Das Bourne-Attentat
»Warum tust du das?«
»Weil ich es nicht zulassen will, dass Arkadin dich den Wölfen zum Fraß vorwirft.«
»Das tut er nicht«, protestierte sie.
»Wie würdest du’s denn nennen?«
Sie öffnete den Mund, doch dann biss sie sich auf die Lippe, als könnte der Schmerz ihr helfen, eine Antwort zu finden.
Sie hatten den Gartenring erreicht. Der Verkehr jagte in schwindelerregendem Tempo vorüber. Und ihr Taxifahrer wollte seinen rasenden Kollegen nicht nachstehen.
»Wohin?«, fragte er über die Schulter zurück.
Sie schwiegen einen Moment lang. Dann beugte sich Gala vor und nannte ihm eine Adresse.
»Und wo zum Teufel soll das sein?«, fragte der Fahrer.
Es war durchaus typisch, dass der Mann die Adresse nicht kannte. Nachdem kaum einer der Taxifahrer aus Moskau stammte, hatten sie fast nie eine Ahnung, wo irgendetwas lag.
Unbeirrt beschrieb ihm Gala, wie er fahren musste, als sie sich in den wahnwitzigen Verkehr stürzten.
»Wir können ja nicht in die Wohnung zurück«, erklärte Gala. »Darum fahren wir zu meiner Freundin. Das habe ich schon öfter gemacht. Sie ist das schon gewohnt.«
»Weiß die Kazanskaja von ihr?«
Gala runzelte die Stirn. »Ich glaube nicht, nein.«
»Das Risiko können wir nicht eingehen.« Bourne nannte dem Fahrer die Adresse eines neuen amerikanischen Hotels in der Nähe des Roten Platzes. »Das ist der letzte Ort, an dem sie dich suchen werden«, sagte er, als der Fahrer hochschaltete und sie durch die nächtlichen Moskauer Straßen brausten.
Als er allein im Wagen war, ließ Arkadin den Motor an und fuhr los. Er stieg aufs Gaspedal und beschleunigte so abrupt, dass es ihm den Kopf zurückriss. Kurz bevor er gegen die rechte Ecke von Haydars Wagen krachte, schaltete er die Scheinwerfer ein. Er sah Haydars Leibwächter auf dem Rücksitz. Sie drehten sich um, als Arkadins Wagen von hinten aufprallte. Das Heck von Haydars Wagen schwenkte nach links; Arkadin bremste scharf, rammte die rechte hintere Tür und drückte sie ein. Haydar, der am Lenkrad saß, verlor die Herrschaft über den Wagen. Er drehte sich von der Straße und krachte mit dem Heck gegen einen Baum. Die Stoßstange brach, und der Wagen blieb liegen. Arkadin hielt neben der Straße an, stieg aus und eilte zu Haydar. Die Scheinwerfer seines Mietwagens leuchteten genau in das schwer beschädigte Auto. Er sah Haydar hinter dem Lenkrad sitzen; er war bei Bewusstsein, stand aber offensichtlich unter Schock. Nur einer der Männer auf dem Rücksitz war zu sehen. Sein Kopf war auf eine Seite zurückgeworfen. Da war Blut in seinem Gesicht, das in dem grellen Licht glänzte.
Haydar duckte sich ängstlich, als Arkadin sich seinen Leibwächtern zuwandte. Die beiden hinteren Türen waren so eingedrückt, dass sie sich nicht öffnen ließen. Mit dem Ellbogen schlug Arkadin eines der Fenster ein und sah hinein. Einen der beiden Männer hatte es erwischt, als Arkadin in die Autotür krachte. Er lag nun halb auf dem Schoß des anderen Leibwächters, der noch aufrecht saß, sich aber ebenfalls nicht rührte.
Als Arkadin sich anschickte, Haydar aus dem Wagen zu zerren, kam Devra herangelaufen. Haydar riss die Augen weit auf, als er sie wiedererkannte. Sie stürmte auf Arkadin zu und riss ihn von den Beinen.
Haydar verfolgte staunend, wie sich die beiden im Schnee wälzten, nun nicht mehr im Licht der Scheinwerfer. Er sah, wie sie auf ihn einschlug und sich der viel kräftigere Mann wehrte, bis er schließlich die Oberhand gewann. Da wich Devra zurück, und Haydar konnte in der Dunkelheit erkennen, dass sie plötzlich ein Messer in der Hand hatte. Sie stach zu, immer wieder und wieder.
Als sie sich aufrichtete und wieder im Licht der Scheinwerfer war, sah er, dass sie schwer atmete. Ihre Hand war leer. Haydar nahm an, dass das Messer im Körper ihres Gegners steckte. Sie taumelte einen Moment lang, dann kam sie zu ihm herüber.
Als sie bei seinem Wagen war, riss sie die Tür auf. »Bist du okay?«
Er nickte und wich vor ihr zurück. »Ich habe gehört, du hättest die Seite gewechselt.«
Sie lachte. »Das habe ich diesem Hundesohn hier vorgespielt. Er hat Schumenko und Filja erwischt. Da dachte ich mir, dass ich nur überleben kann, wenn ich mitspiele, bis sich eine Gelegenheit ergibt, ihn auszuschalten.«
Haydar nickte. »Das ist jetzt die entscheidende Schlacht. Es war deprimierend, zu hören, dass du zur Verräterin geworden sein sollst. Ich weiß, dass einige von uns denken, du hättest dir deinen Status in Pjotrs
Weitere Kostenlose Bücher