Das Bourne Duell
denen er dabei war. Er wusste, dass der Oberst keine Zweifel mehr haben würde, wenn er das Material gesehen hatte.
Nach einer Weile blickte Karpow mit düsterer Miene von dem kleinen Display auf. »Das werde ich brauchen.«
Arkadin winkte mit der Hand ab. »Gehört alles zum Service.«
Irgendwo in der Ferne hörte man das Brummen eines kleinen Flugzeugs, ein Geräusch, das nicht lauter war als das Summen eines Moskitos.
»Wie viele noch?«, fragte Karpow.
»Ich weiß von zwei – die Namen finden Sie im Telefonbuch des Handys, aber es kann sein, dass es noch mehr sind. Ich fürchte, Sie werden Ihren Chef fragen müssen.«
Karpow legte die Stirn in Falten. »Das wird nicht einfach.«
»Auch nicht mit den Beweisen?«
Karpow seufzte. »Ich werde ihn überraschen müssen, damit er keine Chance mehr hat, noch jemanden zu kontaktieren.«
»Riskant«, meinte Arkadin. »Andererseits, wenn Sie mit dem Beweismaterial zu Präsident Imow gehen, wird er so wütend sein, dass er Sie bestimmt mit Bukin machen lässt, was Sie wollen.«
Karpow schien über diese Möglichkeit nachzudenken. Gut. Arkadin lächelte innerlich. Melor Bukin hatte nicht zuletzt durch die Unterstützung des Präsidenten Karriere gemacht, bevor ihn Viktor Tscherkesow, der Chef des FSB-2, zu sich holte. Innerhalb des Kremls tobte ein Machtkampf zwischen Tscherkesow und dem FSB unter Nikolaj Patruschew, einem Schützling von Präsident Imow. Tscherkesow hatte sich ohne jede Unterstützung durch den Präsidenten eine beträchtliche Machtbasis geschaffen. Arkadin hatte seine eigenen Gründe, warum er Bukin weghaben wollte. Wenn Karpow Bukin ins Gefängnis brachte, dann würde auch sein Mentor Tscherkesow große Probleme bekommen. Tscherkesow war der Dorn in seinem Fleisch, den er nicht hatte entfernen können, doch das würde nun Karpow für ihn erledigen.
Doch er hatte keine Zeit, sich zu freuen. Sein rastloser Geist hatte sich bereits persönlicheren Dingen zugewandt.
Nämlich der Frage, wie er es anstellen sollte, sich an Karpow dafür zu rächen, dass er ihm eine Klinge an die Kehle gesetzt hatte. Er stellte sich bereits lebhaft vor, wie er dem Oberst mit seiner eigenen Rasierklinge den Hals aufschlitzen würde.
ZEHN
Moira und Jalal Essai saßen in seiner Hotelsuite in Washington D.C. Zwischen ihnen standen Essais Netbook und das Netbook, das sich Moira am Vortag gekauft hatte und von dem sie wusste, dass es absolut sauber war. Sie hatte es bereits mit verschiedenen nützlichen Hilfsmitteln aufgerüstet.
Sie wollte ihn schon fragen, wie sie mit ihren Recherchen anfangen sollte, weil sie auf ihre eigenen Systeme aus Sicherheitsgründen nicht mehr zurückgreifen konnte – doch er lieferte ihr die Antwort, indem er ihr jede Menge Informationen über den gestohlenen Laptop gab.
Das Gerät war zuletzt dem kolumbianischen Drogenbaron Gustavo Moreno in die Hände gefallen, der auf einer Hazienda außerhalb von Mexiko City gelebt hatte. Vor einigen Monaten war Moreno getötet worden, als ein Eliteteam des russischen FSB-2 die Hazienda stürmte.
»Die Operation wurde von Oberst Boris Karpow geleitet«, sagte Essai.
Merkwürdig , dachte Moira. Aber andererseits wusste sie ja, wie klein die Welt war. Es war Bourne, der ihr einiges über den russischen Oberst erzählt hatte; die
beiden waren Freunde, soweit zwei Leute dieser Art eben Freunde sein konnten.
»Dann hat also Karpow den Laptop.«
»Leider nein«, entgegnete Essai. »Einer von Morenos Leuten hat den Laptop vor der Operation verschwinden lassen.«
»Der Mann hat wohl für jemand anders gearbeitet, aber für wen? Einen Konkurrenten?«
»Gut möglich«, antwortete Essai. »Ich weiß es nicht.«
»Wie heißt der Dieb?«
»Hier ist alles, was Sie brauchen – Name, Foto, alles.« Essai drehte das Display des Computers in ihre Richtung. »Aber das ist leider auch eine Sackgasse. Seine Leiche wurde eine Woche nach der Operation gefunden.«
»Wo?«, fragte Moira.
»In der Nähe von Amatitán.« Essai startete Google Earth und tippte bestimmte Koordinaten ein. Die Weltkugel drehte sich, bis die Nordwestküste von Mexiko zu sehen war. Amatitán lag in Jalisco, mitten im Tequila-Tal. »Genau hier. Das ist zufällig die Estanzia von Morenos Schwester Berengária, obwohl sie jetzt, nachdem sie den Tequila-Magnaten Narsico Skydel geheiratet hat, Barbara Skydel heißt.«
»Ich glaube, ich erinnere mich an ein Memo, das es bei Black River über Narsico gab. Er ist der Cousin von Roberto Corellos,
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