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Das Bourne-Attentat

Das Bourne-Attentat

Titel: Das Bourne-Attentat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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letztlich alle etwas brauchten – auch jene, die sich einredeten, dass es nicht so war. Arkadin wusste, was er selbst brauchte; es war nur so, dass er nicht daran denken wollte. Sie brauchte einen Vater, das war ziemlich klar. Er hatte trotzdem das Gefühl, dass da irgendetwas an ihr war, das ihm entging, das sie ihm nicht gesagt hatte, von dem sie aber wollte, dass er es fand. Die Antwort war schon irgendwo in ihm, zum Greifen nah. Doch sobald er versuchte, sie zu fassen, entschwand sie wie ein Glühwürmchen, das durch die Nacht tanzte. Das Gefühl machte ihn irgendwie verrückt – so als würde man mit einer Frau schlafen, ohne zum Orgasmus kommen zu können.
    Und dann bewegte sie sich und sagte leise seinen Namen. Es war wie ein Blitz, der plötzlich das Zimmer erhellte. Er sah sich wieder im Regen auf dem Dach, der Mann mit dem Muttermal stand über ihm, und Arkadin hörte wieder, was er zu Devra sagte.
    »Du warst für ihn verantwortlich«, warf ihr der Kerl vor und meinte damit Filja.
    Arkadins Herz schlug schneller. Du warst für ihn verantwortlich. Warum sagte der Mann so etwas, wenn Filja doch der Kurier in Sewastopol war? Unwillkürlich strich Arkadin über die samtweiche Haut an Devras Hals. Dieses raffinierte kleine Miststück! Filja war in Wahrheit nur ein Soldat. Sie war der Kurier in Sewastopol. Sie hatte das Dokument an das nächste Glied in der Kette weitergeleitet. Sie wusste, wo er als Nächstes hinmusste.
    Arkadin hielt sie fest in den Armen, als er endlich alles hinter sich ließ und zufrieden in den Schlaf sank, in die blutigen Klauen seiner Vergangenheit.
    Arkadin hätte sich umgebracht, das stand fest, wenn Semjon Ikupow nicht gewesen wäre. Arkadins bester und einziger Freund, Mischa Tarkanian, hatte sich aus Sorge um sein Leben an den Mann gewandt, für den er arbeitete. Arkadin erinnerte sich mit fast unheimlicher Klarheit an den Tag, an dem Ikupow zu ihm gekommen war. Als er zu ihm ins Zimmer trat, war Arkadin halb wahnsinnig von dem Wunsch, zu sterben, und er setzte seine Makarow-Pistole an Ikupows Kopf – dieselbe Waffe, mit der er sich selbst das Hirn aus dem Schädel pusten würde.
    Man musste Ikupow zugutehalten, dass er keine Regung zeigte. Er stand in den Trümmern von Arkadins Moskauer Wohnung, ohne Arkadin auch nur anzusehen. In seinem verzweifelten Zustand verstand Arkadin nicht, was das Ganze sollte. Viel später erst wurde ihm klar, was damals passiert war. Genauso wie man einem Bären nicht in die Augen sah, solange er einen nicht angriff, hatte Ikupow den Blick auf andere Dinge gerichtet – auf die zerbrochenen Bilderrahmen, das zertrümmerte Geschirr, die umgeworfenen Stühle und die Asche des Feuers, in dem Arkadin seine Kleider verbrannt hatte.
    »Mischa hat mir gesagt, dass Sie gerade eine schwere Zeit durchmachen.«
    »Mischa sollte lieber den Mund halten.«
    Ikupow breitete die Hände aus. »Irgendjemand muss ja Ihr Leben retten.«
    »Was wissen Sie schon davon?«, versetzte Arkadin bitter.
    »Es stimmt, ich weiß nichts davon, was Ihnen zugestoßen ist«, sagte Ikupow.
    Arkadin drückte seinem Besucher den Lauf der Pistole in die Schläfe und trat noch näher heran. »Dann halten Sie gefälligst den Mund.«
    »Was mich interessiert, ist das Hier und Jetzt«, fügte Ikupow hinzu, ohne mit der Wimper zu zucken. »Verdammt, Junge, sehen Sie sich doch an. Wenn Sie schon nicht um Ihrer selbst willen von dem Abgrund zurückgehen wollen, an dem Sie stehen, dann tun Sie’s für Mischa. Der Mann liebt Sie mehr, als ein Bruder es tun würde.«
    Arkadin atmete ruckartig aus, so als würde er etwas Giftiges ausspucken. Er nahm die Pistole von Ikupows Kopf.
    Ikupow streckte die Hand aus. Als Arkadin zögerte, sagte er in sanftem Ton: »Wir sind hier nicht in Nischni Tagil. Hier ist niemand, gegen den Sie sich wehren müssen, Leonid Danilowitsch.«
    Arkadin nickte kurz und gab ihm die Pistole. Ikupow rief einen Namen und gab die Waffe einem der beiden Kleiderschränke, die still und leise draußen im Gang gewartet hatten. Arkadin spannte sich an, wütend auf sich selbst, dass er ihre Anwesenheit nicht gespürt hatte. Die beiden Männer waren offensichtlich Leibwächter. In seinem momentanen Zustand hätten sie Arkadin leicht ausschalten können. Er sah Ikupow an, der kurz nickte, und eine stillschweigende Verbindung zwischen ihnen beiden entstand.
    »Es gibt für Sie jetzt nur einen Weg«, sagte Ikupow. Er setzte sich auf das Sofa in Arkadins verwüsteter Wohnung, gab dem

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