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Das Boese in uns

Das Boese in uns

Titel: Das Boese in uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyen
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in Ordnung?«, frage ich. »Du siehst ziemlich fertig aus.«
    »Ich habe gewartet, dass du dich meldest.«
    Verwundert trete ich einen Schritt zurück. »Du siehst wegen mir so zerrupft aus?«
    Sein Grinsen ist schief. »Ich bin Latino. Wir tragen unsere Herzen außen. Ich fühle entweder mit Leib und Seele oder gar nicht.« Er zuckt die Schultern. »Manchmal ist das ein echtes Problem.«
    Ich streichle erneut seine Wange und staune bei dem Gedanken, dass dieser Mann wegen mir den Schlaf und seinen Seelenfrieden verloren hat.
    Das kommt daher, dass du dich selbst lange 7.eit als wertlos betrachtet hast, reibt meine innere Stimme mir freundlicherweise unter die Nase. Und vielleichtfindet er das ja auch, wenn du ihm sagst, was du Vater Yates erzählt hast.
    »Möchtest du ein Bier?«, frage ich.
    »Klar. Aber es könnte damit enden, dass ich auf deiner Couch schlafe. Ich hab schon was getrunken. Ich konnte zwar noch hierherfahren, aber wenn ich noch was trinke, darf ich nicht mehr ans Steuer.«
    Ich lächle ihn an. »Dieses Risiko gehe ich ein.«
    Ich hole uns zwei Bier aus dem Kühlschrank und setze mich mit untergeschlagenen Beinen auf die Couch, wo ich mit dem Daumennagel am Etikett der Flasche zupfe.
    »Ich muss dir was erzählen, Tommy. Es ist etwas, was ich getan habe ... etwas Schlimmes. Ich fürchte, wenn ich es dir gesagt habe, willst du mich nicht mehr.«
    Er sieht mich aus seinen dunklen Augen an und nimmt nachdenklich einen Schluck Bier.
    »Ist es etwas, das ich wissen muss?«
    Ich runzle die Stirn. »Wie meinst du das?«
    »Es ist okay, wenn man ein paar Geheimnisse für sich behält. Ich muss nicht alles über deine Vergangenheit wissen, um dich hier und jetzt zu lieben.«
    Die Hand, die meine Flasche hält, zittert einen Moment. »Das stimmt zum größten Teil. Aber das hier muss ich dir erzählen. Es sorgt dafür ...« Ich suche nach den richtigen Worten. »Es gibt mir das Gefühl, nicht der Mensch zu sein, für den die Leute mich halten.«
    Er trinkt einen weiteren Schluck, stellt die Flasche auf den Wohnzimmertisch, nimmt mir meine Flasche weg und stellt sie daneben. Er ergreift meine Hände, drückt sie und sieht mir in die Augen.
    »Erzähl es mir«, sagt er.
    Das tue ich dann auch. Ich erzähle ihm die ganze Geschichte. Wie ich mich gefühlt habe in diesem Krankenhausbett im Dunkeln. Von meinem Wunsch zu sterben. Vom Gipfel der Selbstsucht, dem Abtreiben meines Babys, damit es mich nicht daran hindern konnte, mir selbst eine Kugel durch den Kopf zu schießen. Er lauscht nur, sagt kein Wort, hält unverwandt meine Hände, wendet sich nicht ab. Als ich geendet habe, schweigt er eine Weile.
    »Sag etwas«, flüstere ich.
    Er bringt meine Hände an seine Lippen und küsst sie langsam. Es ist kein sexueller Akt, nicht einmal ein sinnlicher, doch er ist intim und sehr tröstend. Er küsst jeden Finger auf den Knöchel, endet mit dem Daumen. Dreht meine Hände um und küsst meine Handflächen mit trockenen Lippen; dann zieht er die Linien mit einem Finger nach. Er streicht mir eine Locke aus der Stirn, sieht mich an, lächelt.
    »Ich liebe dich, Smoky. Vielleicht hast du etwas anderes erwartet, aber das ist alles, was ich dazu zu sagen habe. Ich brauche dich, und nicht nur halb. Ich will dich ganz, jeden Zentimeter, jede Narbe, jedes vollkommene Teil und jedes unvollkommene auch.«
    »Bist du ... bist du sicher? Ich bin nicht einfach, Tommy. Zehnmal in den letzten beiden Jahren habe ich mir gesagt, dass ich fertig bin mit meiner Vergangenheit. Mit den Dingen, die mir passiert sind. Es geht mir viel besser heute, das ist wahr, aber es scheint irgendwo immer ein neues Loch zu geben, in dem etwas Düsteres lauert, das nur darauf wartet, mir das Leben schwer zu machen. Was ist, wenn sich das niemals ändert? Willst du jemanden lieben, der vielleicht bis an sein Lebensende ein Stück Vergangenheit mit sich herumschleppt, das er nicht loslassen kann?«
    »Du bist, was du bist, wegen dem, was in deinem Leben bis zum heutigen Tag passiert ist, Smoky. Nicht nur wegen der guten Dinge. Ich liebe die Person, die du heute bist.«
    »Und Bonnie?«
    »Ich liebe auch Bonnie, und sie weiß das.« »Sie weiß es?«
    »Sie hat mir vor ein paar Monaten gesagt, dass sie mich liebt. Wir haben zusammen Zeichentrickfilme angesehen, und sie hat gesagt: >Tommy, du weißt, dass ich dich liebe, oder?<« Er schüttelt gedankenverloren den Kopf. »Sie hat nicht mal den Blick vom Fernseher genommen. Ich habe so getan, als wäre es

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