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Das Böse kommt auf leisen Sohlen

Das Böse kommt auf leisen Sohlen

Titel: Das Böse kommt auf leisen Sohlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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um. 
    Ihre Lider zerrten an den schwarzen, wächsernen Fäden hinter der dunklen Brille. 
    Mr. Dark, dieses von Zeichnungen übersäte, übersättigte Sammelsurium von Seelen, beugte sich von der Bühne und leckte sich erwartungsvoll über die Lippen. Gedanken ließen in seinen Augen feurige Funkenräder wirbeln, rasch, rascher – was, was was? 
    Und der alte Hausmeister setzte ein Lächeln auf, das so starr war wie ein Zelluloidgebiß aus einer Wundertüte. Er ging weiter, und die Menge bahnte ihm eine Gasse, wie sich die See vor Moses öffnete und hinter ihm wieder schloß. Was werde ich tun? Warum war er überhaupt hier? Aber er ging unverzagt weiter, Schritt für Schritt. 
    Charles Halloways Fuß berührte die unterste Stufe des erhöhten Podiums. 
    Die Hexe zitterte insgeheim. 
    Mr. Dark witterte ein Geheimnis und warf dem Mann einen scharfen Blick zu. Dann streckte er diesem vierundfünfzigjährigen Mann rasch die Hand entgegen. 
    Doch der vierundfünfzigjährige Mann schüttelte den Kopf, gab ihm die Hand nicht, ließ sich nicht hinaufhelfen. 
    "Danke – nein." 
    Als Charles Halloway auf der Bühne stand, winkte er der Menge zu. 
    Hin und wieder applaudierte jemand, als ob man ein paar Knallfrösche losläßt. 
    "Aber..." Mr. Dark tat erstaunt. "Aber Ihre linke Hand, Sir. Wenn Sie nur eine Hand gebrauchen können, dann können Sie doch keine Flinte halten und abfeuern." 
    Charles Halloway erbleichte. 
    "Ich schaff es schon", sagte er. "Auch mit einer Hand." 
    "Hurra!" schrie unter ihm ein Junge. 
    "Gut so, Charlie!" rief dahinter ein Mann. 
    Mr. Dark wurde vor Zorn rot, als die Leute jetzt noch lauter lachten und klatschten. Er wehrte mit beiden Händen die Wogen erfrischenden Beifalls ab, der wie Regen von den Zuschauern her auf ihn niederprasselte. 
    "Schon gut, schon gut, sehen wir erst mal, ob er's schafft!" 
    Heftig packte der Illustrierte Mann eine Flinte, riß sie aus dem Ständer und schleuderte sie durch die Luft. 
    Die Menge hielt den Atem ab. 
    Charles Halloway duckte sich. Er hob die rechte Hand. 
    Die Waffe klatschte gegen seine Handfläche. Er packte zu. Sie fiel nicht herunter. Er hatte sie fest im Griff. 
    Die Zuschauer johlten und beschimpften Mr. Dark wegen seiner schlechten Manieren. Er wandte sich eine Sekunde lang ab und verfluchte sich selbst. 
    Strahlend hob Wills Vater die Flinte. 
    Die Menge brüllte. 
    Und während die Woge des Applauses sich brach und das Ufer entlangrollte, sah er wieder in die tausend Spiegel, wo die erahnten, doch ungesehenen Umrisse von Will und Jim zwischen den gigantischen Rasierklingen von Enthüllung und Illusion verharrten. Dann wandte er sich wieder dem Medusenblick von Mr. Dark zu, rasch und abschätzend, dann weiter zu der gesichtslosen, zitternden Norne der Mitternacht, die sich immer mehr in den Hintergrund drängte. Sie stand nun schon am anderen Ende der Tribüne und drängte sich an die schwarz-rote Zielscheibe. 
    "Junge!" rief Charles Halloway. 
    Mr. Dark erstarrte. 
    "Ich brauche einen Jungen, der mir freiwillig die Flinte halten hilft", rief Charles Halloway. 
    "Los! Irgendeiner!" fügte er hinzu. 
    In der Menge scharrten ein paar Jungen verlegen mit den Füßen im Staub. 
    "Mein Junge!" rief Charles Halloway. "Bleib stehen. 
    Dort ist mein Sohn. Er wird sich freiwillig melden, wie, Will?" 
    Die Hexe hielt eine Hand in die Luft, um die Welle der Kühnheit zu ertasten, die wie ein Fieber von dem vierundfünfzigjährigen Mann ausging. Mr. Dark fuhr herum, als hätte ihn eine Schrotladung voll getroffen. 
    "Will!" schrie der Vater. 
    Will saß regungslos im Wachsfigurenkabinett. 
    Die Leute sahen nach links, nach rechts, hinter sich. 
    Keine Antwort. 
    Will hockte im Wachsmuseum. 
    Mr. Dark beobachtete das alles mit einer Mischung aus Achtung, Bewunderung, Besorgnis. Er schien genauso abzuwarten wie Wills Vater. 
    "Los, Will, komm doch und hilf deinem Alten!" rief Charles Halloway in kameradschaftlichem Ton. 
    Will saß im Wachsmuseum. 
    Mr. Dark lächelte. 
    "Will! Willy! Komm hierher!" 
    Keine Antwort. 
    Mr. Darks Lächeln wurde breiter. 
    "Willy! Hörst du denn deinen alten Vater nicht?" 
    Mr. Darks Lächeln verblaßte. 
    Die letzte Frage kam nämlich von einem Mann unter den Zuschauern. 
    Die Menge lachte. 
    "Will!" rief eine Frau. 
    "Willy!" schrie eine andere. 
    "Juhuh!" johlte ein älterer Herr mit Bart. 
    "Los, komm doch, Will!" Das war ein

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