Das Bourne Imperium
Programmierung.«
»Das macht offenbar keinen Eindruck auf Sie. Deshalb sollte ich wohl wiederholen, unter welcher Bedingung Sie überhaupt nur anrufen dürfen. Ich kann um Ihrer Frau willen nur hoffen, dass das Eindruck auf Sie macht. Sie dürfen nur anrufen, wenn Sie bereit sind, den falschen Bourne innerhalb von Minuten auszuliefern. Sollten Sie oder sonst jemand die Nummer und das Codewort ohne diese Voraussetzung benutzen, dann weiß ich, dass jemand versucht, die Leitung anzupeilen. In dem Fall wird Ihre Frau getötet werden, und dann wird man irgendwo bei den Inseln eine tote, entstellte weiße Frau ohne Identifizierungsmerkmale ins Meer werfen. Drücke ich mich klar aus?«
Bourne schluckte, drängte seine Wut und die Angst zurück, von der ihm schlecht wurde, und sagte eisig: »Ihre Bedingung habe ich verstanden. Und jetzt möchte ich, dass Sie die meine verstehen. Falls und wenn ich anrufe, will ich meine Frau sprechen – nicht innerhalb von Minuten, sondern
innerhalb von Sekunden. Wenn nicht, wird derjenige am anderen Ende der Leitung einen Schuss hören, und dann werden Sie wissen, dass Ihr Meuchelmörder, von dem Sie sagen, dass Sie ihn unbedingt haben müssen, ein Loch im Kopf hat. Ich gebe Ihnen dann genau dreißig Sekunden Zeit.«
»Ich habe Ihre Bedingung verstanden. Sie wird erfüllt werden. Ich glaube, die Besprechung ist beendet, Jason Bourne.«
»Ich will meine Waffe wiederhaben. Einer Ihrer Leibwächter hat sie.«
»Sie bekommen sie, wenn Sie hinausgehen.«
»Einfach so, auf Treu und Glauben?«
»Das ist gar nicht nötig. Er hat Anweisung, Ihnen die Waffe zu geben, falls Sie überhaupt hier herauskommen. Eine Leiche braucht keine Waffe.«
Was von den Prunkvillen aus der Kolonialzeit Hongkongs übrig geblieben ist, befindet sich hoch in den Bergen, oberhalb der Stadt, in einer Gegend, die den Namen Victoria Peak trägt und ihren Namen vom höchsten Punkt der Insel ableitet, der Krone des ganzen Territoriums. Das Bild wird hier von eleganten Gärten bestimmt, mit Fußwegen, die von Rosenbeeten gesäumt sind und die zu Veranden und Pavillons führen, von denen aus die Reichen Hongkongs den Anblick des Hafens in der Tiefe und der Inseln weit davor genießen. Die Prachtvillen hier wirken wie ein bescheidener Abklatsch der großen Häuser von Jamaika. Sie sind großzügig gebaut, mit hohen, seltsam ineinander verschachtelten Räumen, damit während der langen drückenden Hitzeperioden der Sommerwind freies Spiel hat. Überall ist poliertes, handgeschnitztes Holz zu finden, das die Fenster einrahmt und verstärkt, damit sie dem Wind und dem Regen des Bergwinters Widerstand leisten können. In diesen Villen, deren Bauweise das Klima diktiert hat, sind Luxus und Zweckmäßigkeit eine Mischehe eingegangen.
Eins dieser Häuser im Peak District war freilich anders. Nicht was die Größe, die Zweckmäßigkeit oder die Eleganz
anlangte, auch nicht in der Schönheit seiner Gärten, die eher noch ausgedehnter waren als viele der Nachbarn, noch in der Höhe der Steinmauer, die das Anwesen umgab. Auch die eindrucksvollen Torflügel der Einfahrt passten ins Bild. Die Abweichung lag darin, dass das Haus so isoliert von den anderen wirkte, vor allem nachts, wenn in den vielen Zimmern nur wenige Lichter brannten, und aus den Fenstern oder den Gartenanlagen kein Laut zu hören war. Das Haus wirkte wie kaum bewohnt, von Lebenslust einmal ganz zu schweigen. Aber was es so dramatisch von den anderen abhob, waren die Männer am Tor und andere ähnliche Männer, die man von der Straße aus sehen konnte, wenn sie regelmäßig Streife durch das Gelände gingen. Sie waren bewaffnet und uniformiert. Es waren Angehörige der amerikanischen Marineinfanterie.
Das Konsulat der Vereinigten Staaten hatte das Anwesen auf Anordnung des Nationalen Sicherheitsrates gepachtet. Im Falle irgendwelcher Anfragen hatte das Konsulat die Weisung, lediglich zu erklären, dass im nächsten Monat zahlreiche Vertreter der amerikanischen Regierung und amerikanischer Industrieunternehmen in der Kronkolonie erwartet würden und dass die Pacht des Anwesens aus Gründen der Sicherheit und des Komforts gerechtfertigt war. Mehr wusste das Konsulat nicht. Einige Mitarbeiter der britischen MI-6 waren etwas besser informiert, da man ihre Unterstützung brauchte, und London diese auch autorisiert hatte. Aber auch hier beschränkte sich das Wissen auf das Notwendigste, und auch damit war London einverstanden. Die höchsten Beamten beider
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