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Das Böse kommt auf leisen Sohlen

Das Böse kommt auf leisen Sohlen

Titel: Das Böse kommt auf leisen Sohlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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was du mit deinen Knochen anfangen sollst." 
    "Ich schon", sagte Jim in die Nacht hinein. "Ich schon." 
    "Klar. Du gehst einfach weg und läßt mich hier zurück, Jim." 
    "Aber nein!" protestierte der andere. "Ich laß dich doch nicht zurück, Will. Wir bleiben beisammen." 
    "Beisammen? Wenn du zwei Köpfe größer bist und vor lauter Kraft kaum laufen kannst? Wenn du auf mich herabschaust? Und worüber sollen wir dann reden, Jim, wenn ich die Taschen voller Bindfäden und Murmeln und Froschaugen habe und deine Taschen ordentlich, sauber und leer sind und du dich über mich lustig machst? Sollen wir darüber reden? Daß du schneller laufen kannst und daß du mich mit einer Hand..." 
    "Ich würde dich niemals verhauen, Will." 
    "In einer Minute schaffst du das! Geh nur, Jim, los, hau schon ab! Ich finde nichts dabei, wenn ich mit meinem Taschenmesser unter einem Baum sitze und Messerwerfen spiele, während du dich mit den herumrasenden Pferden verrückt machst. Aber Gott sei Dank rennen die ja nicht mehr..." 
    "Und daran bist du schuld!" schrie Jim. Er blieb stehen. 
    Will erstarrte und ballte die Fäuste. "Meinst du damit, ich hätte zusehen sollen, wie aus diesem kleinen gemeinen Hund ein großer, alter gemeiner Hund wird und uns die Köpfe abreißt? Ihn einfach rumsausen und uns anspucken lassen? Und vielleicht auch noch mit dir daneben, daß du mir zum Abschied zuwinkst, wieder rumsaust und mir Lebewohl sagst! Und ich soll dir dann einfach zurückwinken, wie? Meinst du das, Jim?" 
    "Psst!" machte Jim. "Wie du sagst, ist's ohnehin zu spät. Das Karussell ist kaputt..." 
    "Und wenn's wieder repariert ist, dann lassen sie den alten, schrecklichen Cooger rückwärts fahren, machen ihn wieder so jung, daß er reden kann und sich an unsere Namen erinnert, und dann sind sie wie die Menschenfresser hinter uns her. Oder zumindest hinter mir, wenn du dich bei denen einschmeicheln willst und ihnen meinen Namen und meine Adresse sagst..." 
    "Das tu ich niemals!" sagte Jim und faßte Will an. 
    "Ach, Jim! Jim, das siehst du doch ein, wie? Alles zu seiner Zeit, wie der Prediger erst vorigen Monat gesagt hat. Immer schön eins nach dem anderen, nicht zwei auf einmal. Denkst du dran?" 
    "Alles zu seiner Zeit", sagte Jim. 
    Dann hörten sie Stimmen aus dem Polizeirevier. In einem Raum, rechts vom Eingang, sagte eine Frauenstimme etwas, und Männerstimmen antworteten. 
    Will gab Jim mit einer Kopfbewegung ein Zeichen. 
    Leise drückten sie sich zwischen die Büsche, bis sie in den Raum hineinsehen konnten. 
    Da saß Miss Foley. Und da saß Wills Vater. 
    "Ich verstehe das nicht", sagte Miss Foley. "Wenn ich mir vorstelle, daß ausgerechnet Will und Jim in mein Haus einbrechen, mich bestehlen, davonlaufen..." 
    "Sie haben ihre Gesichter genau gesehen?" fragte Mr. Halloway. 
    "Als ich schrie, haben sie unten im Licht zu mir heraufgeschaut." 
    Von dem Neffen sagt sie nichts, dachte Will. Natürlich sagt sie nichts davon. 
    Da siehst du's, Jim, hätte er am liebsten geschrien. Es war eine Falle. Der Neffe hat nur darauf gewartet, daß wir ums Haus schleichen. Er wollte nur, daß wir so tief in der Patsche sitzen, daß wir zur Polizei, zu den Eltern, zu irgend jemandem sagen konnten, was wir wollten – keiner würde uns mehr glauben, nichts von Karussells, vom Zirkus, von späten Nachtstunden – unser Wort wäre keinen Pfifferling mehr wert! 
    "Ich will keine Anzeige erstatten", sagte Miss Foley. 
    "Aber wenn die Jungen unschuldig sind – wo sind sie dann?" 
    "Hier!" schrie jemand. 
    "Will!" sagte Jim. Zu spät. 
    Will war schon aufgesprungen und kletterte durchs Fenster. "Hier", sagte er einfach, als er mit beiden Beinen auf dem Boden stand. 

Siebenundzwanzigstes Kapitel 

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    Sie gingen schweigend über die mondfarbenen Bürgersteige nach Hause, Mr. Halloway zwischen den beiden Jungen. Als sie am Ziel waren, seufzte Wills Vater. 
    "Jim, es hat keinen Sinn, deine Mutter zu dieser Stunde aufzuregen. Wenn du mir versprichst, daß du ihr alles morgen beim Frühstück erzählst, laß ich dich laufen. 
    Kommst du ins Haus, ohne sie aufzuwecken?" 
    "Klar. Sehen Sie mal, was wir da haben." 
    "Wir?" 
    Jim nickte und führte die beiden an die Seite des Hauses. Dann fummelte er zwischen dichtem Moos und Laub nach den eisernen Sprossen, die sie sich zu einer versteckten Geheimleiter hinauf in Jims Zimmer zusammengebastelt hatten. Mr. Halloway

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