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Das Bourne Imperium

Das Bourne Imperium

Titel: Das Bourne Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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vorgestellt, für ihn waren sie nur Harry, Bill oder Sam, wahrscheinlich weil sie von der Theorie ausgingen, dass echte Identitäten seine Verwirrung nur noch größer machen würden. Er aber hatte unauffällig ihre Ausweisplaketten gelesen und sich dann, wenn er wieder allein war, die Namen aufgeschrieben und die Zettel bei seiner persönlichen Habe in der Schublade verwahrt. Und wenn Marie ihn besuchte, und das war jeden Tag, gab er ihr die Namen mit und bat sie, sie im Haus zu verstecken – gut zu verstecken.
    Später gestand ihm Marie, dass sie seinen Bitten zwar nachgekommen war, seinen Argwohn aber für übertrieben hielt. Aber dann hatte David sie eines Morgens, unmittelbar nach einer hitzigen Sitzung mit den Männern aus Washington, angefleht, das Krankenhaus sofort zu verlassen, zu
ihrem Wagen zu laufen und zu ihrem Bankschließfach zu fahren und eine Haarsträhne in die linke untere Ecke des Fachs zu legen, es abzuschließen, die Bank zu verlassen und zwei Stunden später zurückzukehren, um nachzusehen, ob sie noch da war.
    Das war nicht der Fall gewesen. Sie hatte die Haarsträhne sorgfältig befestigt gehabt; sie hatte nur herausfallen können, weil man das Schließfach geöffnet hatte. Sie fand die Strähne schließlich auf dem fliesenbelegten Boden der Bank.
    »Woher hast du das gewusst?«, hatte sie ihn gefragt.
    »Einer meiner freundlichen Befrager ist etwas hitzig geworden und hat versucht, mich zu provozieren, Mo war für ein paar Minuten hinausgegangen, und es hätte nicht viel gefehlt, dass er mich beschuldigte, ihm etwas vorzumachen, etwas zu verbergen. Ich wusste, dass du kommst, und so habe ich das Spiel weitergespielt. Ich wollte sehen, wie weit die gehen würden, wie weit die gehen durften .«
    Alles zusammen war ihm nicht geheuer. Man hatte die Leibwächter abgezogen, seine eigenen Reaktionen herablassend infrage gestellt, so als wäre er derjenige, der um zusätzlichen Schutz gebeten hatte und als hätte nicht etwa Edward McAllister darauf bestanden. Dann hatte man binnen Stunden Marie entführt – das Ganze war nach einem Plan abgelaufen, in dem jede Kleinigkeit bedacht war. Und jetzt war eben dieser McAllister plötzlich fünfzehntausend Meilen weit verreist. Hatte der Staatssekretär die Seiten gewechselt? Hatte man ihn in Hongkong gekauft? Hatte er Washington ebenso verraten wie den Mann, den zu beschützen er geschworen hatte? Was ging hier vor sich? In jedem Fall gehörte der Codename Medusa mit zu diesem Geheimnis. Man hatte ihn während all der Befragungen kein einziges Mal erwähnt. Das verblüffte ihn. Es war gerade, als hätte das Bataillon von Psychotikern und Killern nie existiert; jede Erinnerung daran war ausgelöscht worden. Aber man konnte sie wieder heraufbeschwören. Und damit würde er beginnen.
    Webb ging mit schnellen Schritten aus dem Schlafzimmer,
die Treppe hinunter in sein Arbeitszimmer, das in dem alten viktorianischen Haus früher einmal als kleine Bibliothek gedient hatte. Er setzte sich an den Schreibtisch, zog die unterste Schublade auf und entnahm ihr ein paar Notizbücher und einige Papiere. Dann hob er mit einem Brieföffner aus Messing den falschen Boden der Schublade ab, unter dem noch andere Papiere lagen – ein Sammelsurium von Erinnerungen – Bildern, die sich ihm aufgedrängt hatten, wenn er nachts nicht hatte schlafen können oder wenn ihn plötzlich unter Tags die Erinnerung eingeholt hatte: Notizblätter oder Briefpapierfetzen, auf die er die Bilder und Worte geschrieben hatte, die wie mit Blitzlicht sein Bewusstsein erhellt hatten. Ein wirres Durcheinander schmerzhafter Assoziationen, viele so qualvoll, dass er sie nicht einmal mit Marie teilen konnte, weil er fürchtete, die Enthüllungen über Jason Bourne wären für sie zu brutal. Zu den Geheimnissen in der Schublade gehörten auch die Namen der Experten für Geheimoperationen, die ihn in Virginia so eindringlich verhört hatten.
    Plötzlich fiel Davids Blick auf die hässliche, großkalibrige Pistole auf der Schreibtischplatte. Er hatte sie automatisch aus dem Schlafzimmer mitgenommen; jetzt starrte er sie einen Augenblick lang an und griff dann zum Telefon. In diesen Sekunden begann die qualvollste Stunde seines Lebens, denn er wusste, dass Marie sich mit jedem Augenblick weiter von ihm entfernte.
    Die zwei ersten Anrufe wurden von Frauen oder Freundinnen entgegengenommen; die Männer, die er zu erreichen versuchte, ließen sich verleugnen, als er sich zu erkennen gab. Er gehörte

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