Das Bourne Imperium
ähnlichen Hintergrund haben – ich war einige Jahre im Fernen Osten eingesetzt –, wäre niemand auf die Idee gekommen, mich mit der Aufgabe zu betrauen, die Sie übernommen haben. Was Sie durchgemacht haben, wäre mir unmöglich gewesen.«
»Das war es mir auch. Das liegt doch auf der Hand.«
»Nicht von meinem Standpunkt aus. Schließlich haben Sie es, weiß Gott, geschafft.«
»Jetzt schmeicheln Sie mir. Ich will Ihnen nicht zu nahe treten, aber Schmeichelei – von Ihrem Standpunkt aus – macht mich nervös.«
»Dann wollen wir zur Sache kommen, ja?«
»Bitte.«
»Ich kann nur hoffen, dass Ihr Vorurteil gegen mich nicht zu tief geht. Ich bin nicht Ihr Feind, Mr. Webb. Ich möchte Ihr Freund sein. Ich kann die richtigen Knöpfe drücken, um Ihnen zu helfen, Sie zu schützen.«
»Vor was?«
»Vor etwas, das niemand je erwartet hätte.«
»Raus damit.«
»In den nächsten dreißig Minuten wird Ihr Bewacherstab verdoppelt werden«, sagte McAllister und sah David dabei scharf an. »Das ist eine Entscheidung, die ich getroffen habe, und ich werde die Sicherheitsvorkehrungen vervierfachen, falls ich das für notwendig halte. Jeder, der neu auf diesem Universitätsgelände eintrifft, wird auf Herz und Nieren untersucht, das Gelände stündlich überprüft. Die Wachen werden nicht länger im Hintergrund bleiben und Sie lediglich im Auge behalten, sondern werden tatsächlich selbst sehr sichtbar sein. Auffällig und wie ich hoffe drohend.«
»Herrgott!« Webb fuhr mit einem Ruck in seinem Sessel vor. »Carlos!«
»Das glauben wir nicht«, sagte der Mann aus dem Außenministerium und schüttelte den Kopf. »Wir können nicht ausschließen, dass es Carlos ist, aber die Wahrscheinlichkeit ist zu gering. Das wäre zu weit hergeholt.«
»Oh?« David nickte. »Ja, so muss es sein. Wenn es der Schakal wäre, würde das Gelände von Ihren Leuten wimmeln und man würde sie nicht sehen. Sie würden zulassen, dass er sich mir nähert, und ihn dabei schnappen, und wenn ich dabei ums Leben käme, wäre der Preis für Sie erträglich.«
»Nicht für mich. Sie brauchen das nicht zu glauben, aber ich meine das wirklich so.«
»Vielen Dank. Aber wovon reden wir dann?«
»Ihre Akte ist geknackt worden – das heißt, man hat sich Zugang zur Treadstone-Akte verschafft.«
»Zugang? Eine unerlaubte Weitergabe?«
»Zunächst nicht. Die Bewilligung lag vor, weil es eine Krise gab – und in gewissem Sinne hatten wir keine Wahl. Dann kam es zu einer Panne, und jetzt machen wir uns Sorgen. Um Sie.«
»Einzelheiten bitte. Wer hat sich die Akte verschafft?«
»Ein Mann von innen, ziemlich weit oben. Seine Legitimation
war einwandfrei, niemand konnte sie infrage stellen.«
»Wer?«
»Ein Brite von MI-6, von Hongkong aus operierend, ein Mann, auf den die CIA sich seit Jahren verlassen hatte. Er flog nach Washington und ging dort zu seinem Verbindungsmann und bat darum, ihm alles zu geben, was über Jason Bourne vorlag. Er behauptete, in der Kronkolonie gebe es eine Krise, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Treadstone-Projekt stehe. Er ließ keinen Zweifel daran, dass er es für das Beste halte, falls Informationen zwischen dem britischen und dem amerikanischen Geheimdienst ausgetauscht wurden, weiterhin ausgetauscht wurden – dass man seine Bitte unverzüglich erfülle.«
»Dafür musste er doch sicher einen verdammt guten Grund liefern.«
»Das hat er.« McAllister hielt nervös inne, blinzelte ein paarmal und rieb sich dann mit den Fingern die Stirn.
»Nun?«
»Jason Bourne ist zurückgekehrt«, sagte McAllister ruhig. »Er hat wieder zugeschlagen. In Kowloon.«
Marie stöhnte auf; ihre Hand krampfte sich um die rechte Schulter ihres Mannes, und ihre großen, braunen Augen blickten zornig und zugleich verängstigt. Sie starrte den Mann aus dem Außenministerium stumm an. Webb machte keine Bewegung, sondern studierte McAllister wie eine Kobra.
»Wovon, zum Teufel, reden Sie?«, flüsterte er, und dann wurde seine Stimme lauter. »Jason Bourne – jener Jason Bourne – existiert nicht mehr. Es hat ihn nie gegeben!«
»Sie wissen das, und wir wissen es auch, aber in Asien lebt seine Legende noch. Sie haben sie geschaffen, Mr. Webb – nach meiner Ansicht auf brillante Weise.«
»Was weiß man über diesen MI-6-Mann? Wie alt ist er? Welchen Auftrag hat er augenblicklich? Wie sieht seine Personalakte aus? Sie haben sich doch ganz bestimmt genau informiert.«
»Natürlich haben wir das und keinerlei
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