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Das Bourne Imperium

Das Bourne Imperium

Titel: Das Bourne Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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jadeschwarzer Körper reglos und aufrecht dastand, der Kopf flach, die kleinen Augen unbewegt und von der sich vorbeischiebenden Menschenmenge hypnotisiert. Wie eine Barrikade schützten der Dreck und der Gestank des Marktes die mauerlose Ummauerte Stadt dahinter.
    Jetzt kam am anderen Ende des langen Bazars eine armselig wirkende Gestalt um die Ecke und reihte sich in die Menschenschar
ein. Der Mann trug einen billigen, schlecht sitzenden braunen Anzug mit zu weiten Hosen und einem zu großen Jackett, das nur um die nach vorne gebeugten Schultern eng anlag. Ein weicher, breitkrempiger Hut, schwarz und unverkennbar asiatischen Ursprungs, warf Schatten über sein Gesicht. Er bewegte sich langsam, wie es einem zukam, der die verschiedenen Imbissstände studierte und die Waren auf den Tischen begutachtete. Aber nur ein einziges Mal griff er vorsichtig in die Tasche, um etwas zu kaufen. Er hatte etwas Gebeugtes in seiner Haltung, wie ein Mann, den Jahre schwerer Arbeit auf den Feldern oder am Hafen niedergedrückt haben, in denen der Körper, dem so viel abverlangt wurde, nie genügend Nahrung bekommen hatte. Und dann war an diesem Mann eine Traurigkeit, ein Gefühl der Resignation, so als wäre für ihn immer alles zu wenig, zu spät und zu teuer gewesen. Es war die Erkenntnis der Machtlosigkeit, eines lange aufgegebenen Stolzes, wo es doch nichts gab, worauf man stolz sein konnte; der Preis des Überlebens war zu hoch gewesen. Und dieser Mann, diese gebeugte Gestalt, die sich zögernd eine Zeitungspapiertüte voll gebratener, bedenklicher Fischstücke kaufte, war vielen der Männer auf dem Markt nicht unähnlich – man könnte sagen, er war von ihnen nicht zu unterscheiden. Jetzt trat er auf die muskulöse Frau zu, die gerade die Eingeweide aus einer immer noch zuckenden Schlange riss.
    »Wo ist ein Großer?«, fragte Jason Bourne auf chinesisch, die Augen auf die reglose Kobra gerichtet. Das Fett aus dem Zeitungspapier floss über seine linke Hand.
    »Sie kommen früh«, erwiderte die Frau ausdruckslos. »Es ist dunkel, aber Sie kommen früh.«
    »Man hat mich schnell gerufen. Zweifeln Sie an den Anweisungen des Taipan?«
    »Beschissener Geizhals! Von wegen Taipan!«, stieß sie in kehligem Kantonesisch hervor. »Aber mir kann das ja egal sein. Gehen Sie die Stufen hinter mir nach unten und nehmen Sie die erste Gasse links. Fünfzehn, zwanzig Meter weiter wird eine Hure stehen. Sie wartet auf den weißen Mann und wird ihn zu dem Taipan führen. … Sind Sie der
weiße Mann? Das kann ich in diesem Licht nicht sagen, und Ihr Chinesisch ist gut – aber Sie sehen nicht aus wie ein weißer Mann und tragen auch nicht die Kleidung eines weißen Mannes.«
    »Wenn Sie an meiner Stelle wären, würden Sie dann wie ein weißer Mann aussehen wollen und sich wie ein weißer Mann kleiden, wenn man Ihnen sagte, Sie sollen hierherkommen?«
    »Ich würde mir wie tausend Teufel Mühe geben, so auszusehen, als käme ich aus Qing Gaoyan!«, sagte die Frau und ließ beim Lachen ihre fauligen Zähne sehen. »Ganz besonders, wenn Sie Geld bei sich tragen. Tragen Sie Geld bei sich … unser Zhongguo ren ?«
    »Sie schmeicheln mir – nein.«
    »Sie lügen. Weiße lügen mit Engelszungen, wenn es um Geld geht.«
    »Also gut, dann lüge ich eben. Hoffentlich greift mich Ihre Schlange deswegen nicht an.«
    »Sie Idiot! Das ist ein ganz Alter, hat keine Giftzähne mehr. Aber er ist das himmlische Abbild des männlichen Organs. Er bringt mir Geld. Werden Sie mir Geld geben?«
    »Für eine Gefälligkeit, ja.«
    »Aiya! Wenn Sie diesen alten Körper wollen, müssen Sie eine Axt in der Hose haben! Dann sollten Sie lieber die Hure zerhacken, nicht mich!«
    »Keine Axt, nur Worte«, sagte Bourne, und seine rechte Hand glitt in die Hosentasche. Er holte eine Hundert-Dollar-Note heraus und hielt sie der Schlangenverkäuferin vor das Gesicht, sodass die anderen Kauflustigen sie nicht sehen konnten.
    »Aiya – aiya!«, flüsterte die Frau, als Jason den Geldschein wieder wegzog; die tote Schlange fiel zwischen ihre dicken Beine.
    »Die Gefälligkeit, die ich von Ihnen will«, wiederholte Bourne. »Da Sie dachten, ich wäre einer von Ihnen, nehme ich an, dass andere das auch denken werden. Ich möchte von Ihnen nur, dass Sie jedem, der danach fragt, sagen, der weiße Mann sei nie erschienen. Ist das fair?«

    »Fair! Her mit dem Geld!«
    »Und die Gefälligkeit?«
    »Sie haben Schlangen gekauft! Schlangen! Was weiß ich schon von einem weißen

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