Das Boese in uns
Kochbuch es von uns verlangt. Bonnie trägt unsere Teller zum Esstisch, während ich uns zwei Gläser Wasser einschenke.
Wir sitzen vor unseren Steaks, Messer und Gabeln in den Händen.
»Fertig?«, fragt Bonnie.
»Jepp.«
Wir schneiden jeder ein Stück Fleisch ab und schieben es uns in den Mund. Wir kauen schweigend.
»Wow ...«, sagt Bonnie staunend. »Das ist ehrlich ...« »... richtig gut«, beende ich den Satz für sie. »Nein, besser. Das ist richtig, richtig gut.« »Köstlich sozusagen.«
Sie grinst mich an, und in ihren Augen funkelt der Schalk. »Schalotten, pah!«, sagt sie. »Wir brauchen keine blöden Schalotten.«
Ich habe von meinem Wasser getrunken und verschlucke mich prustend, als ich loslache.
»Das nächste Mal kochen wir Gemüse dazu«, schlage ich vor. Wir hatten nichts außer den Steaks und ein paar Brötchen. »Vielleicht Schalotten«, witzelt Bonnie.
Wir sitzen auf dem Sofa. Im Fernsehen läuft irgendeine dämliche Talentschau, aber wir sehen kaum hin. Das Abendessen war großartig, und der Abend ist wundervoll. Normal. Ich sehne mich sehr nach Normalität und habe sie doch so selten.
»Ich möchte mit dir über die Schule reden«, beginnt Bonnie.
So viel zum Thema »normal«.
Ich tadele mich sogleich für diesen Gedanken. Was könnte normaler sein als ein Kind, das zusammen mit anderen Kindern zur Schule gehen will? An der Nervosität in ihrem Gesicht kann ich sehen, dass sie sich sehr viele Gedanken macht darüber, wie ich auf ihren Wunsch reagiere.
Oh, verdammt.
Ich schaue sie an, richte meine ganze Aufmerksamkeit auf sie.
»Okay, Bonnie. Erzähl mir, was dich bedrückt.«
Sie zieht die Beine unter den Leib und schiebt eine Locke hinters Ohr, während sie nach den richtigen Worten sucht. Diese Geste lässt ein Gefühl des Dejá-vu in mir aufkommen - der Geist ihrer Mutter. Ihre Gene leben in Bonnie weiter.
»Ich habe eine Menge nachgedacht, Smoky.« Sie sieht mich an, lächelt ein schüchternes Lächeln. »Ich schätze, ich denke ständig eine Menge nach.«
»Es ist eine deiner Begabungen. Es gibt nicht genügend Leute auf der Welt, die nachdenken. Worüber hast du denn nachgedacht?«
»Was ich werden will, wenn ich groß bin ... wenn ich erwachsen bin, meine ich.«
Interessante Unterscheidung. »Und?«
»Ich möchte das Gleiche tun wie du.«
Ich starre sie an. Mir fehlen die Worte. Von all den Dingen, die sie hätte sagen können, von all den Berufen, unter denen sie hätte wählen können, gefällt mir das am wenigsten.
»Warum? Was ist mit deiner Malerei?«
Sie lächelt mich an. Dieses Lächeln besagt, dass ich mir etwas vormache, aber trotzdem charmant bin.
»Ich bin nicht so gut, Smoky. Das Malen macht mir Spaß und bringt mir Frieden, aber es ist nicht meine Bestimmung.«
»Du bist erst zwölf. Wie kannst du jetzt schon wissen, was deine Bestimmung ist?«
Ihr Blick wird stechend, und in ihren Augen erscheint eine Kühle, die mich ganz schnell zum Schweigen bringt. Plötzlich sieht sie überhaupt nicht mehr wie eine Zwölfjährige aus.
»Weißt du, was ich immer als Erstes sehe, wenn ich die Augen zumache?« Ihre Stimme klingt ruhig, monoton, wie ein Singsang. »Das Gesicht meiner toten Mutter. So, wie ich es drei Tage lang gesehen habe, als ich an sie gefesselt war.« Sie wendet den Blick ab und starrt in die Ferne, als die Erinnerung in ihr hochkommt. »Sie war schreiend gestorben. Am ersten Tag weinte ich auf ihr. Ich weiß noch, dass ich mich deswegen schlecht gefühlt habe, weil ein paar meiner Tränen in ihre Augen fielen und ich dachte, dass es nicht richtig ist, weil sie die Tränen nicht abwischen konnte. Dann hörte ich auf zu weinen und versuchte zu schlafen. Ich versuchte mir einzureden, dass sie nicht tot ist und dass sie mich in den Armen hält. Es funktionierte sogar ... für kurze Zeit. Bis sie anfing zu riechen. Danach war alles nur noch grau und blau und schwarz. Manchmal male ich diese Farben und denke an diesen letzten Tag, weil er irgendwie nicht wirklich war. Wenn ich von diesem Tag träume, dann sind meine Träume voller Schreien und Regen.«
Die Worte hypnotisieren mich. Als ich wieder sprechen kann, ist meine Stimme rau vor Traurigkeit. »Es tut mir leid, Bonnie. Es tut mir unendlich leid.«
Sie kehrt in die Gegenwart zurück. Ihre Augen verlieren die beängstigende Kühle, diese Leblosigkeit. Stattdessen spiegelt sich nun Sorge um mich darin. »Hey, hey, Momma-Smoky, alles in Ordnung ... ich meine, es ist natürlich nicht in
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