Das Bourne Imperium
Geschichte ist durch und durch erlogen. Willst du mir noch mehr sagen?«
»Wenn ich dir jetzt sage, dass alles auf Washington hindeutet, nicht auf Großbritannien?«
»Dann muss ich dir widersprechen. Bei einer Geschichte in dieser Größenordnung läuft ohne London nichts.«
»Das gibt aber doch keinen Sinn!«
»Von deinem Standpunkt aus, Cathy. Den ihren kennst du nicht. Und das eine kann ich dir sagen – dieser Wahnsinnige, dieser Bourne, hat uns ganz schön am Wickel. Eines seiner Opfer ist ein Mann, über den keiner reden will. Nicht einmal dir werde ich seinen Namen sagen, Mädchen.«
»Tust du das, wenn ich dir mehr Informationen bringe?«
»Wahrscheinlich nicht, aber du kannst es ja versuchen.«
Catherine Staples saß an ihrem Schreibtisch und filterte die Worte noch einmal durch.
Eines seiner Opfer ist ein Mann, über den keiner reden will.
Was meinte Ballantyne damit? Was ging da vor? Und warum war eine kanadische Wirtschaftswissenschaftlerin mitten in diesen Wirbelsturm geraten?
Wenigstens war Marie in Sicherheit.
Botschafter Havilland betrat mit dem Aktenkoffer in der Hand das Büro am Victoria Peak, und McAllister sprang aus seinem Sessel hoch, um ihn seinem Vorgesetzten freizumachen.
»Bleiben Sie, wo Sie sind, Edward. Was gibt es Neues?«
»Leider nichts.«
»Herrgott, das will ich nicht hören !«
»Tut mir Leid.«
»Wo steckt der beschissene Kretin, der das zugelassen hat?«
McAllister wurde bleich, als Major Lin Wenzu, den Havilland nicht gesehen hatte, sich von der Couch an der hinteren Zimmerwand erhob. »Ich bin der beschissene Kretin, das Schlitzauge, dem das passiert ist, Herr Botschafter.«
»Ich werde mich nicht entschuldigen«, sagte Havilland schroff und wandte sich ihm zu. »Schließlich wollen wir euren Hals retten. Wir werden das überleben. Ihr nicht.«
»Ich habe nicht die Ehre, Sie zu verstehen.«
»Es ist nicht seine Schuld«, protestierte der Staatssekretär.
»Ist es dann die Ihre ?«, schrie der Botschafter. »Waren Sie für ihre Bewachung verantwortlich?«
»Ich bin hier für alles verantwortlich.«
»Das ist sehr christlich gedacht, Mr. McAllister, aber im Augenblick sind wir nicht in der Sonntagsschule und lesen auch nicht die Heilige Schrift.«
»Ich war dafür verantwortlich«, schaltete Lin sich ein. »Ich habe den Auftrag übernommen und versagt. Um es einfach auszudrücken, die Frau hat uns ausgetrickst.«
»Sie sind Lin vom MI-6?«
»Ja, Herr Botschafter.«
»Ich habe viel Gutes über Sie gehört.«
»Das hat jetzt sicher nichts mehr zu sagen.«
»Ich habe gehört, dass sie auch einen ausgesprochen tüchtigen Arzt ausgetrickst haben soll.«
»Das hat sie«, bestätigte McAllister. »Einen der besten Internisten im Territorium.«
»Ein Engländer«, fügte Lin hinzu.
»Das war nicht nötig, Major. Ebenso wenig wie es nötig war, das Wort Schlitzauge in Bezug auf Ihre Person zu verwenden. Ich bin kein Rassist. Die Welt weiß das nicht, aber für solchen Scheißdreck hat sie keine Zeit.« Havilland trat
an den Schreibtisch, legte den Aktenkoffer darauf, klappte ihn auf und entnahm ihm einen dicken, schwarz geränderten Umschlag. »Sie haben die Treadstone-Akte verlangt. Hier ist sie. Ich brauche wohl nicht ausdrücklich zu sagen, dass die Akte diesen Raum nicht verlassen darf. Wenn Sie nicht darin lesen, sperren Sie sie im Safe ein.«
»Ich möchte so schnell wie möglich anfangen.«
»Sie glauben, Sie werden dort etwas finden?«
»Ich weiß nicht, wo ich sonst nachsehen soll. Übrigens, ich bin in ein Büro weiter unten am Flur umgezogen. Der Safe ist hier.«
»Sie können kommen und gehen, wie Sie wollen«, sagte der Diplomat. »Wie viel haben Sie dem Major gesagt?«
»Nur das, wozu man mich angewiesen hat.« McAllister sah Lin Wenzu an. »Er hat sich häufig beschwert und mehr wissen wollen. Vielleicht hat er Recht.«
»Ich bin nicht in der Lage, mich zu beschweren, Edward. London hat sich unmissverständlich ausgedrückt, Herr Botschafter. Natürlich akzeptiere ich die Bedingungen.«
»Ich möchte nicht, dass Sie irgendetwas ›akzeptieren‹, Major. Ich möchte, dass Sie mehr Angst haben, als Sie in Ihrem ganzen Leben je gehabt haben. Wir werden jetzt Mr. McAllister seiner Lektüre überlassen und einen kleinen Spaziergang machen. Ich habe, als man mich hierher fuhr, einen großen, sehr hübschen Garten gesehen. Kommen Sie mit?«
»Es wäre mir eine Ehre, Sir.«
»Das möchte ich bezweifeln, aber es ist notwendig. Sie
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