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Das Boese in uns

Das Boese in uns

Titel: Das Boese in uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyen
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einer sagen, dass Menschen nicht fliegen können! Meine Fresse, habt ihr gesehen, wie er gehüpft ist? Meine Fresse! Wir haben alle das Gleiche gesehen wie du, Sackgesicht.
     
    »Intellektuelle unter sich«, stelle ich fest.
    »Es ist nicht alles so chaotisch«, sagt Alan und navigiert zurück zur Homepage. »Es gibt Kategorien, siehst du?«
    Ich lese die Überschriften. Spaß für die ganze Familie. Tiere. Verliebte. So langsam begreife ich die Anziehungskraft dieser Seiten.
    »Also kann jeder hierherkommen und seine Videoclips hochladen, und andere können darüber reden?«
    »Ja. Es gibt 'ne Menge Mist, aber es gibt auch ein paar ziemlich kreative Sachen. Kurzfilme, Comedians und Musiker, die sich auf diese Weise Gehör zu verschaffen suchen ...«
    »Und Sex, nehme ich an.«
    »Nicht auf dieser Seite. Die Webmaster achten sehr streng darauf. Keine Nacktaufnahmen.«
    »Aber die haben kein Problem damit, Blut und gebrochene Knochen zu zeigen«, sagt James.
    »Stimmt.«
    Ich schaue Alan an. »Du besuchst diese Seite regelmäßig?«
    Er zuckt die Schultern. »Was soll ich sagen? Es macht süchtig. Jeder Clip ist ein Snack, keine Mahlzeit.«
    »Man wird nicht satt von einem einzigen«, zwitschert Callie dazwischen.
    »Okay«, sage ich. »Ich verstehe das Prinzip. Und jetzt zeigt mir bitte, was das alles mit uns zu tun hat.«
    Alan deutet auf die Liste der Kategorien.
    »Es gibt eine Kategorie >Religion<. Im Allgemeinen ist der Inhalt mehr oder weniger immer der gleiche. Prediger oder Möchtegern-Prediger halten ihre dreiminütigen Vorträge. Ein Rechter redet über die Sünde der Abtreibung, ein Linker über die Sünden jeglicher organisierter Religion.«
    Er klickt auf die Kategorie, und eine neue Reihe Miniaturbilder füllt den Schirm.
    »Die oberen zehn sind diejenigen, die du dir ansehen musst.«
    Er klickt auf das erste Bildchen. Das Videofenster ist zunächst schwarz. Dann erscheinen weiße Druckbuchstaben: »Der Anfang: Eine Studie über Wahrheit und die Seele.«
    Die Buchstaben verblassen, und ein paar weitere Sekunden Schwärze folgen. Dann öffnet sich das Bild, und der Rumpf eines Mannes erscheint. Er sitzt an einem schlichten braunen Holztisch. Er ist von den Schultern bis zur Tischplatte zu sehen, mehr nicht. Die Wand hinter ihm ist grauer Beton. Das Licht kommt irgendwo von oben, gerade ausreichend, um ihn und seine unmittelbare Umgebung zu erhellen. Der Begriff karg kommt mir in den Sinn. Schnee auf einem baumlosen Feld. Seine Hände liegen ineinander verschränkt vor ihm auf dem Tisch. Sie halten einen Rosenkranz. Er trägt ein schwarzes Hemd und eine schwarze Jacke.
    »Eine Studie über die Natur der Wahrheit«, beginnt er, »ist zugleich eine Studie über die Natur Gottes.« Seine Stimme ist tief- kein Bass, mehr Bassbariton. Es ist eine angenehme Stimme. Ruhig, gemessen, entspannt.
    »Warum ist das so? Weil die grundlegende Wahrheit hinter allen Dingen ist, dass sie so existieren, wie Gott sie geschaffen hat. Die Wahrheit von etwas zu sehen bedeutet, es genau so zu sehen, wie es ist, nicht überdeckt von unseren eigenen Vorstellungen, unseren Vorurteilen, und unverstellt von unseren eigenen Ergänzungen. Mit anderen Worten, es ist im Moment seiner Erschaffung zu sehen, genau so, wie Gott es gemacht hat. Deshalb sieht man ein Stück vom Angesicht Gottes, wenn man die Wahrheit von irgendetwas sieht.«
    »Interessant«, murmelte James. »Zwingend.«
    »Was also hindert uns daran, diese Wahrheit zu erkennen? Wir alle wurden geboren mit Augen zu sehen und mit Ohren zu hören. Wir alle haben ein Gehirn, das die Eindrücke unserer Sinne verarbeitet. Warum aber erzählen dann zwei Menschen, die Zeugen eines Autounfalls werden, völlig unterschiedliche Versionen der Wahrheit? Und warum zeigt eine Videoaufzeichnung des gleichen Unfalls über jeden Zweifel erhaben, dass die Beobachtungen der beiden Menschen falsch sind?
    Die Antwort ist offensichtlich. Weil nur die Videokamera unbestechlich das aufnimmt, was sie sieht. Ohne jede Veränderung. Was genau ist also der Unterschied zwischen einer Kamera und einem Menschen?« Er wartet ein paar Sekunden, ehe er weiterspricht. »Der Unterschied ist der, dass die Videokamera keinen eingebauten Filter besitzt. Sie hat keine >Seele< und keinen >Verstand<. Man kann von hier aus extrapolieren, dass die Seele und der Verstand die Ursachen sind, falls es zu Fehleinschätzungen und Irrtümern kommt.
    Doch wenn Gott alle Dinge erschaffen hat - und das hat er -, müssen wir

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