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Das Boese in uns

Das Boese in uns

Titel: Das Boese in uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyen
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du denn glücklich, Bonnie?«
    Ich bin ein wenig schockiert über den kläglichen, flehentlichen Klang meiner eigenen Stimme. Bonnie schenkt mir ein weiteres Lächeln, ein unverfälschtes Lächeln ohne kalte Augen und Nebel und Schreie und Regen. Nichts als zwölf Jahre alter Sonnenschein, der wundervollste Sonnenschein, den es geben kann.
    »Acht von zehn Tagen bin ich glücklich, Smoky.«
    Ich muss an das denken, was Alan gesagt hat, und ich weiß, dass es stimmt. Dankbar zu sein für das, was einem gegeben ist, ist ein Klischee - aber nur, weil es so verdammt wahr ist. Bonnie ist hier, Bonnie ist wunderbar, intelligent, talentiert, sie spricht, sie hat keine Angst vor dem Leben und wacht des Nachts nicht mehr schreiend auf. Ja, sie hat sich verändert durch das, was sie erlebt hat, doch sie ist nicht daran zerbrochen, und letzten Endes ist das der größte Segen von allen. Fast ein Wunder.
    Ich ziehe sie an mich und drücke sie ganz fest.
    »Okay, okay«, sage ich. »Aber kannst du nicht bis zum Herbst warten? Dieses Schuljahr noch mit Elaina abschließen?«
    »Ja, ja, ja, danke, danke, danke!«
    Ich weiß, dass es die richtige Entscheidung ist, weil diese freudigen Laute einmal mehr echte, unverfälschte Zwölfjährige sind.
    Wir verbringen den Rest des Abends eingehüllt in Normalität, ohne viel zu unternehmen, außer die Gesellschaft der anderen zu genießen. Für kurze Zeit mache ich mir nicht einmal Sorgen, ob jemand sterben könnte.
    Irgendwie dreht die Welt sich auch ohne mich.
     
    Ich erwache vom hartnäckigen Summen meines Handys. Mit verschlafenen Augen starre ich auf das Display. Es ist Alan, der anruft.
    »Es ist fünf Uhr morgens«, sage ich statt einer Begrüßung. »Das kann nichts Gutes bedeuten.«
    »Tut es auch nicht«, antwortet er. »Die Scheiße fliegt jeden Augenblick in den Ventilator.«
     

TEIL 2 - DER STURM

Kapitel 21
    »Ich hab einen Anruf von Atkins bekommen. Er surft oft auf diesen viralen Video-Seiten ...« »Was?«, frage ich.
    »Webseiten, die ihren Nutzern erlauben, Videoclips hochzuladen«, erklärt James. »Es kann sich um selbst gedrehte Clips handeln oder um bis zu drei Minuten lange Ausschnitte, die jemand aus den Nachrichten oder einer DVD oder was auch immer entschlüsselt hat.«
    Ich runzle die Stirn. »Und welchen Sinn soll das haben?«
    »Unterhaltung«, sagt Callie. »Voyeurismus. Kommunikation. Du findest auf diesen Seiten alles, von Skateboard-Unfällen auf dem Bürgersteig und brechenden Gliedmaßen bis hin zu reizenden, gerade erwachsenen Gören, die in ihren Bikinis herumsitzen und über Weltpolitik reden.«
    »Bonnie kennt sich wahrscheinlich bestens damit aus«, seufze ich.
    Callie tätschelt mir den Kopf. »Jeder kennt sich damit aus, Lämmchen, nur du nicht.«
    Alan öffnet einen Browser und tippt eine URL ein: User-Tube, com. Einen Moment später füllt der Schirm sich mit einer Serie von hübsch angeordneten Miniatur-Fotos. Jedes Foto ist mit einer Legende versehen.
    »Wipeout«, lese ich unter einem.
    Das Bild zeigt jemanden, der von einem Motorrad segelt, als es in den Boden kracht.
     
    Alan klickt das Foto an, und eine neue Seite öffnet sich.
    Der Videoclip beginnt zu spielen. Wie nicht anders zu erwarten, sehen wir, wie ein Motorrad auf eine Rampe zurast, in die Luft segelt und den Landepunkt verpasst. Der Fahrer springt wie ein echter Superman ab, während die Maschine sich in den Boden bohrt. Superman landet, prallt ein paar Mal auf und bleibt schließlich reglos und merkwürdig verrenkt liegen.
    »Autsch!«, sage ich und verziehe das Gesicht.
    »Es geht noch weiter«, sagt Alan.
    Wer immer den Clip gedreht hat, hat uns und sämtlichen anderen Zuschauern den Gefallen getan, bis zum Augenblick vor dem Aufprall zurückzuspulen und alles in Zeitlupe genüsslich zu wiederholen. Wir bekommen das Krachen und Knirschen der berstenden Maschine in jenem langen, gedehnten Ooohneiinl-Widerhall zu hören, während wir zusehen, wie der glücklose Fahrer durch die Luft segelt und wie ein menschlicher Basketball landet.
    »Heftig«, murmle ich.
    »Der moderne römische Zirkus«, sagt Callie.
    »Was ist das, was da unter dem Clip steht?«
    »Benutzerkommentare«, sagt Alan. »Man legt sich ein Benutzerkonto an, und dann darf man seine eigenen Clips hochladen und Kommentare zu denen verfassen, die andere hochgeladen haben.«
    Er scrollt ein wenig nach unten, sodass ich einige der Bemerkungen lesen kann:
     
    Scheiße, der ist ja wirklich im Arsch!
    Und da soll noch

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