Das boese Blut der Donna Luna
anderen beiden kamen aus Lugano und Zürich und waren mit: » Estoy bien, soy muy feliz « 13 {13} und » Os quiero a todos « {14} beschrieben. Gedankenverloren betrachtete Nelly die Ansicht des Luganer Sees und das Foto von der Züricher Altstadt, und ein eisiger Schauder lief ihr über den Rücken. Die Schweiz, Palmieri arbeitete häufig in der Schweiz, aber was sollte Alessandro mit Flores Echevarría zu tun haben? Gab es da eine Verbindung?
»Dottor Zanni, kennen sie Palmieri, den Kriminologen?«
»Den Sie für die Aufklärung dieser Verbrechen zu Rate gezogen haben? Ich habe sein Foto in der Zeitung gesehen.«
»Ist Ihnen bekannt, ob er mit ›Mani amiche‹ in Kontakt stand oder mit dem ARCI-Club ›Speranza‹? Oder ob er Flores kannte?«
»Palmieri? Auf keinen Fall, vor diesem Artikel in der Zeitung habe ich nie was von dem gesehen oder gehört, wie denn auch? Der bewegt sich doch in ganz anderen Kreisen. Wieso diese Frage?«
»Nur so, aber sagen Sie, ist Ihnen nie in den Sinn gekommen, dass sich die schöne Flores vielleicht nicht freiwillig aus dem Staub gemacht haben könnte? Dass sie Sie gar nicht verlassen wollte, sondern dass ihr etwas zugestoßen ist?«
Giuliano Zanni wurde grün im Gesicht. Er sah aus, als müsse er sich gleich übergeben.
»Wollen Sie damit sagen, Flores könnte ... jemand hätte ...«
»Es tut mir leid, Giuliano«, unbewusst hatte sie ihn beim Vornamen genannt, denn trotz seiner beeindruckenden Größe sah er aus wie ein verstörter, verängstigter kleiner Junge, »aber Ihre Freundin passt genau ins Beuteschema unseres oder unserer wahnsinnigen Mörder. Immigrantin, dunkel, jung ... und sie hatte mit ›Mani amiche‹ zu tun.«
»O Gott, o Gott, nein ... nicht Flores!«
Nelly wusste nicht, was sie sagen sollte. Giuliano Zanni schien kurz vor dem Zusammenbruch zu stehen. Dann brach er in haltloses Schluchzen aus. Sie wartete geduldig, bis er sich wieder ein wenig gefasst zu haben schien.
»Ich hab’s gewusst, dass ich mich nicht dermaßen irren konnte, wieso habe ich nur auf meinen beschissenen verletzten Stolz gehört, wieso bin ich nicht sofort zur Polizei gegangen, ich verdammtes Arschloch! Flores, mein armer Schatz ...« In klassischer Verzweiflung vergrub er den Kopf in den Händen.
»Giuliano, erlauben Sie, dass ich Sie so nenne?« Mattes Nicken. »Es ist nur eine Vermutung, aber ... Angesichts dessen, was danach passiert ist, wenn auch nicht unmittelbar nach Flores’ Verschwinden, die Morde an all den Frauen, die mit Ihrem Verein zu tun hatten, das hätte Sie doch misstrauisch machen können, meinen Sie nicht? Dann hätten wir uns sehr viel schneller auf ›Mani amiche‹ konzentrieren können. Vielleicht wären wir dann schon sehr viel weiter, verstehen Sie?«
»Ich war blind vor Eifersucht, vor Wut. Ich habe gedacht, sie hätte mich verarscht, sie hätte einen anderen und wäre mit dem abgehauen. Im Grunde bin ich genau wie Chicco Manara.«
»Wie meinen Sie das?«
»Er war eifersüchtig auf Flores, auch wenn er kein Recht dazu hatte, deshalb haben wir bis zuletzt gezögert, ihm von uns zu erzählen. Um ihm nicht wehzutun, ihn nicht vor den Kopf zu stoßen. Er ist ein netter Kerl, wenn auch ein bisschen eigen. Als sie verschwunden ist, hat er kein gutes Haar an ihr gelassen, er meinte, Frauen seien unzuverlässig, alles Nutten, und er hätte sie ein paar Mal mit andern Männern gesehen. Er hat sich bei mir ausgekotzt. Ich war auch rasend eifersüchtig ... wir haben uns fast gegenseitig getröstet.«
»Wer hat auf die Daten Ihres Rechners Zugriff?«
»Nur ich, mit meinem Passwort.«
»Und wie erklären Sie sich dann das Verschwinden von Flores’ Daten?«
»Ich kann es mir beim besten Willen nicht erklären.«
»Sie wissen doch sicher, wo sie gewohnt hat.«
»Ja, Via dietro il Coro della Maddalena. Ich war dort, aber der Vermieter hat mir gesagt, er hätte einen Brief von Flores vorgefunden. Darin stand, sie sei fort und sie lasse ihm die Miete für den letzten Monat da. Ihre Sachen waren alle weg. Das klang doch alles logisch, oder?«
»Stimmt, aber Flores selbst ist nicht mehr gesehen worden seit ...«
»Seit dem 20. April. Ich kann mich noch genau daran erinnern, sie saß da, wo Sie jetzt sitzen.«
»Und der Brief an den Vermieter, haben Sie den?«
»Nein, den habe ich vor seinen Augen zerrissen, er war stinkwütend. Er war auf dem Computer geschrieben, auch die Unterschrift.«
»Also gibt es nur diese Postkarten, darf ich die haben? Haben
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