Das Bourne Imperium
der nicht das hatte, was du wahrscheinlich als leidenschaftlichen ›Antrieb‹ bezeichnen würdest, dass ich aber nicht Tag für Tag mit einem solchen Menschen leben konnte. Und diejenigen, die keinen solchen Ehrgeiz besaßen, waren einfach in irgendeiner Beziehung leer. Nichts Dauerhaftes.«
»Aber was ist mit einer Familie? Kinder?«
»Ich habe zwei Kinder«, hatte Owen leise gesagt, »Kinder, die ich ungeheuer – mag. Ich liebe sie sehr, und ihre sehr ehrgeizigen Mütter sind schrecklich nett gewesen. Selbst die Männer, die sie später geheiratet haben, waren sehr verständnisvoll. Ich habe meine Kinder immer wieder gesehen, während sie heranwuchsen. Also hatte ich in gewissem Sinne drei Familien. Ganz zivilisiert, wenn auch manchmal etwas verwirrend.«
»Du? Das Urbild des konservativen Bankiers! Der Mann, von dem man sagte, dass er selbst zum Duschen das Nachthemd nicht auszieht! Ein Stützpfeiler der Kirche!«
»Das habe ich aufgegeben, als du mich verlassen hast. Außerdem war das nur Masche. Diplomatie, wenn du willst. Das machst du doch jeden Tag.«
»Owen, das hast du mir aber nie gesagt. «
»Du hast mich auch nicht gefragt, Cathy. Du hattest deinen Ehrgeiz und ich den meinen. Aber ich will dir sagen, was mir wirklich Leid tut, wenn du das hören willst.«
»Ja.«
»Es tut mir aufrichtig Leid, dass wir nie ein Kind hatten. Nach den beiden zu schließen, die ich habe, wäre es ein großartiges Kind geworden.«
»Du Schweinehund, jetzt fang ich gleich zu heulen an.«
»Bitte nicht. Lass uns ehrlich sein, keinem von uns beiden braucht es wirklich Leid zu tun.«
Catherine wurde plötzlich aus ihren Träumen gerissen. Der Angestellte hatte den Telefonhörer aufgelegt und stützte sich jetzt mit beiden Händen triumphierend auf die Theke. »Sie haben Glück, Mrs.!«, schrie er. »Der Disponent in der Apex-Agentur am Bonham Strand East war noch da und hat noch Fahrzeuge, aber keinen, der eines hierherbringt.«
»Ich nehme ein Taxi. Schreiben Sie mir die Adresse auf.« Catherine sah sich nach der Hoteldrogerie um. In der Halle waren zu viele Leute, zu viel Durcheinander. »Wo kann ich etwas Hautcreme kaufen oder Vaseline; Sandalen oder Gummischlappen?«, fragte sie, wieder dem Angestellten zugewandt.
»Dort hinten rechts ist ein Zeitungsstand, Mrs. Dort gibt es das, was Sie brauchen. Aber kann ich bitte Geld haben, Sie müssen dem Disponenten von Apex eine Quittung zeigen. Ich bekomme tausend Hongkong-Dollar, den Rest bekommen Sie zurück oder müssen draufzahlen …«
»So viel habe ich nicht bei mir. Ich muss meine Kreditkarte benutzen.«
»Umso besser.«
Catherine klappte ihre Handtasche auf und holte eine Kreditkarte aus einer Innentasche. »Ich bin gleich wieder da«, sagte sie, legte die Karte auf die Theke und machte sich auf den Weg zum Zeitungsstand. Ohne besonderen Grund sah sie zu Lee Teng und seiner erregten Lady hinüber, um leicht amüsiert festzustellen, dass die Dame in dem albernen
Pelz jetzt dankbar nickte, während Teng auf die Ladenarkade wies, die man über eine Treppe erreichen konnte. Lee Teng war ein echter Diplomat. Ohne Zweifel hatte er der verzweifelten Frau erklärt, sie habe eine Chance, die sowohl ihren Bedürfnissen gerecht werden als auch ihrem verständnislosen Ehemann einen Schlag auf den finanziellen Solarplexus versetzen würde. Schließlich sei dies Hongkong, wo es alles zu kaufen gab, und für den richtigen Betrag auch rechtzeitig für den großen Ball im Government House. Catherine setzte ihren Weg fort.
»Catherine!« Der Name klang so scharf, dass sie erstarrte. »Bitte, Mrs. Catherine!«
Staples drehte sich halb erstarrt um. Es war Lee Teng, der sich von der Frau gelöst hatte. »Was ist denn?«, fragte sie etwas verängstigt, während Lee Teng auf sie zukam. Er blickte besorgt, und an seinem bereits recht weit nach hinten gerutschten Haaransatz waren Schweißperlen zu erkennen.
»Ich habe Sie eben erst gesehen. Ich hatte ein Problem.«
»Ich weiß schon.«
»Und Sie haben auch eines, Catherine.«
»Wie bitte?«
Teng warf einen Blick zu der Empfangstheke hinüber, eigenartigerweise aber nicht auf den jungen Mann, der ihr behilflich gewesen war, sondern auf den anderen Angestellten, der am entgegengesetzten Ende stand. Der Mann war ganz alleine, hatte keine Gäste vor sich, musterte aber seinen Kollegen. »Verdammtes Pech!«, rief Teng halblaut aus.
»Wovon reden Sie?«, fragte Staples.
»Kommen Sie mit«, sagte der Concièrge Nummer eins der
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