Das Böse im Haus: Mystery Thriller (German Edition)
die schwere Schiebetür aus den Angeln und befreite ihren Liebling.
Tiffany rannte davon, als sei der Teufel hinter ihr her, während Lisa mit der Tür in den Armen rückwärts auf das Bett zu wankte und schließlich auf der Kante sitzen blieb. In letzter Sekunde konnte sie die Tür auffangen. Sie spreizte die Beine, umfasste mit den Füßen die unteren Ecken und brachte die Spiegeltür zum Stillstand. Zumindest für den Moment.
Lisa schwebte praktisch zwischen Sitzen und Aufstehen. Sie versuchte sich mehrmals hintereinander von ihrem Bett zu erheben, aber jedes Mal kam ihr die schwere Tür wieder entgegen, beinahe so, als drücke sie jemand von der anderen Seite hinunter – und sie kam mit jeder Sekunde ihrem Kopf bedrohlich näher. Wäre die Tür auf sie gefallen, hätte sie ihr schwere, vielleicht sogar schwerste Verletzungen zugefügt. Das wollte sie unter allen Umständen vermeiden. Also nahm sie alle Kraft zusammen.
Die Muskeln ihrer Arme verhärteten sich, sie zogen sich am Rücken zusammen, als sie sich mit Gewalt nach vorne beugte. Dabei stieß sie einen lauten Schrei aus, der selbst das gewaltige Gepolter der zurückfallenden Tür übertönte. Geschafft!
Nun zählte nur ein Gedanke: Wo ist Tiffany? Nicht die blöde Tür, die eventuell den Schrank beschädigte, nicht das Blut, welches die Katze verloren hatte und eine rote Spur hinterließ. Nein, nur noch das Tier zählte.
Lisa ging der Blutspur nach. Zuerst durch das Wohnzimmer, dann durch den Korridor und schließlich in die Küche. Tiffany hockte vor der Heizung. Mit weit aufgerissenen Augen leckte sie sich das Blut vom Schwanz.
»Nicht ablecken!«, sagte sie im beruhigenden Tonfall, denn sie wusste, ein falsches Wort, und Tiffany hätte sich irgendwo verkrochen. »Nicht ablecken Kleines. Komm, ich nehme dich auf den Arm.« Sachte beute sie sich zu ihr hinab. Zum Glück war Tiffany eine Katze, die noch nie eine Transportbox brauchte. Mit schnellen Schritten ging sie zur Tür. Sie schnappte sich ihren Autoschlüssel mit nur einem Gedanken – zur Tierärztin. Die Haustür fiel mit lautem Knall ins Schloss, während Lisa die Treppen hinunter lief. Unterwegs hinterließ Tiff einige Blutspritzer. Das war ihr allerdings egal, putzen konnte sie später immer noch.
Tiffany rollte sich auf dem Beifahrersitz zusammen, indes startete Lisa ihren roten Corsa.
Der Weg zur Ärztin war nicht weit, eine viertel Stunde bei grünen Ampeln. Lisa war nervös. Ihre Katze rührte sich kaum noch und wirkte apathisch. Sie parkte den Wagen direkt neben der Eingangstür. Mit der Katze auf dem Arm betrat sie die Tierarztpraxis.
Die Praxis war hell und freundlich eingerichtet. Sie hatte drei Untersuchungszimmer, ein kleines Labor sowie einen extra Raum für Röntgenuntersuchungen. An der Wand hinter der kleinen Empfangstheke hingen Bilder von Vierbeinern, deren Besitzer es wohl für nötig hielten, aus Dankbarkeit für gelungene Behandlungen der Tierarztpraxis ein Foto von ihren Lieblingen zukommen zu lassen. Überall standen Pflanzen wie auch deckenhohe Palmen herum, die im Empfangsraum für eine angenehme mediterrane Atmosphäre sorgten.
»Was ist geschehen?« Die Arzthelferin sprang von ihrem Sitz.
»Schwere Verletzungen am Schwanz«, keuchte Lisa.
»Gehen Sie in Kabine eins, ich hole Doktor Morgen.«
Andrea Morgen war eine stadtbekannte Persönlichkeit, die sich rührend um ihre tierischen Patienten kümmerte, auch in der Nacht oder am Wochenende. Sie war eine kantige, große Frau mit kurzen blond gefärbten Haaren. Make–up gehörte nicht zu ihren Leidenschaften, weshalb sie viele als sogenanntes Mannsweib titulierten. Sie hatte eine tiefe Stimme und mehr als einige Pfunde zu viel auf den Hüften. Als vierfache Mutter die nebenbei einen Biobauernhof leitete, schienen die Kilos von nutzen zu sein. Trotz ihrer voluminösen Gestalt hatte sie einen wundervoll sanften Charakter. Allein aus diesem Grund kamen die Menschen mit ihren Tieren auch aus den Nachbarstädten zu ihr.
Nicht einmal fünf Minuten später trat Doktor Morgen ins Krankenzimmer. Lisas besorgter Gesichtsausdruck signalisierte ihr, hier ist ein Unfall passiert. Tiffany lag seitlich auf dem Untersuchungstisch. Der Schwanz war lang ausgestreckt.
»Meine Güte! Was ist passiert?«
Lisa schluckte. »Tiffany hat sich den Schwanz in der
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