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Das Böse in dir

Titel: Das Böse in dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
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begeistert, und auch ich zerrte nicht gerade an der Leine, um endlich das Haus betreten und die Treppe hinaufgehen zu dürfen. Äh, nein, wirklich nicht. Doch wir mussten nach oben, um uns zu vergewissern, dass kein weiteres Opfer tiefgefroren im Eisschrank steckte, in einem Dampfgarer oder einem anderen Gerät vor sich hin brutzelte oder sich sonst etwas ähnlich Abstoßendes abspielte. Oder ist Ihnen der Name Jeffrey Dahmer kein Begriff?
    Also zogen wir Latexhandschuhe und Überschuhe an, kehrten in die stille Pizzeria zurück und entdeckten auch die Treppe, die vom hinteren Teil des Restaurants in den ersten Stock führte. Die untere Tür war nicht abgeschlossen und stand offen, was ich als gutes Zeichen wertete. Niemand war eingesperrt, niemand wollte nicht gefunden werden, und niemand versteckte sich mit einer Machete im Schrank. Hoffte ich wenigstens.
    »Ich gehe vor«, sagte Bud.
    Wahrscheinlich juckte es ihn in den Fingern, den Menschen über den Haufen zu schießen, der diese Tat auf dem Gewissen hatte, doch ich widersprach ihm nicht. Stattdessen folgte ich ihm auf den Fersen, als er langsam die schmale Treppe zur oberen Tür hinaufschlich. Sie war zu, aber ebenfalls nicht abgeschlossen. Da wir keine Lust hatten, auch zur überbackenen Vorspeise eines Psychokillers zu werden, zogen wir beide die Waffen.
    Bud trat aufrecht, ich tief geduckt, durch einen klimpernden und klirrenden Vorhang aus roten und blauen orientalischen Perlen, der vom Türrahmen baumelte. Es klang wie in einem Karton rappelnde Skorpione, ein Geräusch, das ich tatsächlich aus Erfahrung kenne. Außerdem hallte es derart laut, dass jeder hier herumlungernde Serienkiller nun sicher von unserer Anwesenheit wusste. Zum Glück war die Wohnung so still und menschenleer wie das Restaurant darunter. Mikeys Wohnzimmer lag in Dunkelheit. Ich erkannte eine Tischlampe in der Düsternis, ging hinüber, schaltete sie an – und stand in Shangri-La.
    »Offenbar war unser kleiner Mikey unter seinen Musterschülerklamotten ein heimlicher Chinese«, meinte Bud. »Keine Ahnung, wie ich darauf komme, nur so eine Idee von mir.«
    Ich musste ihm zustimmen, denn das Zimmer sah aus wie eine Mischung aus dem chinesischen Pavillon im Epcot Center und Scheherazades Harem. Die Wände waren mit chinaroter Seide behangen. Überall standen schwarz emaillierte niedrige, mit kunstvollen Schnitzereien verzierte Tische herum. Ein durchdringender Duft, Räucherstäbchen, um genau zu sein, lag in der Luft und überdeckte beinahe, allerdings nicht ganz, den widerlichen Geruch von gebratenem Menschenfleisch, der aus der Küche hinaufstieg. Vielleicht kamen die aufdringlich süßlichen Schwaden ja aus Mikey Murphys riesigem Räucherstäbchenhalter, wo etwa ein Dutzend dieser Stäbchen in unterschiedlichen Winkeln aus weißem Sand ragten. Einige waren etwa zur Hälfe heruntergebrannt und qualmten noch. Das Ding erinnerte an eine blutrote orientalische Urne, war etwa so groß wie eine kleine Mikrowelle und stand im Kamin. Daneben bemerkte ich einen sogar noch größeren und auf Hochglanz polierten schwarzen Buddha. Die üppigen roten, mit einem komplizierten schwarzen Muster bedeckten Seidenbahnen, die um den Kamin drapiert waren, verwandelten ihn in einen Altar und machten ihn zum klaren Mittelpunkt des Raums.
    »Das ist Sandelholz«, stellte Bud fest.
    »Woher weißt du das? Steht irgendwo in den Wäldern von Georgia eine Pagode?«
    »Ich bin mal mit einer Philippinin gegangen. Die hat auch immer so gerochen. Ihre Wohnung ebenfalls. Sie sagte, es sei ein Aphrodisiakum.«
    Ach, das war mir neu. »Echt?«
    »Hat sie wenigstens behauptet. Bei mir hat es gewirkt, das kannst du mir glauben. Wollen wir uns mal umschauen?«
    »Klar.«
    Wie immer teilten wir uns auf und pirschten uns an gegenüberliegenden Wänden entlang in Richtung Nebenzimmer. Er nahm den Flur, der weiter in die Wohnung hineinführte, ich ging ins Esszimmer. Beide Räume waren sauber, und als Bud meldete, dass keine Gefahr drohte, steckte ich die Glock ins Schulterhalfter und nahm das Zimmer in Augenschein. Michael Murphy hatte ein hübsches kleines Esszimmer. Die gleichen roten Seidenwände, keine Fenster, jedoch ein großer schwarzer Lacktisch und ein Geschirrschrank, in dem, hinter Glastüren und auf einem geflochtenen Tablett, ein blauweißes orientalisches Teeservice stand. Auf dem Tisch lagen Tischläufer aus Bambus; es waren insgesamt vier, komplett mit Gedecken, bestehend aus schwarzen quadratischen Tellern

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