Wir versorgen dich mit Fakten, die andere nicht haben, die jedoch weder die Ermittlungen beeinträchtigen noch jemanden in Gefahr bringen. Und du sagst uns, wer deine Quelle ist, Namen sind nicht nötig ...«
Gemma überlegte. Sie hatte sich vorgebeugt und gewährte Marco einen großzügigen Blick auf ihre Brüste – nach Lucianas die schönsten, die er in der letzten Zeit zu Gesicht bekommen hatte. Mit einem Stich in der Leistengegend wurde ihm bewusst, dass er seit zwei Wochen nicht mehr gevögelt hatte. Nelly hingegen war ganz auf das Gesicht der Journalistin konzentriert, das ihre hin und her springenden Gedanken preisgab wie eine Mattscheibe.
»Welche Garantien hab ich?«
»Garantien? Das ist deine Karrierechance, Signorina.«
»Wenn ihr mich verarscht, mach ich die ganze Unterredung publik.«
»Werd bloß nicht übermütig, du verbrennst dir nur die Finger.«
»Also, machen wir’s kurz. Ich war allein in der Redaktion, weil ich noch einen Artikel fertig schreiben wollte, da klingelt das Telefon, und ein Typ mit einer komisch verstellten Stimme fragt, ob ich an einem saftigen Brocken im Fall der geköpften Mädchen interessiert sei. Ich denke: Der übliche Spinner, aber da zieht er schon das Kaninchen aus dem Zylinder und sagt, die Polizei hätte einen Profiler hinzugezogen. Alles weitere über Palmieri könnte ich problemlos im Netz finden. Sagt Ciao und legt auf. Das war’s. Ich hab gedacht, das ist einer von der Polizei, der sich was dazuverdienen will, oder einer, dem die Sache mit dem Profiler nicht passt, was weiß ich. Aber egal, mal sehen, was passiert. Ich schreibe den Artikel, überrede meinen Chef, ihn zu bringen, und hier haben wir die Reaktion.«
Gemma grinst zufrieden und zündet sich eine Zigarette an (sie sitzen draußen unter den Arkaden, und sie hat schon mindestens zwanzig geraucht, vor ihr im Aschenbecher türmt sich eine ganze Kippenhalde). Nelly und Marco tauschen Blicke.
»So hatten wir nicht gewettet, du musst uns alles sagen, was du weißt. Noch sind wir genauso schlau wie vorher.«
»Aber das ist die reine Wahrheit, versucht mich jetzt nicht zu verarschen, ich hab euch gesagt, wie’s war. Ach, halt: Er hat noch was Komisches gesagt, ich wusste nicht, wie ich’s einordnen sollte. Er hat gesagt: ›Der Mond schütze dich.‹ So hat er sich verabschiedet.«
Nelly und Marco fahren auf ihren Stühlen hoch. Gemma kann ihren Gesichtern ansehen, was los ist.
»O Himmel, das war nicht irgendein Informant, das war er. Scheiße noch eins, der Killer hat mich angerufen! Der Mond ... Was hat denn der Mond damit zu tun? Eine Frist? Wann sind die Verbrechen geschehen?«
Sie kramt einen Terminkalender aus ihrer bunten Basttasche, doch ehe sie ihn aufschlagen kann, hält Marcos Hand sie zurück.
»So ist es, Gemma. Bisher sind es zwei Verbrechen pro Mondphase. Im ersten Viertel und bei Vollmond. Das letzte Viertel beginnt am Montag.«
»Und was mache ich jetzt? Kann ich das mit den Mondphasen schreiben? Und ... wieso hat er mir das gesagt? Das war doch wohl nicht so was wie ’ne Drohung?«
»Wir wissen nicht, ob das eine Drohung war, aber er ist aus der Deckung gekommen. Und er beobachtet uns, er weiß, was wir tun. Vielleicht will er Aufmerksamkeit.«
»Wie unser lieber Laurenti.«
Nelly wirft Marco einen vorwurfsvollen Blick zu, denn sofort fragt Gemma, wer Laurenti sei und kommt auch gleich von selbst drauf, ach ja, der Staatsanwalt, den sie nächste Woche interviewen soll. Die zwei sehen sich entmutigt an und nehmen ihr das Versprechen ab, nicht eher über die Mondphasen und das Telefonat mit dem mutmaßlichen Killer zu schreiben, als bis sie ihr das O.K. dazu gegeben haben. Vorher wollen sie mit dem Polizeivize reden. Gemma jubelt, sie fühlt sich bedeutend, sogar die Angst ist für einen Moment vergessen, doch Nelly rät ihr, bei einer Freundin zu schlafen und abends nicht allein nach Hause zu gehen.
»Aber ich wohne nicht allein. Ich bin Ju-Jutsu-Meisterin und mein Freund ist mein Lehrer. Wenn der Killer zu uns kommt, kriegt er was aufs Dach.«
Sie gibt sich unerschrocken, aber ein Funken Verunsicherung bleibt. Sie raten ihr, sich von ihrem Freund von der Arbeit abholen zu lassen, vorsichtig zu sein. Sie verspricht es aufgeregt. Und sie verspricht, bis Montag mit dem Artikel über die Mondphasen und das Telefonat zu warten, aber es ist klar, dass sie sich das teuer bezahlen lässt. Womit? Palmieri. Ein Exklusivinterview mit Palmieri,
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