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Das Boese in uns

Das Boese in uns

Titel: Das Boese in uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyen
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unumstößlich beschlossen, mir eine Kugel in den Kopf zu jagen. Gleich nach meiner Entlassung aus dem Krankenhaus wollte ich nach Hause fahren, meine Angelegenheiten ordnen und mich anschließend umbringen ...«
    »Sprich weiter.«
    »Das alles sind Dinge, die jeder weiß. Ich musste zu einem Psychiater - und Sie wissen, was daraus geworden ist. Der Punkt ist, die Leute wissen, dass ich mich mit Selbstmordgedanken getragen habe. Sie wissen von der Vergewaltigung, und sie sehen die Narben. Das alles können sie verstehen und nachvollziehen. >Natürlich hat sie Selbstmordgedanken, sieh dir doch an, was sie durchgemacht hat, das arme Ding< und so weiter. Verstehen Sie?«
    »Ja.«
    »Ein Teil von mir hat es in sich aufgesaugt. All das Mitleid. Die arme, arme Smoky. Ist sie nicht stark? Ist es nicht bewundernswert, wie sie sich gefangen hat und weitermacht?«
    Die Bitterkeit steigt wie Säure in mir auf. Ich kann sie fast im Mund schmecken. Es ist der Geschmack von Selbstverachtung, ja Selbsthass.
    »Erzähl mir, was die Leute nicht wissen, Smoky. Das, was nicht so bewundernswert ist.«
    Der Anflug von Feindseligkeit macht mich ein wenig schwindlig, so heftig ist er. Hitze steigt in meine Wangen und meine Stirn. Dieses Geheimnis will nicht ohne Widerstand erzählt werden. Es kann das Licht sehen, und dieses Licht lässt es toben und schreien. Es wird kämpfend untergehen.
    »Scheiß auf Gott«, hauche ich, und liebe den Geschmack meiner Worte, den Kitzel, den sich mit sie bringen.
    »Bitte?«
    »Ich sagte, scheiß auf Gott und seine Vergebung. Warum sollte ich diesen himmlischen Versager wegen irgendetwas um Vergebung bitten? Wozu brauchte meine Mutter seine Vergebung? Wissen Sie, dass sie uns in ihren letzten Tagen angefleht hat, sie zu erlösen? Sie hatte so fürchterliche Schmerzen ... sie hat darum gebettelt, dass wir ihr Leben beenden. Und sie war die frommste Katholikin, die ich jemals gekannt habe.«
    »Und?«, fragt er mit ruhiger Stimme. »Hast du ihr Leben beendet?«
    »Was? Scheiße, nein, Vater.« Die Wut ist wie eine Flutwelle, sie hat mich überrollt, und ich bin machtlos dagegen.
    »Dann erzähl mir, was du getan hast, Smoky. Du musst Gott nicht um Vergebung bitten, wenn du nicht willst. Aber du musst zumindest dich selbst danach fragen.«
    Ich knirsche mit den Zähnen und balle die Hände zu Fäusten, bis sie taub sind.
    »Mir selbst vergeben?« Meine Stimme ist kaum mehr als ein Flüstern. »Was denn ... nur weil ich es hier drin laut ausgesprochen habe, soll plötzlich alles wieder in Ordnung sein?«
    »Nein. Aber es ist ein Anfang. Ich kann dir nicht sagen, warum es so viel ausmacht, wenn wir jemand anderem erzählen, was wir getan haben, Smoky, aber es ist so. Es sind nur Worte, aber anschließend geht es dir besser. Du musst mir erzählen, was du getan hast, und du wirst sehen, dass es nicht das Ende der Welt bedeutet, nur weil du es mir erzählt hast.«
    Diese Ruhe ist unfassbar. Der Mann ist ein Ungetüm des Glaubens, geduldig und unerschütterlich. Müsste er einen Swimmingpool mit einem Kaffeelöffel leeren - er würde es tun, ohne zu maulen, ganz gleich, wie lange es dauert. Es erzeugt in mir ein Gefühl von Sicherheit und zugleich Feindseligkeit. Ich will ihn umarmen und schlagen zur gleichen Zeit.
    »Ich war schwanger«, sprudelt es aus mir hervor.
    Stille.
    Ich denke für einen Moment, dass er bereits über mich urteilt, doch dann wird mir klar, dass er nur wartet.
    »Sprich weiter, Smoky«, sagt er schließlich.
    »Erst ein paar Monate. Es war eine große Überraschung. Ich hatte ein Diaphragma benutzt. Matt und ich waren nicht alt, aber wir waren auch keine jungen Küken mehr. Es ist ... es ist einfach passiert.«
    »Wusste dein Ehemann davon?«
    Du bist zu schlau für mich, Vater.
    »Nein. Ich war nicht sicher, ob ich es ihm erzählen würde. Ich war nicht sicher, ob ich das Baby behalten wollte.« »Warum nicht?«
    »Ich weiß es nicht. Selbstsucht, nehme ich an. Ich war Ende dreißig, und mit meiner Karriere ging es bergauf... die üblichen Ausflüchte. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich hatte noch nicht beschlossen, das Kind loszuwerden. Nicht zu hundert Prozent. Aber ich dachte darüber nach, und ich hielt es vor Matt geheim.«
    »Hattest du viele Geheimnisse vor deinem Mann?«
    »Nein. Das ist es ja gerade ... nun ja, zumindest ist es ein Teil des Problems. Matt und ich, wir hatten wirkliches Glück. Ich weiß alles über die verschiedenen Möglichkeiten, wie eine Ehe aus der Spur

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