Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das böse Spiel der Natalie Hargrove (German Edition)

Das böse Spiel der Natalie Hargrove (German Edition)

Titel: Das böse Spiel der Natalie Hargrove (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
Vom Netzwerk:
verließ, nicht brach, sondern nur überarbeitete, und begann, eine Nachricht zu verfassen. Eine Nachricht, zu der ich damals, als das Schweigegelübde das Äußerste war, was ich tun konnte, nicht den Mut gehabt hätte.
    Spar dir das Schmierentheater von wegen Daddy ist wieder da und spuck einfach aus, was du willst.
    Ich versuchte, mir seine Reaktion vorzustellen, wie die Falten um seine Silberfischaugen erschlaffen würden – aber eigentlich wollte ich gar nicht an ihn denken. Ich wollte an mich selbst denken.
    Senden.
    Ich brauchte einen Moment, um festzustellen, dass mein Herz nicht wild hämmerte. Ich war ruhig und gefasst. Okay, das wäre erledigt. Jetzt der Nächste.
    Mein Vater hatte mich beunruhigt, weil ich es zugelassen hatte. Jetzt konnte ich nur hoffen, dass ich auch J. B., dessen Grab noch ganz frisch war, zur Ruhe legen konnte.
    Die ganze Woche lang hatte ich mit dem Pillenfläschchen gespielt. Wahrscheinlich waren meine Hände verschwitzter gewesen, als ich geglaubt hatte, denn das Etikett begann, sich zu lösen. Ich zupfte daran, und ehe ich es mich versah, hatte ich es ganz in der Hand.
    Oh Mist! Hatte ich die Beweise gerade verdoppelt? Oder hatte ich es mir leichter gemacht, sie loszuwerden? Mom hatte unten einen Papierschredder (den besten Freund einer Geschiedenen, hatte sie erklärt), aber ich konnte es nicht riskieren, ihr zu begegnen. Es war besser, wenn ich mein eigener Papierschredder war.
    Ich lief ins Badezimmer und beugte mich über die lachsrosa Toilettenschüssel, um das Etikett in kleine Schnipsel zu zerreißen, die ich hinunterspülen konnte. Wie Federn fielen sie ins Wasser und bald konnte ich das Wort Anfall nicht mehr lesen.
    Die gesamte Woche über hatte ich mich gefragt, ob irgendjemand an der Palmetto etwas über J. B.s Krankheit enthüllen würde, doch der wahre Grund seines Todes schien immer noch ein Geheimnis zu sein. Eigentlich überraschte es mich nicht besonders. So sehr, wie sich die Familie von J. B. hinter der klassisch-perfekten Südstaatenfassade verschanzte, war sie wahrscheinlich genau die richtige, um seine Anfälle geheim zu halten. Vielleicht folgte ich bloß ihrem Beispiel, wenn ich die Toilettenspülung betätigte.
    Dann kamen die Pillen an die Reihe. Ich musste sie nur ebenfalls hinunterspülen. Sobald sich der Wassertank wieder gefüllt hatte, musste ich das Fläschchen einfach kopfüber über die Schüssel halten und mich davon befreien.
    Meine Hand schwebte über der Toilette. Ich zitterte … Okay, jetzt die Flasche ausschütten …
    Ich konnte es nicht.
    Ich ließ mich auf die Schüssel sinken und legte den Kopf in die Hände. Gestern, vor Mike, hatte ich so getan, als würde mich nichts aus der Fassung bringen, aber wenn ich allein war, konnte ich offenbar immer noch nicht akzeptieren, was ich getan hatte. Diese Pillen waren alles, was mir von J. B. geblieben war, und vielleicht musste ich sie auf eine andere Weise, wie in einer Zeremonie, beseitigen. Als eine Art Tribut, anstatt sie in der Toilette zu entsorgen. Wie die Therapeutin zu sagen pflegte, zu der mich Mom schickte, als Dad uns verlassen hatte: Man muss für alles sein eigenes Ende finden. Allerdings hatte ich keine Ahnung, wie dieses Ende aussehen sollte.
    »Natalie!«
    Shit. Meine Mutter steckte den Kopf zur Tür herein. Gleich war sie nahe genug, um zu sehen, was ich in der Hand hatte. Schnell stopfte ich meine Hand mit dem Fläschchen in die Tasche meines Palmetto-Sweatshirts und drehte mich um.
    »Die Dukes sind hier. Zieh deine Schuhe an, wir wollen los«, sagte sie und zupfte ihr bauchfreies pinkfarbenes Top über ihrer pink-gelb karierten Caprihose zurecht.
    Ich ächzte auf, als es mir wieder einfiel. Der »Familien-Spaßtag« mit den Dukes würde ein Knaller werden. Dick hatte neulich verkündet, dass er auf der Suche nach einem neuen Grundstück sei – so wie andere Leute erklären, dass sie einen neuen Hut für den Frühling brauchen –, und jetzt zogen wir alle los auf Häuserjagd.
    Für Mom ging es heute darum, ihre Karten richtig auszuspielen in der Hoffnung, etwas wirklich Wesentliches von ihm zu bekommen – was, soweit ich es wusste, im Schlafzimmer offenbar nicht allzu häufig geschah. Für mich bedeutete es, schweigend zu leiden.
    Doch noch bevor mich Mom aus meinem Zimmer ziehen konnte, klopfte es schüchtern, und Darla steckte ihren mausartigen Kopf zur Tür herein.
    »Nat«, bat sie nervös, »hättest du etwas dagegen, wenn … ich hab mir Joghurt aufs T-Shirt

Weitere Kostenlose Bücher