Das Bourne Duell
stieg aus. Was Tanirt ihm gesagt hatte, änderte seinen Plan – und das nicht zum Besseren, wie er fand. Aber ihm blieb nichts anderes übrig, das hatte sie ihm ganz deutlich zu verstehen gegeben.
Er blickte zum Himmel hinauf, der so blass und farblos war, wie man es oft um fünf Uhr morgens sah, obwohl es jetzt später Nachmittag war. Statt zu der Adresse
zu gehen, die Tanirt ihm gegeben hatte, nämlich dem Haus von Severus Domna, suchte er ein Café oder Restaurant. Als er ein passendes gefunden hatte, trat er ein und setzte sich an einen Tisch, von dem er die Eingangstür im Auge behalten konnte. Er bestellte sich einen Teller Couscous und dazu Whisky berbère, was nichts anderes war als Minztee. Er wartete mit übereinandergeschlagenen Beinen, und seine Gedanken waren nur bei Soraya. Das kleine Glas wurde vor ihn auf den Tisch gestellt und der Tee von hoch oben eingeschenkt, ohne dass ein Tropfen verschüttet wurde – da sah er den Russen hereinblicken, während er draußen vorbeiging. Es war nicht Arkadin, aber es war ein Russe, das erkannte Bourne an den Gesichtszügen und an seinem Blick, der anders war als der eines Berbers. Das verriet ihm einiges, wenn auch nichts, was ihm weiterhalf.
Der Couscous kam, aber er hatte kaum Appetit. Soraya trat als Erste ein, aber Arkadin folgte wenige Augenblicke später. Bourne hatte erwartet, dass man Soraya ansehen würde, was sie durchmachte, doch sie wirkte sehr gefasst, und er fragte sich, ob er sie vielleicht unterschätzt hatte. Wenn es so war, dann wäre das das erste positive Zeichen an diesem Tag gewesen.
Soraya ging durch das Café und setzte sich, ohne ein Wort zu sagen. Arkadin blieb in der Tür stehen und beobachtete sie beide. Bourne begann seinen Couscous zu essen, mit der rechten Hand, während die linke im Schoß lag.
»Wie geht’s dir?«
»Beschissen.«
Er sah sie mit einem dünnen Lächeln an. »Wie viele Männer hat er dabei?«
Sie wirkte überrascht. »Drei.«
Arkadin kam zu ihnen herüber. Er nahm sich einen Stuhl von einem Nachbartisch und setzte sich zu ihnen.
»Wie ist der Couscous?«, fragte er.
»Nicht schlecht«, sagte Bourne und schob den Teller über den Tisch.
Arkadin griff mit den Fingerspitzen der rechten Hand hinein und kostete davon. Er nickte und wischte sich die Finger am Tisch ab. Dann beugte er sich vor. »Wir jagen uns schon eine ganze Weile.«
Bourne nahm seinen Teller zurück. »Und jetzt sind wir hier.«
»Gemütlich beisammen wie drei Wanzen in einem marokkanischen Teppich.«
Bourne nahm seine Gabel zur Hand. »Es wäre keine gute Idee, die Waffe abzufeuern, mit der du unter dem Tisch auf mich zielst.«
Arkadins Augen zuckten kurz. »Das entscheidest aber nicht du.«
»Das ist Ansichtssache. Ich habe eine Beretta 8000 genau auf deine Eier gerichtet, übrigens mit .357er Hohlspitzmunition geladen.«
Arkadins düsterer Gesichtsausdruck löste sich in einem rauen, heiseren Lachen auf. Es klang für Bourne, als hätte er nie wirklich gelernt zu lachen. »Wirklich – wie Wanzen im Teppich«, sagte Arkadin.
»Was noch dazukommt«, fügte Bourne hinzu, »wenn ich tot bin, kommst du hier nicht mehr lebend heraus.«
»Das sehe ich anders.«
Bourne tauchte die Gabel in den Couscous. »Hör zu, Leonid, hier sind andere Kräfte am Werk – Kräfte, mit denen keiner von uns beiden fertigwerden kann.«
»Ich werde mit allem fertig. Und ich habe Verbündete hier.«
»Der Feind meines Feindes ist mein Freund«, entgegnete Bourne, ein arabisches Sprichwort zitierend.
Arkadin kniff die Augen zusammen. »Was schlägst du vor?«
»Wir sind die einzigen Absolventen von Treadstone. Wir sind für solche Situationen ausgebildet. Aber wir zwei sind nicht genau gleich – eher wie Spiegelbilder.«
»Du hast zehn Sekunden. Komm endlich auf den Punkt.«
»Zusammen können wir Severus Domna schlagen.«
Arkadin schnaubte verächtlich. »Du bist verrückt.«
»Denk doch nach. Severus Domna hat uns hierhergebracht und das Haus hier für uns vorbereitet. Sie glauben, wenn wir uns hier treffen, wird bestimmt einer den anderen töten.«
»Und?«
»Und dann läuft alles nach Plan für sie.« Bourne wartete einen Moment, ehe er hinzufügte: »Unsere einzige Chance ist, das zu tun, was sie am wenigsten erwarten.«
»Der Feind meines Feindes ist mein Freund.«
Bourne nickte.
»Bis er’s nicht mehr ist.«
Arkadin legte die Magpul auf den Tisch, und Bourne legte seinerseits die Beretta nieder, die Tanirt ihm gegeben
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