Das Bourne-Attentat
Ihnen wirklich aufrichtig und in aller Form entschuldigen, Jason. Ich fürchte, ich hatte einen eigennützigen Grund, als ich Sie bat, an die Universität zurückzukehren.« Seine Augen waren voller Reue. »Gewiss, ich habe auch gedacht, dass es Ihnen guttäte, absolut. Aber ich wollte Sie auch in meiner Nähe haben, weil …« Er machte eine wegwerfende Geste, als wolle er alle Lügen wegwischen. »Weil ich Angst hatte, dass genau das passieren könnte, was heute früh passiert ist. Und jetzt habe ich große Sorge, dass ich mit meinem Egoismus auch Ihr Leben in Gefahr gebracht habe.«
Türkischer Tee, stark und aromatisch, wurde zusammen mit Eiern, Räucherfisch, Schwarzbrot und Butter serviert.
Bourne und Specter saßen an einem langen Tisch, der mit einem weißen handgenähten Leinentuch bedeckt war. Das Porzellangeschirr und das Silberbesteck waren von höchster Qualität – auch das erstaunlich, nachdem Bourne den Professor stets für einen anspruchslosen Menschen gehalten hatte. Sie saßen schweigend da, während ein schlanker junger Mann das perfekt zubereitete Frühstück servierte.
Als Bourne eine Frage stellen wollte, unterbrach ihn Specter. »Zuerst müssen wir etwas in den Magen bekommen und zu Kräften kommen, damit das Gehirn ordentlich arbeiten kann.«
Die beiden Männer sprachen nicht mehr, bis sie fertig waren, das Geschirr abgeräumt wurde und eine frische Kanne Tee gebracht wurde. Eine kleine Schüssel mit riesigen Med- jool-Datteln und frischen halbierten Granatäpfeln stand zwischen ihnen.
Als sie wieder allein im Esszimmer waren, sagte Specter ohne ein einleitendes Wort: »Vorgestern Abend erfuhr ich, dass ein ehemaliger Student von mir, dessen Vater ein enger Freund war, ermordet wurde. Dieser junge Mann, Pjotr Zilber, war ein außergewöhnlicher Mensch. Er war nicht nur ein Student von mir – er leitete auch ein Informationsnetzwerk, das mehrere Länder umspannte. Nach einigen schwierigen und gefährlichen Monaten gelang es ihm mit List und zähen Verhandlungen, ein wichtiges Dokument für mich zu besorgen. Aber dann fiel er seinen Feinden in die Hände, und das hatte die unvermeidlichen Konsequenzen. Das ist genau das, was ich befürchtet habe. Es klingt vielleicht melodramatisch, aber ich versichere Ihnen, es ist die Wahrheit: Der Krieg, den ich seit fast zwanzig Jahren führe, tritt jetzt in die entscheidende Phase.«
»Was für ein Krieg, Professor?«, fragte Bourne. »Gegen wen?«
»Dazu komme ich gleich.« Specter beugte sich vor. »Ich kann mir vorstellen, dass Sie neugierig sind, wahrscheinlich schockiert, dass ein Universitätsprofessor in Dinge verwickelt ist, die mehr in den Bereich von Jason Bourne fallen.« Er hob beide Arme, wie um das Haus um ihn herum zu umfassen. »Aber wie Sie gewiss schon bemerkt haben, gibt es so einiges an mir, was man nicht vermuten würde.« Er lächelte traurig. »Das haben wir zwei gemeinsam, nicht wahr?
Nachdem ich also auch ein Doppelleben führe, verstehe ich Sie besser als die meisten anderen. Ich brauche die eine Persönlichkeit, wenn ich auf den Campus komme, aber hier bin ich ein ganz anderer.« Er tippte sich mit dem Zeigefinger an die Nase. »Gleich als ich Sie kennenlernte, habe ich gerochen, dass Sie mir irgendwie ähnlich sind. Ich habe es zum Beispiel an der Art gesehen, wie Sie die Leute und die Dinge um Sie herum beobachten und auf jede Kleinigkeit achten.«
Bournes Handy klingelte. Er klappte es auf, hörte sich an, was Deron zu sagen hatte, und steckte es wieder ein.
»Der Cadillac wurde als gestohlen gemeldet – eine Stunde bevor er vor dem Restaurant auftauchte.«
»Das ist keine Überraschung.«
»Wer hat versucht, Sie zu entfuhren, Professor?«
»Ich weiß, Sie können es nicht erwarten, die Fakten zu hören, Jason. Das ginge mir genauso an Ihrer Stelle. Aber ich versichere Ihnen, die Fakten würden Ihnen nichts sagen, wenn ich nicht vorher ein bisschen weiter ausholen würde. Wie gesagt, ich habe auch eine andere Seite, die man mir nicht ansieht – ganz konkret gesagt heißt das, ich bin ein Terroristenjäger. Über viele Jahre hinweg habe ich im Schutz meiner Tätigkeit an der Universität ein Netzwerk von Leuten aufgebaut, die Informationen sammeln, genauso wie Ihre CI. Doch die Informationen, um die es dabei geht, sind sehr speziell. Es gibt da eine Gruppe von Leuten – sie haben mir eines Tages meine Frau genommen. Als ich einmal weg war, haben sie sie mitten in der Nacht aus dem Haus geholt, gefoltert,
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