Das Bourne-Attentat
nacheinander benutzten. Und vor allem war das Zimmer warm.
»Haydar ist ein Spieler«, fuhr sie fort. »Fast jeden Abend sitzt er im Hinterzimmer eines Cafés hier im Ort. Er kennt den Besitzer, der sie spielen lässt, ohne eine Gebühr zu verlangen. Ja, er spielt sogar einmal die Woche mit.« Sie sah auf ihre Uhr. »Er ist jetzt sicher dort.«
»Und was nützt uns das? Eure Leute beschützen ihn sicher auch dort.«
»Stimmt, und deshalb gehen wir auch nicht dorthin.«
Eine Stunde später saßen sie in ihrem Mietwagen, der an einer zweispurigen Straße stand. Die Lichter hatten sie ausgeschaltet. Es war kalt im Wagen. Der Schneefall, den sie erwartet hatten, war doch ausgeblieben. Der Halbmond am Himmel beleuchtete die Wolken und die bläulichen Schneewehen an der Straße.
»Das ist der Weg, auf dem Haydar zu dem Café kommt und auf dem er es auch wieder verlässt.« Devra hielt ihre Uhr ins Mondlicht, das von den Schneewehen zurückgeworfen wurde. »Er sollte jeden Moment auftauchen.«
Arkadin saß am Lenkrad. »Zeig mir einfach nur, welches Auto es ist, den Rest überlass mir«, sagte er mit der Hand am Zündschlüssel. »Wir müssen auf alles gefasst sein. Er könnte eine Eskorte haben.«
»Wenn er Wächter bei sich hat, dann sitzen sie bestimmt bei ihm im Wagen«, erwiderte Devra. »Die Straßen sind so schlecht, dass es extrem schwer wäre, ihn von einem zweiten Fahrzeug aus im Auge zu behalten.«
»Ein Wagen«, sagte Arkadin. »Umso besser.«
Wenige Augenblicke später wurde die Nacht von einem Licht erhellt, das sich unterhalb der Straßenkuppe bewegte.
»Scheinwerfer«, sagte Devra angespannt. »Die Richtung stimmt auch.«
»Kennst du seinen Wagen?«
»Ich kenne ihn. Es gibt nicht viele Autos hier in der Gegend – hauptsächlich Lastwagen.«
Das Licht wurde heller. Dann sahen sie die Scheinwerfer, als sich das Auto der Straßenkuppe näherte. An der Lage der Scheinwerfer erkannte Arkadin, dass es ein Pkw und kein Laster war.
»Er ist es«, sagte sie.
»Steig aus«, rief Arkadin. »Lauf! Lauf los!«
»Fahren Sie nur im ersten Gang«, wies Bourne den Taxifahrer an, »bis ich Ihnen etwas anderes sage.«
»Ich glaube nicht …«
Aber Bourne hatte die Tür zum Bürgersteig schon aufgerissen und spurtete auf die beiden Männer zu. Einer hielt Gala fest, der andere drehte sich um und hob die Hand, vielleicht ein Signal an eines der wartenden Autos. Bourne schlug ihm mit beiden Handkanten gegen die Taille, zog den Kopf des Mannes zu seinem hochgezogenen Knie herunter, und der Mann ging zu Boden.
Der zweite wirbelte Gala herum, so dass sie zwischen ihm und Bourne war. Er griff nach seiner Waffe, aber Bourne war schneller. Er sprang um Gala herum auf den Mann zu. Der Russe wollte Bournes Angriff abwehren, doch Gala trat ihm mit dem Absatz auf den Fuß. Das war genau die Ablenkung, die Bourne brauchte. Mit einer Hand zog er sie an der Taille zu sich und verpasste dem Mann einen wuchtigen Faustschlag gegen die Kehle. Der Mann riss die Hände hoch, würgte und rang nach Luft. Mit zwei Schlägen in die Magengrube schickte Bourne ihn ebenfalls zu Boden.
»Komm mit!«
Bourne nahm Gala an der Hand und eilte mit ihr zu dem Taxi, das immer noch langsam mit offener Tür dahinrollte. Bourne schob sie in den Wagen, stieg hinter ihr ein und knallte die Tür zu.
»Losfahren!«, rief er dem Fahrer zu. »Schnell!«
Gala zitterte vor Kälte und kurbelte das Fenster hoch.
»Mein Name ist Jakow«, sagte der Taxifahrer und reckte den Hals, um sie im Rückspiegel anzusehen. »Ihr macht mir heute viel Aufregung. Gibt’s noch mehr? Wo soll ich euch hinbringen?«
»Fahren Sie einfach nur ein bisschen herum«, sagte Bourne.
Einige Blocks weiter bemerkte er, dass Gala ihn anstarrte.
»Du hast nicht gelogen«, sagte sie.
»Du auch nicht. Die Kazanskaja glaubt offenbar wirklich, dass du weißt, wo Leonid ist.«
»Leonid Danilowitsch Arkadin.« Sie war immer noch etwas außer Atem. »Das ist sein voller Name. Das wolltest du doch wissen, oder?«
»Was ich will«, erwiderte Bourne, »ist, mich mit Dimitri Maslow treffen.«
»Mit dem Chef der Kazanskaja? Du bist verrückt.«
»Leonid hat sich mit einer üblen Bande eingelassen«, sagte Bourne. »Er hat dich in Gefahr gebracht. Wenn ich Maslow nicht klarmachen kann, dass du nicht weißt, wo Arkadin ist, bist du nie mehr sicher.«
Zitternd schlüpfte Gala wieder in ihre Pelzjacke. »Warum hast du mich gerettet?« Sie zog die Jacke eng um ihren schlanken Körper.
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