Das Bourne-Attentat
nichts anderes übrig«, erwiderte Soraya.
»Sie wollen uns verarschen«, fugte Tyrone hinzu. »Und wenn wir ihnen nicht so richtig eins reinwürgen, dann machen sie mit uns, was sie wollen, und wir werden sie nie wieder los.«
Deron schüttelte den Kopf. »Du hast dem Jungen wirklich interessante Ideen in den Kopf gesetzt, Soraya. Bevor du hier aufgekreuzt bist, war er der beste Aufpasser, den ich je hatte. Jetzt sieh ihn dir an. Er lässt sich mit den großen Tieren in der bösen Welt da draußen ein.« Er verbarg nicht, wie stolz er auf Tyrone war, aber in seiner Stimme schwang auch eine Warnung mit. »Ich hoffe wirklich, du weißt, worauf du dich da einlässt, Tyrone. Wenn diese Sache schiefgeht, dann haben sie dich in der Mangel bis ans Ende deiner Tage.«
Tyrone verschränkte die Arme vor der Brust, offensichtlich nicht gewillt, von seinem Vorhaben abzurücken.
Deron seufzte. »Na schön. Wir sind ja alle erwachsene Leute hier.« Er griff nach seinem Handy. »Kiki ist oben in ihrer Höhle. Sie lässt sich nicht gern stören, aber in diesem Fall könnte ich mir vorstellen, dass sie interessiert ist.« Er sprach kurz in sein Handy, dann legte er es weg. Wenige Augenblicke später erschien eine schlanke Frau mit einem wunderschönen afrikanischen Gesicht und schokoladefarbener Haut. Sie war genauso groß wie Deron und hatte die stolze, aufrechte Haltung einer Königin.
Ein breites Lächeln trat auf ihre Lippen, als sie Tyrone sah. »Hey«, begrüßten sie sich. Mehr als dieses eine Wort war offenbar zwischen ihnen nicht nötig.
»Kiki, das ist Soraya«, sagte Deron.
»Mein Name ist eigentlich Esiankiki«, erklärte sie mit ihrem strahlenden Lächeln. »Ich bin Massai. Aber in Amerika nehme ich’s nicht so genau; hier nennt mich jeder nur Kiki.«
Die beiden Frauen schüttelten einander die Hand. Kiki betrachtete Soraya mit ihren großen kaffeebraunen Augen. Sie hatte die glatteste Haut, die Soraya je gesehen hatte und um die sie sie sofort beneidete. Ihr Haar war sehr kurz, so dass es wie eine Mütze auf ihrem länglichen Kopf wirkte. Sie trug ein braunes knöchellanges Kleid, das ihre schmalen Hüften und ihre kleinen Brüste betonte.
Deron erläuterte ihr kurz das Problem, während er ihr auf einem seiner Computer-Terminals die Struktur der DARPA- Software zeigte. Während Kiki sie sich ansah, erklärte er ihr die wichtigsten Grundlagen. »Wir brauchen etwas, das die Firewall überwindet und nicht zu entdecken ist.«
»Das Erstere sollte nicht schwer sein.« Kikis lange zarte Finger flogen über die Tastatur, als sie an dem Computer- Code zu arbeiten begann. »Was das andere betrifft – das kann ich noch nicht sagen.«
»Leider ist das noch nicht alles.« Deron stand hinter ihr und guckte ihr über die Schulter.
»Diese spezielle Software kontrolliert zweitausend Überwachungskameras. Unsere Freunde hier müssen in die Anlage hinein- und wieder herauskommen, ohne entdeckt zu werden.«
Kiki stand auf und drehte sich zu ihnen um. »Mit anderen Worten – es müssen alle zweitausend Kameras lahmgelegt werden.«
»Genau«, sagte Soraya.
»Ihr braucht keinen Hacker, meine Liebe. Was ihr braucht, ist jemand, der unsichtbar ist.«
»Aber du kannst sie unsichtbar machen, Kiki.« Deron legte seinen Arm um ihre schlanke Taille. »Stimmt’s?«
»Hmm.« Kiki wandte sich wieder dem Code auf dem Bildschirm zu. »Wisst ihr, es sieht so aus, als wäre da eine wiederkehrende Abweichung, die ich vielleicht nützen kann.« Sie setzte sich auf einen Hocker. »Ich nehme mir das Ganze mit nach oben.«
Deron zwinkerte Soraya zu, wie um auszudrücken: Hab ich’s nicht gesagt!
Kiki schickte eine Reihe von Dateien zu ihrem Computer hinauf. Dann wirbelte sie herum, klatschte sich mit den Händen auf die Schenkel und stand auf. »Okay, dann sehen wir uns später.«
»Wie viel später?«, fragte Soraya, doch Kiki lief bereits die Treppe hinauf.
Moskau war in Schnee gehüllt, als Bourne in Scheremetjewo aus der Aeroflot-Maschine ausstieg. Weil die Landebahn enteist werden musste, hatte der Flug vierzig Minuten Verspätung. Nachdem er durch den Zoll gekommen war, wurde er von einem kleinen katzenartigen Mann in einem weißen Daunenmantel empfangen. Lew Baronow, Professor Specters Kontaktmann.
»Kein Gepäck, wie ich sehe«, sagte Baronow auf Englisch mit ausgeprägtem Akzent. Drahtig und lebhaft wie ein Jack- Russell-Terrier, drängte er sich mitten durch das kleine Heer von illegalen Taxifahrern, die um die
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