Das böse Spiel der Natalie Hargrove (German Edition)
vor?«, flüsterte er.
Ich beugte mich zu ihm, sodass meine Lippen ganz dicht vor seine kamen.
»Nichts Gutes«, sagte ich und zurrte den Knoten um den Stamm der Palme fest. »Und jetzt sei ein lieber Junge und schlaf weiter.«
»Okay«, erwiderte er träge und schloss die Augen wieder.
Ich musste ein Lachen unterdrücken. Es war wahrscheinlich das erste Mal, dass mir J. B. so blind gehorchte. Ich schmierte ihm schnell noch eine dicke Schicht Lippenstift auf den Mund. Womit konnte ich seinen Look sonst noch komplettieren? Noch eine Kette? Ein gut platziertes Kondom? Bevor ich recht darüber nachdenken konnte, durchsuchte ich seine Taschen schon nach einem pièce de résistance .
Bingo.
Ich hielt ein oranges Fläschchen rezeptpflichtiger Pillen in der Hand. Hmm … J. B.s geheime Muntermacher, strategisch um seinen leblosen Körper im Gras verstreut? Das ging vielleicht doch ein wenig zu weit.
Ich wog die Pillen in meiner Hand und betrachtete sein Gesicht. Es wirkte so friedlich, wenn seine Augen geschlossen waren. Aber er war nicht friedlich, er war nur so weggetreten, dass er sich am Morgen an nichts mehr erinnern würde.
Doch plötzlich wurde mir klar, dass ich eigentlich wollte, dass er sich daran erinnerte. Ich wollte, dass er die Schmach spürte, zu wissen, dass ich hinter der ganzen Sache steckte. Er hatte den Krieg angefangen, aber ich würde diejenige sein, die zuletzt lachte. Ich steckte das Pillenfläschchen in die Tasche von Mikes Smokingjacke.
»Vielleicht hilft das deinem Gedächtnis morgen ein bisschen auf die Sprünge«, sagte ich und tätschelte J. B. den Kopf. »Träum was Schönes!«
7 Im Leben stand ihm nichts so, als wie er es verließ
Im Dämmerzustand zwischen Schlaf und Wachen sehe ich mich mit meiner Krone und dem langen, hinten tief ausgeschnittenen cremefarbenen Kleid. Ich stehe an der Schwelle des Scot’s Glen Golf and Country Club und lausche auf den Hufschlag der Kutschpferde, die kommen, um mich zu meinem Prinzen zu bringen.
Der Augenblick kommt so schnell, so leicht, dass ich mich kaum an die Verkündung unseres Sieges erinnern kann. Doch es spielt keine Rolle. Es wird der Augenblick in der Kutsche sein, in dem alles beginnt.
Als das von Pferden gezogene Gefährt endlich um die Ecke biegt, ist es noch größer und schöner, als ich es mir vorgestellt habe. Die Kutsche selbst ist luxuriös und sieht aus wie ein riesiges silbernes Osterei, dekoriert mit weißen Rosen und Girlanden aus blinkenden Lichtern. Der Kutscher trägt eine weiße Uniform. Er springt vom Kutschbock, verneigt sich vor mir und hält mir die Tür auf.
Es überrascht mich selbst, dass ich zu laufen beginne. Und in meinem Traum versinken die Absätze meiner weißen Stilettos nicht im Rasen des Golfplatzes und meine Hofdamen rügen mich nicht wegen der Zurschaustellung meiner Gefühle. Ich laufe auf Mike zu, auf die Geburt unserer Zukunft. Diese Kutschfahrt wird diejenige sein, an der von jetzt an alle Palmetto-Kutschfahrten gemessen werden müssen.
»Mylady.« Der Kutscher strahlt mich an und küsst mir die weiß behandschuhte Hand.
»Vielen Dank«, erwidere ich gnädig, neige den Kopf und lasse mir von ihm an meinen Platz helfen.
Puff.
Eine Rauchwolke nimmt mir die Sicht, als ich einsteige. Und dann höre ich eine Stimme sagen:
»Kleine Planänderung, Prinzessin.«
Hustend wedle ich den Rauch fort, und als er sich verzieht, bleibt mir der Mund offen stehen. Denn an der Stelle, an der eigentlich Mike sein sollte, sitzt Justin Balmer.
Bis dahin war es ein so schöner Traum gewesen. Sein schwarzer Smoking und die smaragdgrüne Fliege scheinen plötzlich das ganze Innere der Kutsche auszufüllen, sie ersticken mich und werden überlebensgroß.
Als er mich anlächelt, bohren sich seine grünen Augen in die meinen.
»Hab ich dich nicht an der Kirche liegen lassen?«, frage ich und halte mich am Sitz fest.
»Oh, dort wirst du mich auch wieder finden.« J. B. lächelt geheimnisvoll. »Aber ich war so eingebunden, dass ich keine gute Gesellschaft war, und ich möchte dir gerne einen Rat geben.«
Ich schüttle den Kopf. »Ich habe Neuigkeiten für dich. Wir haben den Palmetto-Wettbewerb gewonnen und du hast verloren. Versuch also, deine weisen Worte an jemanden zu verschwenden, der noch erbärmlicher ist als du – falls du so jemanden finden kannst.«
»Nein«, widerspricht er, »diese Nachricht ist für dich bestimmt.«
Sein Ton lässt mich innehalten. Sein Mund ist zu einer schmalen Linie
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