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Das Böse im Blut: Roman (German Edition)

Das Böse im Blut: Roman (German Edition)

Titel: Das Böse im Blut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Carlos Blake
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Selbstfütterung fort.
    »Die haben die Zunge der Schlange, mein Junge«, sagte Richardson mit einem Kopfnicken zu seiner Frau. »Ich meine jede von denen. Seit dem Garten Eden. ›Die Schlange betrog mich also, dass ich aß.‹ Und was hat sie gleich danach als Erstes getan? Na, hat sich umgedreht und den alten Adam bezirzt, auch von der verbotenen Frucht zu essen. Der Teufel is kein Dummkopf. Der weiß immer, wer den schwächeren Geist hat und wer das schwächere Fleisch. Der hat gewusst, wenn er an Adam rankommen will, muss er das über die Frau tun. Hat gewusst, dass er sie verführen kann und dass sie die Tat für ihn begeht und Adam zusammen mit sich selber in den Untergang reißt, und genau das hat sie getan. Eva ist die Hurenmutter von allem Unglück des Mannes, und jede Frau, die seitdem auf dieser Erde gewandelt ist, hat dasselbe verräterische Hurenblut wie sie. Sie hat jeden von uns dazu verdammt, ein Leben der Mühsal und des Schweißes und der fruchtlosen Mühe zu 205 führen. Hat uns dazu gebracht, dass wir dem Herrn untreu werden, sodass Er Sein gütiges Angesicht von uns abwendet, und seitdem haben sie mit ihrer Zunge immer nur Schlechtes und Böses angestellt. Wenn sie nicht schimpfen oder jammern, dann erzählen sie Lügen oder tratschen oder geben irgendwelche anderen sündigen Gemeinheiten von sich.« Er hielt inne, um zur Seite zu spucken und die Frau böse anzufunkeln, die nicht zu ihnen hinsah.
    »Kaum eine Bosheit ist wie Frauenbosheit«, verkündete der Prediger. »Ecclesiasticus 25,19. Hört auf mich, mein Junge, wenn ihr den Worten einer Frau Beachtung schenkt, dann lasst ihr der Schlange Zunge in euer Ohr. Der Herr hat Sein Vertrauen in uns gelegt, und wir haben dieses Vertrauen gebrochen wegen einer Frau, und seitdem haben wir das Vertrauen zu Ihm und zu unseren Menschenbrüdern wieder und wieder gebrochen. Es ist nicht an uns, Seine Wege zu hinterfragen, aber wenn Er es für gebührlich gehalten hätte, dieser Hure Eva eine Schandmaske zu verpassen, ebenso schnell, wie Er sie aus der Rippe des guten alten Adam gemacht hat, dann wäre uns allen genützt, glaubt mir. Dann würden wir jetzt die Milch des Paradieses schlürfen an der Seite vom guten alten Adam und würden aus keinem andern verdammten Grund lachen außer dem, dass wir keine Sorge hätten in der ganzen verdammten Welt.«
    Er nahm die Einladung des Reverend an, für die Nacht bei seinem Lager zu kampieren, und wickelte sich neben dem Feuer in seine Decke, um sich gegen die heranschleichende Kälte zu wärmen. Der Reverend zog sich für die Nacht in den Planwagen zurück, doch die Frau blieb draußen und ließ sich auf der anderen Seite des Feuers nieder. Edward beobachtete sie eine Weile durch den gelben Schein der flackernden Flammen, drehte sich dann um und kehrte ihr den Rücken zu.
    Aber er konnte nicht schlafen. Er wurde das Bild von dem Knebeleisen in ihrem Mund nicht los, dem roten Schmerz in ihren Augen. Er sagte sich, dass ihn das nichts anginge, dass die Frau es ja auch herausgefordert haben könnte. Vielleicht hatte sie es ja verdient, dass ihr die Zunge herausgeschnitten wurde, und der Prediger hatte Barmherzigkeit gezeigt, indem er ihr stattdessen das Knebeleisen angelegt hatte. Doch er sah ihre roten Augen und ihren verwüsteten Mund. Und er erinnerte sich jetzt an den verdammten Holländer, der seine Tochter blutig geschlagen und ihn mit vorgehaltener Waffe verscheucht hatte.
    Nach einer Stunde stand er auf, zog seine Stiefel an und rollte seine Decke auf. Er sah, wie die Frau ihn beobachtete, ihre Augen glänzten in dem rubinroten Glühen des niedrigen Feuers. Die Stute wieherte leise, während er sie sattelte. Der Halbmond stand hoch im Himmel und schien leuchtend weiß durch die Bäume, die im kalten Wind raschelten und ihre Schatten auf den Boden wirbelten. Als er bereit zum Aufbruch war, ging er hinüber zu der Frau, die sich rasch aufsetzte, die Decke eng um sich zog und ihn aus ihren roten Augen angstvoll anblickte. Er zog sein Stiefelmesser und flüsterte: »Du brauchst das verdammte Ding da nicht tragen.« Doch als er Anstalten machte, es von ihrem Gesicht loszuschneiden, winselte sie und versuchte, seine Hand abzuwehren.
    »Teufel noch mal, Frau!« zischte er. »Ich tu dir nicht weh. Ich versuch, dir zu helfen, verdammt.«
    Die Frau schüttelte den Kopf wie ein Hund, der Wasser abschüttelt, und ihre Weigerung erzürnte ihn noch mehr. »Du dumme, verfluchte Frau!« Sie versuchte, von ihm wegzukrabbeln,

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