Das Bourne Ultimatum
Du ziehst dich zurück.«
»Kein bisschen.«
»Doch, du tust es... Du und David, ich hab das nie verstanden. Unsere beiden älteren Brüder sind so solide, haben alles so gut im Griff, vielleicht nicht intellektuell, aber pragmatisch. Dennoch hat er sich dir zugewandt. Warum, Johnny?«
»Lass das doch«, sagte St. Jacques und entzog seiner Schwester die Hand.
»Aber ich muss es wissen. Dies ist mein Leben, er ist mein
Leben! Es darf keine Geheimnisse geben, was ihn auch betrifft. Ich kann das nicht mehr ertragen! Warum du?«
St. Jacques lehnte sich in seinem Stuhl zurück und bedeckte mit seinen gestreckten Fingern die Stirn. Er hob den Blick, der eine unausgesprochene Bitte ausdrückte. »Erinnerst du dich, als ich vor sechs oder sieben Jahren die Farm verließ, weil ich meinen eigenen Weg gehen wollte?«
»Natürlich. Ich glaube, das hat damals unseren guten Eltern das Herz gebrochen. Es war nicht zu ändern, du warst immer eine Art Liebling...«
»Ich war immer das Kind!«, unterbrach der jüngste St. Jacques. »Der immer seine schwachsinnige Bonanza-Rolle spielte, während meine dreißigjährigen Brüder ergeben Befehle vom allwissenden, bigotten französisch-kanadischen Vater entgegennahmen, dessen einzig angenehme Seite sein Geld und sein Land war.«
»Er hatte noch andere Seiten, aber ich will die Eindrücke eines ›Kindes‹ nicht bestreiten.«
»Könntest du auch nicht, Marie. Du hast es genauso gemacht wie ich, und manchmal bist du ein Jahr lang nicht nach Hause gekommen.«
»Ich war beschäftigt.«
»Ich auch.«
»Was hast du gemacht?«
»Ich habe zwei Männer getötet. Zwei Schweine, die meine Freundin umgebracht hatten - vergewaltigt und umgebracht.«
»Was?«
»Sprich leise...«
»Mein Gott, was war passiert?«
»Ich wollte nicht zu Hause anrufen, also rief ich deinen Mann an... meinen Freund, der mich nicht wie ein Kind mit einem Hirnschaden behandelte. Damals schien es mir nur logisch zu sein, und es war die beste Entscheidung, die ich treffen konnte. Die Regierung schuldete ihm Dank, und ein ausgezeichnetes Team flog von Washington und Ottawa nach James Bay, und ich wurde freigesprochen. Notwehr, und das war’s.«
»Er hat niemals nur ein Wort davon zu mir gesagt...«
»Darum habe ich ihn gebeten.«
»Also deswegen - aber ich verstehe es immer noch nicht.«
»Es ist nicht schwer, Marie. Ein Teil von ihm weiß, dass ich töten kann, töten werde, wenn ich glaube, dass es notwendig ist.«
Drinnen im Haus ging das Telefon. Marie starrte ihren Bruder an. Bevor sie ihre Stimme wiedergefunden hatte, kam eine ältere schwarze Frau durch die Tür von der Küche.
»Es ist für Sie, Mr. John. Es ist der Pilot von der großen Insel drüben. Er sagt, es sei sehr wichtig.«
»Danke, Mrs. Cooper«, sagte St. Jacques, stand auf und lief schnell zum Nebentelefon am Pool. Er sprach einige Augenblicke, sah dann Marie an, warf den Hörer auf die Gabel und kam zu seiner Schwester gerannt. »Pack ein, du musst schnell weg!«
»Warum? War es der Mann, der uns geflogen hat?«
»Er ist aus Martinique zurück und hat erfahren, dass jemand in der vergangenen Nacht am Flughafen Fragen über eine Frau und zwei Kinder gestellt hat. Niemand von der Crew hat etwas gesagt, aber wer weiß, wie lange... Schnell.«
»Mein Gott, wo soll ich hin?«
»Rüber ins Hotel, bis wir uns etwas ausgedacht haben. Es gibt nur eine Straße dorthin, und meine eigenen ›Tontons Macoutes< bewachen sie. Da kommt niemand rein oder raus. Mrs. Cooper wird dir mit Alison helfen. Beeil dich!«
Das Telefon klingelte schon wieder, und Marie rannte durch die Schlafzimmertür. St. Jacques stürzte die Treppe zum Nebentelefon am Pool hinunter, als Mrs. Cooper nochmals aus der Küche kam. »Es ist die Regierung drüben in Serrat, Mr. John.«
»Was, zum Teufel, wollen die denn?«
»Soll ich sie fragen?«
»Nein, nein, ich geh ran. Hilf meiner Schwester mit den Kindern, und pack alles, was sie mitgebracht haben, in den Rover. Sie fahren sofort ab!«
»O wie furchtbar. Ich habe mich so über das kleine Baby gefreut.«
»Furchtbar, das stimmt«, murmelte St. Jacques, als er nach dem Hörer griff. »Ja?«
»Hallo, John?«, sagte der erste Assistent des Gouverneurs der Kronkolonie, ein Mann, der sich mit dem kanadischen Entwicklungshelfer angefreundet hatte und ihm behilflich gewesen war, sich durch den Paragraphendschungel der Kolonie hindurchzufinden.
»Kann ich dich zurückrufen, Henry? Ich bin im Moment ziemlich in
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