Das Bourne-Attentat
Linguistik.«
»Wirklich?«
Obwohl sie schon eine Dreiviertelstunde auf dem Eis unterwegs waren, fühlte sich Ikupow noch kein bisschen müde. Harun wusste, dass er erst richtig warm wurde. Sie befanden sich in einem spektakulären Land. Der Urlaubsort Grindelwald lag mitten im Berner Oberland – mit Blick auf drei der berühmtesten Berge der Schweiz – Jungfrau, Mönch und Eiger –, die weiß glitzerten von Schnee und Eis.
»Es sieht so aus, als wäre Bournes Schwachstelle, dass er relativ leicht zu beeinflussen ist, wenn er jemanden als Mentor akzeptiert. Der erste war ein Mann namens Alexander Conklin, der …«
»Ich habe Alex gekannt«, fiel ihm Ikupow ins Wort. »Das war vor deiner Zeit. In einem anderen Leben, so kommt es mir vor.« Er nickte. »Bitte, sprich weiter.«
»Offenbar hat unser Freund es geschafft, sein neuer Mentor zu werden.«
»Ich muss dich unterbrechen. Das kommt mir sehr unwahrscheinlich vor.«
»Warum hat Bourne dann Michail Tarkanian getötet?«
»Mischa.« Ikupow zögerte einen Augenblick. »Allah bewahre uns! Weiß es Leonid Danilowitsch schon?«
»Zu Arkadin haben wir im Moment keinen Kontakt.«
»Wie kommt er voran?«
»Er war in Sewastopol, hat die Stadt aber schon wieder verlassen.«
»Das ist immerhin etwas.« Ikupow schüttelte den Kopf. »Uns läuft langsam die Zeit davon.«
»Arkadin weiß das auch.«
»Ich will, dass er noch nichts von Tarkanians Tod erfährt. Mischa war sein bester Freund; sie standen sich näher als Brüder. Er darf unter keinen Umständen von seiner Mission abgelenkt werden.«
Eine reizende junge Frau streckte ihre Hand aus, als sie neben ihnen herlief. Ikupow nahm ihre Hand und tanzte mit ihr eine Weile übers Eis, was ihm ein Gefühl gab, als wäre er noch einmal zwanzig. Als er zurückkam, drehten die beiden Männer weiter ihre Runden um den Eislaufplatz. Das beschwingte Dahingleiten half ihm beim Denken, hatte er einmal zu Harun gesagt.
»Nach dem, was du mir gesagt hast«, meinte Ikupow schließlich, »könnte uns dieser Jason Bourne unvorhergesehene Probleme bereiten.«
»Du kannst davon ausgehen, dass unser Freund Bourne für seine Sache gewonnen hat, indem er ihm erzählt hast, dass du für den Tod von …«
Ikupow brachte ihn mit einem warnenden Blick zum Schweigen. »Das glaube ich auch. Aber die Frage, die wir uns stellen müssen, lautet: Wie viel von der Wahrheit hat er Bourne zu erzählen gewagt?«
»Wie ich unseren Freund kenne«, antwortete Harun, »würde ich sagen – sehr wenig, wenn überhaupt etwas.«
»Ja.« Ikupow tippte sich mit dem behandschuhten Zeigefinger an die Lippen. »Und wenn das der Fall ist, dann können wir die Wahrheit gegen ihn verwenden, meinst du nicht auch?«
»Wenn wir an Bourne herankommen«, gab Harun zu bedenken. »Und wenn wir ihn überzeugen können.«
»Oh, er wird uns glauben. Dafür werde ich sorgen.« Ikupow vollführte eine elegante Drehung. »Du kümmerst dich darum, dass wir an ihn herankommen, bevor er noch mehr Schaden anrichtet. Es ist schon schlimm genug, dass wir unseren Mann im Lager unseres Freundes verloren haben. Noch mehr Tote können wir uns nicht leisten.«
In München ging ein kalter Regen nieder. Die Stadt war auch bei besserem Wetter eher grau, doch in diesem Regen schien sie sich in sich selbst zurückzuziehen. Wie eine Schildkröte zog sie den Kopf in ihren Betonpanzer und kehrte allen Besuchern den Rücken.
Bourne und Moira saßen in dem geräumigen Jet von Next- Gen. Bourne telefonierte mit seinem Handy; er buchte bereits den Anschlussflug nach Moskau.
»Ich wünschte, ich könnte dafür sorgen, dass sie dir den Flieger für den Weiterflug überlassen«, sagte Moira, nachdem er das Handy wieder eingesteckt hatte.
»Wirklich?«, erwiderte Bourne. »Wär’s dir nicht lieber, wenn ich hier bei dir bleiben würde?«
»Ich habe dir schon gesagt, dass das keine gute Idee wäre.«
Sie blickte auf den nassen Asphalt hinaus, dem Treibstoff- und Ölflecken einen Regenbogenschimmer verliehen. Regentropfen liefen über das Fenster wie Autos auf verschiedenen Fahrspuren. »Und ich wäre am liebsten gar nicht hier.«
Bourne öffnete die Aktenmappe, die er Veronica Hart abgenommen hatte, drehte sie um und hielt sie ihr hin. »Ich möchte, dass du dir das hier ansiehst.«
Moira legte die Mappe auf ihren Schoß und blätterte sie durch. Plötzlich blickte sie auf. »War’s die CI, die mich überwacht hat?« Als Bourne nickte, sagte sie: »Nun, da bin ich ja
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