Das Bourne-Attentat
was mir Sorgen macht«, erwiderte Soraya, »und das sind Sie, Mr. LaValle.«
»Ich verstehe Sie vollkommen«, versicherte LaValle und trank seinen Whisky aus. »Darum geht es ja bei dieser Übung, Director. Das könnte Vertrauen zwischen uns schaffen. Wie sollten wir sonst in Zukunft zusammenarbeiten?«
General Kendall ließ Soraya von einem seiner Fahrer zurückbringen. Sie stieg dort aus, wo sie sich zuvor mit Kendall getroffen hatte, vor dem ehemaligen National Historical Wax Museum in der E Street. Sie wartete, bis der schwarze Ford im Verkehr verschwand, dann ging sie in ganz normalem Tempo einmal um den Block. Als sie sich sicher war, dass ihr niemand folgte, weder von der NSA noch sonst jemand, zog sie ihr Handy heraus und schickte eine aus drei Buchstaben bestehende Nachricht ab. Zwei Minuten später tauchte ein Mann auf einem Motorrad auf. Er trug Jeans, eine schwarze Lederjacke und einen schimmernden schwarzen Helm, dessen getöntes Visier unten war. Er hielt vor ihr an, um sie aufsteigen zu lassen, und reichte ihr einen Helm. Als sie ihn aufgesetzt hatte, fuhr er weiter die Straße entlang.
»Ich habe mehrere Kontakte in der DARPA«, sagte Deron. DARPA stand für Defense Advanced Research Projects Agency, eine Forschungsagentur innerhalb des Verteidigungsministeriums. »Ich weiß recht gut Bescheid über die Software, mit der das Überwachungssystem der NSA funktioniert.« Er zuckte mit den Achseln. »Das hilft mir, meine eigenen Dinge weiterzuentwickeln.«
»Es muss doch ’nen Weg geben – drum rum oder mittendurch«, meinte Tyrone.
Er trug immer noch seine schwarze Lederjacke. Sein schwarzer Helm lag auf einem Tisch neben dem Helm, den er Soraya für die Expressfahrt zu Derons Hauslabor geliehen hatte. Soraya hatte Deron und Tyrone kennengelernt, als Bourne einmal mit ihr zu dem unauffälligen Haus an der 7 th Street NE gefahren war.
»Du machst Witze, oder?« Deron, ein großer schlanker, gut aussehender Mann, dessen Haut die Farbe von hellem Kakao hatte, blickte zwischen ihnen hin und her. »Sagt mir bitte, dass das ein Witz ist.«
»Wenn’s ein Witz wäre, wären wir nicht hier.« Soraya rieb sich die Schläfe mit dem Handballen und bemühte sich, die Kopfschmerzen zu ignorieren, die sie nach ihrem Gespräch mit LaValle und Kendall bekommen hatte.
»Das ist ganz einfach nicht möglich.« Deron stemmte die Hände in die Hüfte. »Diese Software ist das Beste, was es zurzeit gibt. Und dazu zweitausend Überwachungskameras! Verdammt.«
Sie saßen auf Segeltuchstühlen in seinem Labor, einem hohen Raum, vollgepackt mit Monitoren, Keyboards und elektronischen Systemen, über deren Funktion nur Deron Bescheid wusste. An den Wänden hingen Gemälde – allesamt Meisterwerke von Tizian, Seurat, Rembrandt und van Gogh. Claude Monets Seerosen, Grüne Reflexionen, linker Teil war Sorayas Lieblingsbild. Als sie erfahren hatte, dass Deron alle diese Bilder im Atelier nebenan selbst gemalt hatte, konnte sie es kaum glauben. Und sie staunte immer noch, wenn sie sie sah. Es war ihr unbegreiflich, wie er Monets kobaltblauen Farbton so haargenau hatte treffen können. Es überraschte sie nicht, dass Bourne seine Ausweispapiere stets von Deron fälschen ließ. Viele Fälscher hatten inzwischen aufgegeben, weil die Behörden ihre Arbeit immer mehr erschwerten – doch Deron war stolz darauf, sein Handwerk weiter zu betreiben. Kein Wunder, dachte Soraya, dass er und Bourne sich so nahestanden; die beiden waren sich in vielem ähnlich.
»Was ist mit Spiegeln?«, fragte Tyrone.
»Das wäre das Einfachste«, antwortete Deron. »Aber einer der Gründe, warum sie so viele Kameras installiert haben, ist, dass so jede Stelle von mehreren Seiten beobachtet wird. Damit scheiden Spiegel schon einmal aus.«
»Zu dumm, dass Bourne diesen Scheißkerl Karim al-Jamil kaltgemacht hat. Er könnte denen vielleicht ’nen Wurm in die DARPA-Software reinknallen, so wie er’s mit der CI-Daten- bank gemacht hat.«
Soraya wandte sich Deron zu. »Ist es machbar?«, fragte sie. »Könntest du’s schaffen?«
»Ich bin kein Hacker. So was überlasse ich meiner Lady.«
Soraya hatte nicht gewusst, dass Deron eine Freundin hatte. »Wie gut ist sie?«
»Bitte«, schnaubte Deron verächtlich.
»Können wir mit ihr sprechen?«
Deron machte ein skeptisches Gesicht. »Wir reden hier von der NSA. Diese Ärsche machen keine halben Sachen. Ehrlich gesagt würde ich dir raten, dich nicht mit ihnen einzulassen.«
»Leider bleibt mir
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