Das Böse im Blut: Roman (German Edition)
schnauzbärtige Reiter, deren Augen unter den riesigen Krempen ihrer Sombreros funkelten, gekleidet in schwarze Jacken und enge, mit silbernen Conchos gesäumte Hosen, an den Stiefeln riesige dornenbesetzte Sporen. Auf der breiten Haupt-Plaza herrschte ein reges Gedränge von ratternden Wagen, klappernden Ochsenkarren und Herden trappelnder Longhorns, die von jugendlichen Vaqueros zu den Schlachthäusern getrieben wurden. Burros, beladen mit Waren aller Art. Kutschen, vollgestopft mit Passagieren und Türmen von Gepäck auf dem Dach. Räudige Köter überall. Blinde oder verstümmelte Bettler. Straßenverkäufer mit umgebundenen Bauchläden. Auf den breiten Stufen eines Amtsgebäudes saßen Frauen mit schwarzen Rebozos auf Decken, auf denen Lebensmittel und Süßigkeiten, religiöser Schnickschnack und Arzneimittel verschiedenster Art ausgebreitet waren. An ihren mit Tintenfässern und Sandschalen ausgestatteten Tischen verfassten Schreiber schmachtende Briefe für liebeskranke Analphabeten. Garnisonssoldaten rekelten sich auf Bänken und beäugten die vorbeikommenden Mädchen hinter den Rücken der Dueñas. Geschäftsleute gingen beim Gerichtsgebäude ein und aus. Die hohen Mauern um die Plaza herum waren mit bunten Glasscherben gekrönt.
Er tränkte die Stute an einem Brunnen auf der Plaza und führte das Pferd dann durch eine enge Seitenstraße voller Stände und Geschäfte, wo Geschirrmacher und Kesselflicker, Näherinnen und Schuster fleißig ihrem Gewerbe nachgingen. Er kam zu einer kleinen Plaza, an der Cafés und Cantinas dicht an dicht standen. Er band die Stute an und ging in ein Speisehaus, wo er sich einen Teller gebratenes Zicklein in Chilisoße bestellte, die so scharf war, dass er sich während des Essens ständig mit der Serviette Nase und Augen wischen musste. Als er wieder hinaus auf den Platz trat, atmete er Chilidämpfe aus, und da er noch ein paar Münzen in der Tasche hatte, ging er nach nebenan in eine Cantina, um etwas zu trinken.
Der Schankraum war schummrig und kühl und hatte eine hohe, mit Balken versehene Decke und einen glatten Lehmboden. Der Boden glänzte in dem schrägen Licht, das vom Eingang kam. Ein halbes Dutzend Männer stand in einer Gruppe am andern Ende der Bar, und aller Aufmerksamkeit war auf etwas auf dem Schanktisch gerichtet. Die meisten sahen mexikanisch aus und sprachen schnelles, lautes Spanisch. Aber zwei der Anwesenden waren Amerikaner, die Pidginspanisch sprachen und ausgiebig gestikulierten. Beide sahen nur wenige Jahre älter aus als Edward. Ihre Kleidung war schmutzig und mit angetrocknetem Blut verschmiert. Sie trugen Schlapphüte und jeder ein Paar Perkussionsschloss-Pistolen am Gürtel, ein Bowie an der Hüfte und ein Messer in jedem Stiefelrand.
Plötzlich erstarb die Unterhaltung, und die Männer drängten sich dichter um die Theke herum, und einen Moment lang bewegte sich niemand. Dann schnellte einer der Mexikaner jäh vom Schanktisch zurück, und die andern Männer brüllten im Chor auf und einige lachten. Der Mann war zusammengezuckt, fluchte laut und spie auf den Boden. Jetzt sah Edward, dass auf dem Schanktisch ein großes durchsichtiges Glas stand, in dem eine zusammengerollte Klapperschlange lag.
Ein grinsender Mexikaner im Ranchermantel und mit ledernen Beinkleidern sammelte Geld vom Schanktisch ein. Er ließ das Papiergeld in seine Börse fallen, wog den Sack auf seiner Handfläche, um sein Gewicht zu prüfen, und sah sehr zufrieden mit sich selber aus. Er ließ den Blick durch die Runde wandern und sagte: »Pues, quién más?«
Edward schob sich an die Bar und klopfte hart auf die Theke, um über dem lauten Gerede und Gelächter die Aufmerksamkeit des Barmanns zu erhaschen. Der Mann kam herüber und sagte: »Qué tomas?«
Er zuckte mit den Achseln und sagte: »Ich sprech nur Amerikanisch. Gib mir was zu trinken. Whiskey.«
»Wickskey«, sagte der Barmann mit einem Nicken. Er schenkte ein Glas ein und nahm sich einen Dime von den Münzen, die Edward auf die Theke legte. Edward kippte das Glas hinunter und atmete heftig aus. Er spürte, wie ihm Tränen in die Augen stiegen. Das Zeug war abscheulich, doch wie es ihm heiß durch die Kehle rauschte und warm in seinem Bauch explodierte, das war reine Wonne. Er schob den anderen Dime über die Theke, und der Barmann füllte sein Glas und gesellte sich dann wieder zu den anderen.
Die Amerikaner berieten sich, und dann sagte einer laut: »Verdammt, ich probier’s noch mal! Ich weiß, dass ich sie
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