Das Böse im Blut: Roman (German Edition)
doch er packte sie an den Haaren und hielt sie fest, als er geschickt das Messer unter einen der Metallriemen hinter ihrem Kopf schob und die Klinge drehte, um die scharfe Seite auf den Riemen zu bekommen. Dabei drang der obere Rand der Messerklinge in ihren Schädel. Sie begann, durch ihre Zähne hindurch zu kreischen, und wand sich verzweifelt unter seinem Griff, und Edward spürte, wie die Kandare sich jetzt noch fester in ihren Mund grub. Das Messer konnte das Metall nicht durchtrennen. Er fluchte und sie kreischte lauter, und plötzlich ertönte Reverend Richardsons Stimme aus dem Wagen: »Was zum Donnerwetter machst du da mit ihr?«
»Sei verflucht!« rief Edward und stieß die Frau von sich weg, als der Reverend mit einem langen Gewehr in der Hand vom Wagen herunterkletterte.
Er rannte zur Stute, schwang sich in den Sattel, bohrte seine Fersen in ihre Flanken, und sie galoppierte zur Straße, gerade als das Gewehr krachte und die Kugel an seiner Schulter vorbeizischte. Er hörte die Frau heulen, als beweine sie einen eben Dahingeschiedenen.
Er verfluchte sich, während er unter dem weißen Mond dahinritt.
Idiot! Du hast genug damit zu tun, dich um dich selber zu kümmern. Sollen die Idioten um dich herum verflucht sein! Sollen sie selber sehen, wie sie zurechtkommen
.
Idiot!
Eine Stunde später kam er zu einem Weidenhain dicht an einem Bach, und dort hielt er an und rastete für den Rest der Nacht ohne Feuer. Er träumte wieder von einer kahlen Einöde, rot wie Blut in der untergehenden Sonne. Und wieder sah er Daddyjack, diesmal kauerte er vor einer Gestalt im dunklen Schatten, machte sich an ihr zu schaffen, grunzte vor Anstrengung und murmelte Verwünschungen. Und jetzt erhob sich Daddyjack, wich von der Gestalt zurück, drehte sich um und blickte Edward mit seinem einen irren Auge an. Und jetzt sah Edward, dass die Gestalt seine Mutter war, die auf dem Boden saß, die Hände im Schoß und eine Brust entblößt, ihre Brustwarze eine harte Beule von vernarbtem Fleisch. Sie hatte ein Knebeleisen um den Kopf. Die Stange schnitt ihr tief in den Mund, und Blut rann ihr am Kinn herunter. Sie blickte Edward an mit Augen, die loderten wie brennendes Öl, und verzog den Mund hinter dem Knebeleisen zu einem grauenhaften roten Grinsen. Und ihr Lachen gellte wie die Glocke einer Irrenanstalt.
Er erwachte keuchend und schweißgebadet in der kalten Nachtluft.
7 Die Kiefernwälder verschwanden hinter ihm, der Himmel weitete sich, und das Land öffnete sich und wurde sanft hügelig. Er ritt durch Grashorste und Sohlen entlang, die von Harthölzern gesäumt waren, durchquerte Haine von Pekannussbäumen und Eichenwaldungen. Mit der Zeit stieß er am Rand des Berglandes auf die ersten felsigen Vorläufer und Zederngestrüpp und sah weiter im Westen eine niedrige Linie von weißfelsigen Palisaden, die wie breite Stufen geformt waren und zu den hohen Plains führten. Zwischen den Harthölzern erschienen jetzt vereinzelte Mesquitebäume und gelegentlich Gruppen von Feigenkaktus. Der Westwind trug den Duft von Zedern heran, und die Sonnenuntergänge schienen von einem tieferen und leuchtenderen Rot zu sein, wie mit frischem Blut gemalt. Schneller als woanders bauten sich hier die Wolken auf, änderten die Richtung und verflüchtigten sich in blasse Schleier. Ein heftiger Hagelsturm, der die Stute Janey verängstigte, trieb ihn in den Schutz eines Eichenhains.
An einem leuchtenden, sonnigen Februarmorgen traf er in Bexar ein. Er ritt eine grasige Anhöhe hinauf, und da lag der Ort. Fernes Glockengeläut trieb ihm auf der kühlen Luft entgegen, und zwischen den Türmen des Missionsgebäudes erhob sich eine Kirchenkuppel, die wie eine Vision aus einem orientalischen Märchen aussah. Das weiß getünchte Gebäude leuchtete in der Sonne. Pappeln säumten die Ufer des Flusses, der sich durch die Stadt wand, ihr Laub schimmerte im Wind. Er erspähte die Fahne der Vereinigten Staaten, die sanft im Wind flatterte, und daneben das Lone-Star-Banner des Staates Texas. Er dirigierte die Stute die Anhöhe hinab auf eine sandige Landstraße und ritt in den Ort hinein.
Trotz des Sternenbanners wirkte der Ort wie ein fremdes Land. Auf den öffentlichen Plätzen hörte man Spanisch und die Klänge von Drehleier, Guitarron und Kastagnetten. Die Menschen waren dunkelhäutig, hatten breite Münder und trugen weiße Baumwollkleidung. Es roch scharf nach Gewürzen und den Hinterlassenschaften von Tieren. Prächtig besattelte Hengste trugen
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