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Das Bourne-Vermächtnis

Das Bourne-Vermächtnis

Titel: Das Bourne-Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Poseidon erhörte sein Gebet, und aus dem aufgewühlten Meer erhob sich ein schneeweißer Stier. Minos hätte ihn als Zeichen seiner Dienstbarkeit gegenüber Poseidon opfern sollen, aber der habgierige König behielt den Stier für sich selbst.
    Daraufhin sorgte der zornige Meeresgott dafür, dass die Gemahlin des Minos sich in den Stier verliebte. Sie ließ sich von Dädalus, dem Lieblingsarchitekten des Königs, heimlich eine hohle hölzerne Kuh bauen, in der sie sich versteckte, damit der Stier sich mit ihr paaren konnte. So wurde der Minotaurus gezeugt – ein riesiger Mann mit Haupt und Schwanz eines Stiers –, dessen Wildheit solche Schäden anrichtete, dass Minos von Dädalus ein gewaltiges Labyrinth erbauen ließ, das so kompliziert war, dass der gefangene Minotaurus niemals daraus entkommen konnte.
    An diese Sage dachte Stepan Spalko mehrmals, als er mit seinem Team die steilen Straßen der Stadt hinauffuhr, denn er hatte eine Affinität zu griechischen Mythen mit ihrer Betonung von Vergewaltigung, Inzest, Sodomie, Blutvergießen und Hybris. Da er in vielen Sagen Aspekte seines eigenen Ichs wieder erkannte, fiel es ihm nicht schwer, sich für einen Halbgott zu halten.
    Wie viele Inselstädte im Mittelmeer lag Iráklion an einer Bergflanke, sodass seine Steinhäuser sich an steilen Straßen erhoben, auf denen zum Glück Busse und Taxis verkehrten. Die ganze Insel wird von einer Gebirgskette, den Weißen Bergen, durchzogen.
    Die Adresse, die Spalko bei der Vernehmung László Molnars erfahren hatte, bezeichnete ein Haus ungefähr auf halber Höhe über dem Hafen. Es gehörte einem Architekten namens Istos Daedalika, der sich als ebenso geheimnisvoll erwies wie sein Namensvetter aus der antiken Sage. Spalkos Team hatte ermittelt, dass eine mit László Molnar in Verbindung stehende Firma das Haus gemietet hatte. Als sie es erreichten, war der Morgenhimmel eben im Begriff, wie eine Nussschale aufzuplatzen und die blutrote Mittelmeersonne zum Vorschein kommen zu lassen.
    Nach kurzer Erkundung legten sie alle winzige Ohrhörer an, über die sie drahtlos verbunden waren. Dann überprüften sie ihre Waffen: Hightech-Armbrüste aus Verbundmaterial, deren garantierte Lautlosigkeit ihren Absichten entgegenkam. Nach einem Uhrenvergleich schickte Spalko zwei seiner Männer zum Hintereingang des Hauses, während Sina und er sich den Haupteingang vornahmen. Der dritte Mann des Teams sollte Wache halten und sie warnen, falls sich auf der Straße etwas Verdächtiges ereignen oder gar die Polizei auftauchen sollte.
    Die Straße war menschenleer und verlassen, denn um diese Zeit war noch niemand unterwegs. Im Haus brannte kein Licht, aber Spalko hatte auch keines erwartet. Er sah auf seine Uhr und zählte ins Mikrofon, während der Sekundenzeiger der vollen Minute zustrebte.
    Im Haus waren die Söldner schon auf den Beinen. Heute war Umzugstag, an dem sie das Haus wie schon andere vor ihnen verlassen würden. Sie brachten Dr. Schiffer alle drei Tage an einen anderen Ort auf der Insel; das taten sie rasch und effizient, sobald das nächste Ziel in letzter Minute bestimmt worden war. Solche Sicherheitsmaßnahmen erforderten, dass einige von ihnen zurückblieben, um alle Spuren ihrer Anwesenheit zu beseitigen.
    In diesem Augenblick waren die Söldner im ganzen
    Haus verteilt. Einer von ihnen goss in der Küche türkischen Kaffee auf, ein weiterer Mann war im Bad, und ein Dritter hatte den Satellitenfernseher eingeschaltet. Er verfolgte die Nachrichten ohne sonderliches Interesse, dann trat er ans Wohnzimmerfenster, zog den Vorhang einen Spalt weit auf und spähte auf die Straße hinaus. Alles wirkte normal. Er räkelte sich wie eine Katze, dehnte und streckte seinen Körper. Dann legte er sein Schulterholster an und brach zu seinem morgendlichen Kontrollgang auf.
    Er schloss die Haustür auf, trat hinaus und bekam prompt Spalkos Armbrustbolzen ins Herz. Er taumelte mit ausgebreiteten Armen rückwärts, verdrehte die Augen nach oben und war tot, bevor er auf den Rücken krachte.
    Spalko und Sina betraten die Diele in dem Augenblick, in dem seine Männer die Hintertür aufbrachen.
    Der Söldner in der Küche ließ seine Kaffeetasse fallen, zog seine Waffe und verwundete einen von Spalkos
    Männern leicht, bevor auch er durchbohrt wurde.
    Spalko nickte Sina zu, dann nahm er je drei Stufen der in den ersten Stock hinaufführenden Treppe auf einmal.
    Sina reagierte auf die durch die Badezimmertür kommenden Schüsse, indem sie einen

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