Das Bourne Imperium
Leuten wie Ihnen begegnen würde. Ich hatte einen Dozenten in asiatischer Geschichte, der hat mir gesagt, dass Sie einfach nicht loslassen können, keiner von Ihnen. Sie bestehen darauf, Geheimnisse zu bewahren, weil die Zhongguo ren minderwertig sind, weil sie nichts kapieren. Ist das hier der Fall, yang quizi ?«
»Du lieber Gott, nein.«
»Was machen wir dann? Das, was auf der Hand liegt, verstehe ich. Wir rekrutieren einen Mann, der in der einmaligen Position ist, einen Killer zu jagen, weil der Killer in seine Maske geschlüpft ist – in die Maske des Mannes, der er einmal war. Aber warum der ganze Aufwand – seine Frau entführen, uns in die Sache hineinziehen lassen, diese komplizierten und offen gestanden gefährlichen Spiele, die wir hier treiben? Ehrlich gesagt, Edward, als Sie mir mit dieser Räuberpistole gekommen sind, habe ich selbst in London rückgefragt. ›Befolgen Sie die Anweisungen‹, haben die immer wieder gesagt. ›Und bewahren Sie Stillschweigen, das ist das Allerwichtigste.‹ Nun, wie Sie selbst vor einer Weile sagten, das reicht einfach nicht. Wir müssten
mehr wissen. Wie kann unsere Abteilung ohne Wissen Verantwortung übernehmen?«
»Für den Augenblick liegt die Verantwortung bei uns, treffen wir die Entscheidungen. London hat dem zugestimmt, und das hätte man bestimmt nicht getan, wenn wir die Engländer nicht davon überzeugt hätten, dass es so am besten ist. Das Wissen muss sich auf einige wenige beschränken, es darf einfach keine undichten Stellen geben. Übrigens, das hat London so formuliert.« McAllister beugte sich vor und krampfte die Hände ineinander, dass die Knöchel weiß hervortraten. »So viel will ich Ihnen sagen, Lin. Mir wäre es lieber, wenn wir diese Verantwortung nicht hätten, schon gar nicht ich. Nicht dass ich die letzten Entscheidungen treffe. Aber am liebsten würde ich überhaupt keine Entscheidung treffen. Ich bin dazu nicht qualifiziert.«
»Das würde ich nicht sagen, Edward. Sie sind einer der gründlichsten Menschen, denen ich je begegnet bin. Das haben Sie vor zwei Jahren bewiesen. Sie sind ein brillanter Analytiker. Sie brauchen selbst nicht über die Erfahrung zu verfügen, solange Sie Ihre Befehle von jemandem bekommen, der diese Erfahrung hat. Sie müssen nur verstehen und überzeugt sein – und dass Sie überzeugt sind, lese ich aus Ihrem besorgten Gesicht. Sie werden schon das Richtige tun, wenn Sie den Auftrag dazu bekommen.«
»Jetzt müsste ich mich wohl bei Ihnen bedanken.«
»Was Sie wollten, ist heute Abend erledigt worden. Sie werden bald wissen, ob Ihr wiederentdeckter Jäger noch über sein Geschick von früher verfügt. In den nächsten Tagen können wir die Ereignisse im Auge behalten. Aber mehr können wir nicht. Wir haben die Dinge jetzt nicht mehr in der Hand. Bourne hat seine gefährliche Reise begonnen.«
»Dann hat er die Namen?«
»Die authentischen Namen, Edward. Die miesesten Mitglieder der Unterwelt von Hongkong und Macao – Söldner, die Befehle ausführen, Hauptleute, die Kontrakte arrangieren, alles gefährliche, gewalttätige Burschen. Wenn es im Territorium Leute gibt, die etwas über den Doppelgänger
des Killers wissen, dann wird man sie auf dieser Liste finden.«
»Dann starten wir Phase zwei. Gut.« McAllister löste die Hände voneinander und sah auf die Uhr. »Du liebe Güte, ich hatte keine Ahnung, wie spät es ist. Das war ein langer Tag für Sie. Sie hätten die Uhr und die Manschettenknöpfe wirklich heute nicht mehr zurückzubringen brauchen.«
»Das wusste ich.«
»Warum haben Sie es dann getan?«
»Ich möchte Sie nicht noch mehr belasten, aber möglicherweise haben wir ein Problem am Hals, mit dem wir nicht gerechnet haben. Zumindest eines, das wir nicht in Betracht gezogen hatten, was vielleicht unklug war.«
»Was denn?«
»Es könnte sein, dass die Frau krank ist. Ihr Mann hatte das Gefühl, als er mit ihr sprach.«
»Sie meinen ernsthaft ?«
»Wir können es nicht ausschließen – der Arzt kann es nicht ausschließen.«
»Der Arzt ?«
»Wir wollten Sie nicht unnötig beunruhigen. Ich habe vor einigen Tagen einen unserer Ärzte zugezogen – er ist absolut verlässlich. Sie wollte nichts essen und klagte über Übelkeit. Der Arzt sagte, es könnte eine Depression oder Angst sein, vielleicht auch ein Virus. Also hat er ihr Antibiotika und leichte Beruhigungsmittel gegeben. Ihr Zustand hat sich nicht gebessert, sondern verschlechtert. Sie ist völlig teilnahmslos geworden,
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