Das Bourne-Attentat
konservative Krawatte. Seine kräftigen Beine endeten in auffallend zierlichen Füßen, die aussahen, als wären sie von einem anderen, viel kleineren Körper verpflanzt worden.
»Sie brauchen mir nicht Ihren Namen zu sagen«, meinte er, als er die zehntausend Schweizer Franken entgegennahm. »Namen sind meistens falsch.«
Die Lagerhalle war eine unter vielen in dieser schmutzigen, industriell geprägten Gegend am Stadtrand von Moskau, und deshalb völlig anonym. So wie in den anderen Gebäuden dieser Art stapelten sich im vorderen Bereich die Kisten auf Holzpaletten fast bis zur Decke. In einer Ecke stand ein Gabelstapler. Daneben hing eine Anschlagtafel voll mit Notizen, Informationsblättern, Rechnungen, Werbezetteln und Bekanntmachungen.
Bourne wurde zuerst fachmännisch nach Waffen durchsucht und dann durch eine Tür in eine gekachelte Toilette geführt, wo es nach Urin und Schweiß stank. In dem Raum gab es eine Rinne, durch die langsam das Wasser lief, und eine Reihe von Kabinen. Er wurde zur letzten Kabine geführt. Drinnen sah er statt einer Toilette eine Tür. Die beiden stämmigen Russen, die ihn empfangen hatten, führten ihn in ein Labyrinth von Büroräumen. Eines der Büros war erhöht auf einer Stahlplattform errichtet. Sie stiegen die Treppe zur Tür hinauf, wo ihn seine beiden Begleiter verließen, vermutlich um Wache zu stehen.
Maslow saß hinter einem luxuriösen Schreibtisch. Flankiert wurde er von zwei weiteren Männern, die genauso aussahen wie die beiden Wächter draußen. In einer Ecke saß ein Mann mit einer Narbe unter dem Auge, der ziemlich grimmig wirkte, was durch sein buntes Hawaiihemd ein wenig abgemildert wurde. Bourne spürte, dass noch jemand hinter ihm an der Tür war.
»Ich höre, Sie wollen mich sprechen«, sagte Maslow, und seine Klapperschlangenaugen leuchteten gelb in dem grellen Licht. Dann streckte er den linken Arm aus und gestikulierte mit der Handfläche nach oben, so als würde er Erde von sich wegschaufeln. »Da ist aber jemand, der Sie unbedingt treffen wollte.«
Aus dem Augenwinkel nahm Bourne wahr, dass sich die Gestalt hinter ihm auf ihn stürzte. Er drehte sich halb geduckt um und sah den Mann, der ihn in Tarkanians Wohnung empfangen hatte. Er griff mit dem Messer in der Hand an. Bourne konnte nur noch ausweichen, dann packte er den Mann mit der linken Hand am rechten Handgelenk und nutzte seinen eigenen Schwung, um ihn zu sich zu ziehen, so dass sein Gesicht gegen Bournes Ellbogen krachte.
Der Mann ging zu Boden. Bourne trat mit dem Schuh auf sein Handgelenk, bis er das Messer losließ, so dass Bourne es aufheben konnte. Im nächsten Augenblick richteten die beiden Leibwächter ihre Pistolen auf ihn. Ohne auf sie zu achten, streckte Bourne die Hand mit dem Messer über den Schreibtisch hinweg zu Maslow aus, um ihm die Waffe mit dem Griff voran zu reichen.
Maslow wandte sich jedoch dem Mann im Hawaiihemd zu, der aufstand und Bourne das Messer abnahm.
»Ich bin Dimitri Maslow«, sagte er zu Bourne.
Der bullige Mann im Bankeranzug stand auf und nickte Maslow ehrerbietig zu, der ihm das Messer gab und sich an den Schreibtisch setzte.
»Bring Evsej hinaus und sorg dafür, dass er eine neue Nase bekommt«, sagte Maslow zu niemand Bestimmtem.
Der Mann im Bankeranzug zog den benommenen Evsej hoch und schleppte ihn aus dem Büro.
»Schließ die Tür«, sagte Maslow, auch diesmal ohne jemand anzusehen.
Einer der stämmigen Leibwächter ging zur Tür, schloss sie und stellte sich davor. Er klopfte eine Zigarette aus einem Päckchen und zündete sie an.
»Setzen Sie sich«, sagte Maslow. Er zog eine Schublade auf, nahm eine Mauser heraus und legte sie in Reichweite auf den Schreibtisch. Erst jetzt hob er seine Augen wieder zu Bourne. »Mein lieber Freund Wanja hat mir erzählt, dass Sie für Boris Karpow arbeiten. Er sagt, Sie hätten angeblich Informationen, die ich gegen bestimmte Gruppen verwenden könnte, die sich in mein Territorium drängen wollen.« Er tippte mit den Fingern auf den Griff der Pistole. »Ich wäre aber ziemlich naiv, wenn ich annehmen würde, dass Sie mir diese Information geben, ohne etwas dafür zu verlangen. Also, was wollen Sie?«
»Ich will wissen, welche Verbindungen Sie zur Schwarzen Legion haben.«
»Ich? Gar keine.«
»Aber Sie haben schon von der Gruppe gehört.«
»Natürlich habe ich von ihr gehört.« Maslow runzelte argwöhnisch die Stirn. »Worauf wollen Sie hinaus?«
»Sie haben Ihren Mann Evsej in Michail Tarkanians
Weitere Kostenlose Bücher