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Das boese Blut der Donna Luna

Das boese Blut der Donna Luna

Titel: Das boese Blut der Donna Luna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Cerrato
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Sie etwas Handschriftliches von Flores? So dass wir sicherstellen können, dass die Karten von ihr stammen?«
    »Das ist ihre Handschrift, ganz sicher ... oder es sieht aus wie ihre. Ich Blödmann, ich Blödmann! Hier«, er zog eine Akte heraus und entnahm ein Blatt Papier mit handschriftlichen Notizen am Rand. »Das hat Flores vor meinen Augen geschrieben.«
    »Hören Sie, ich werde diese Postkarten und dieses Blatt Papier von einem Graphologen, der für uns und das Gericht arbeitet, untersuchen lassen und sage Ihnen dann Bescheid. Bis dahin reden Sie mit niemandem – mit niemandem, haben Sie verstanden? Auch nicht mit Manara und Don Silvano. Sie verhalten sich wie immer und halten die Augen offen, und sollte Ihnen irgendetwas auffallen, sagen Sie es mir. Egal, was.«
    Giuliano Zanni nickte wie in Trance, den leeren Blick ins Nichts gerichtet. Nelly überließ ihn seinen Gewissensbissen und Erinnerungen und überlegte im Weggehen, dass sich die Überraschungen seit ihrer Ankunft im Verein und im Club regelrecht überstürzten. Der Anwalt Manara, verliebt wie ein Pennäler! Was konnte eine späte Vernarrtheit in ein junges, schönes Mädchen
    – Flores war einundzwanzig, hatte Giuliano gesagt –, das so extrovertiert und sexy war wie die Südamerikanerin, bei einem derartig verschlossenen, vermutlich schüchternen und verklemmten Mann, der mit alten Leuten zusammenlebte, hervorrufen? Was konnte die Enttäuschung in ihm auslösen? Hatte er von Giuliano gewusst? Oder hatte ihn das freiwillige oder unfreiwillige Verschwinden der Mulattin tatsächlich genauso überrascht? Wie eine Schlafwandlerin ging Nelly durch die Gassen. Selbst die Hitze – noch immer vierunddreißig Grad, obwohl es fast acht Uhr abends war – schien ihr nichts mehr auszumachen. Der Asphalt glühte wie ein Ofen, die Mauern strahlten die tagsüber gespeicherte Hitze ab. Die letzten Rollläden wurden herabgezogen, die Altstadt stank unbeschreiblich. Die Passanten glichen Zombies, die zu erschöpft waren, um nach Opfern zu suchen.
    Als Nelly unversehens aufblickte, stand plötzlich mitten vor ihr auf der Gasse Madame Claire und sah ihr grimmig entgegen. Für einen Moment dachte sie, sie wäre eine Erscheinung, wie die von Roger/Robert in der Nacht in Sant’Apollinare. Dann wurde ihr klar, dass es wirklich Claire war, in Fleisch und Blut und dazu noch wütend. Sie hatte die Hände in die Hüften gestemmt und den Kopf stolz erhoben.
    »Commissario, du bist verschwunden. Ich muss mit dir reden.«
    »Ich auch mit dir, Claire. Aber ich hab nicht tatenlos rumgesessen und Däumchen gedreht. Außerdem ist es nicht so lange her, dass wir uns gesehen haben.«
    Claire schnitt ihr mit einer unwirschen Geste das Wort ab und ging neben ihr her.
    »Sie haben gelogen, Malina und dieser Gianluca, der sich umgebracht hat. Sie, Paulette und er, haben sich nicht am Strand kennengelernt. Sie sind ein paar Mal zusammen dort gewesen, aber kennengelernt haben sie sich dort nicht. Sue hat es mir leider erst jetzt gestanden. Aber vielleicht kann es noch nützlich sein. Wie auch immer, das erste Mal haben sie sich in einem Verein gesehen, wo die Mädchen hingegangen sind, um sich beraten zu lassen und rechtlichen Beistand zu bekommen. ›Mani amiche‹, er wird von einem katholischen Priester geleitet, Don Silvano. Malina wollte die nicht mit hineinziehen, aus Angst, sie würden ihr dann nicht mehr helfen, ihre Kinder hierherzuholen, hat Sue gesagt.«
    »Inzwischen bin ich auch darauf gekommen, aber es wäre tatsächlich hilfreich gewesen, es vorher zu wissen. Sämtliche Opfer waren bei den ›Mani amiche‹, vielleicht sogar noch ein früheres, das nie gefunden wurde, womöglich die Erste der Serie. Du bist nie bei diesem Verein gewesen, Claire?«
    »Als ich nach Italien kam, vor Jahren. Sie haben mir geholfen, meine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen. Aber ich und Don Silvano ... wir haben unterschiedliche Ansichten über das Leben. Also beschränke ich mich darauf, ihm die Mädchen oder Männer zu schicken, die juristische Probleme haben, aber ich halte mich von seinem Verein fern.«
    Nelly konnte sich lebhaft vorstellen, dass die Ansichten des Geistlichen und der senegalesischen Madame weit auseinanderliefen, und ging nicht weiter darauf ein. Als würde sie mit sich selbst reden, fuhr Claire fort:
    »Ich habe für Religion nicht viel übrig. Für keine Religion. Ich respektiere sie alle, bleibe aber lieber auf Abstand. Ich bin mit dem Katholizismus groß geworden,

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