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Das Böse in dir

Titel: Das Böse in dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
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und Essstäbchen. In der Mitte prangte eine echte Orchidee, in voller Blüte und gut gepflegt.
    Überall wimmelte es von Buddhas in verschiedener Größe, die einen wohlgenährten und zufriedenen Eindruck machten. Ein Wandbehang aus besonders schöner mitternachtsblauer Seide, der Buddha vor einem See mit schneebedeckten Gipfeln im Hintergrund zeigte, nahm fast die ganze Wand am Ende des Tisches ein. Die zahlreichen Amulette, die in Abständen von etwa einem Meter zwanzig in parallelen Reihen ebenfalls an den Wänden hingen, wollten nicht ganz dazu passen. Sie bestanden aus den gleichen blauweißen Perlen mit schwarzen Punkten wie die vielen Armbänder an Mikey Murphys toten, steifen Armen.
    Ich nahm eines von der Wand und begutachtete die kunstvolle Arbeit.
    »Offenbar hat sich in der Küche etwas ziemlich Scheußliches abgespielt«, sagte Bud von der Schwelle aus.
    »Hast du noch eine Leiche gefunden?«
    »Nein, aber irgendwas ist hier passiert, da bin ich sicher. Komm und schau es dir an.«
    Ich hielt das Amulett hoch. »Wirf erst mal einen Blick darauf, Bud«, erwiderte ich. »Kommt dir das bekannt vor?«
    Bud nahm es mir aus der Hand. »Wofür hältst du das? Einen Talisman? Vielleicht war der Typ ja abergläubisch und dachte, dass ihm jemand an den Kragen will.«
    »Ach ja? Allmählich kriege ich den Verdacht, dass er dazu guten Grund gehabt haben könnte. Sieh nur, die Dinger hängen überall.«
    »Möglicherweise ging es ihm ja auch um das Gegenteil. Es könnten Unglücksbringer sein, die das Gute abwehren. Klingt logisch, wenn man bedenkt, was sich im Umfeld dieses Spinners so getan hat.«
    »Aber warum so viele? Sie sind überall. Bestimmt fünfzig Stück oder mehr. Das ist doch Overkill, oder?« Ich zuckte zusammen, als mir meine Wortwahl bewusst wurde. »Overkill« war ziemlich beschönigend, wenn man das Schicksal des armen Mädchens im Erdgeschoss bedachte.
    Bud zuckte mit den Schultern. »Komm, ich will, dass du dir die Küche des Typen ansiehst.«
    »Oh, Gott, der Herd ist doch nicht etwa an?«
    »Komm einfach mit und schau selbst.«
    Wieder ging ich durch eine schwarze Schwingtür und blickte mich um. Die Küche war sauber und modern ausgestattet, allerdings völlig durchwühlt. Töpfe und Pfannen aus Edelstahl waren wild durcheinandergeworfen. Die Klappe des Backrohrs stand offen, doch zum Glück war nichts darin. Auch die meisten Schranktüren waren geöffnet und der gesamte Inhalt lag auf den Arbeitsflächen, als habe jemand die Schränke geschrubbt. Der ebenfalls offene Kühlschrank war proppenvoll mit den verschiedensten Lebensmitteln, nicht unbedingt ein Hinweis auf einen geplanten Selbstmord. Der große Strahler, der einen weißen Buddhabrunnen mitten auf dem Küchenblock beschien, ließ die Szene noch merkwürdiger wirken. Das leise Blubbern und Plätschern war das einzige Geräusch in der sonst stillen Wohnung. Außerdem entdeckte ich noch mehr Bambus, bestickte Wandbehänge aus Seide und viele, viele seltsame, auf silberne Schnüre aufgefädelte Glücksbringer aus blauweißen Perlen, die an den Griffen der Schranktüren baumelten. Allerdings waren keine Dampfgarer, Schnellkochtöpfe oder Suppenkessel mit köchelnden Leichenteilen darin in Sicht. Gott – oder in diesem Fall eher Buddha – war eben doch gnädig.
    »Das sieht ja hier aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen«, stellte Bud fest.
    »Oder es hat jemand etwas gesucht.«
    Bud nickte. »Es gibt nur ein Schlafzimmer. Hier entlang.«
    Ich wurde den Gedanken nicht los, dass jeden Moment ein böser Mandarin-Krieger in einem langen scharlachroten Gewand hinter der nächsten Ecke hervorspringen, sich mit einem Krummschwert auf uns stürzen und anschließend über die Wipfel der Bäume entschweben könnte, schon allein deshalb, weil Bud und mir in letzter Zeit ähnliche Dinge passiert sind. Doch ich hatte weder ein flaues Gefühl im Magen, noch waren meine Nerven bis zum Zerreißen gespannt. Und was noch wichtiger war: Mein Finger zuckte nicht am Abzug. Trotzdem behielt ich die Hand auf der Glock, nur für den Fall, dass mein sechster Sinn gerade Pause machte, verstehen Sie? Oder dass Charlie Chan plötzlich auf der Bildfläche erschien.
    Wir betraten das gleichermaßen verwüstete Schlafzimmer. Ich betrachtete das große runde Bett, dessen dicke schwarze Überdecke auf den Boden geworfen worden war. In die Mitte war ein riesiges chinesisches Symbol aufgestickt, das ganz sicher etwas Unanständiges bedeutete. Die rote Satinbettwäsche

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