Das Bourne-Vermächtnis
bringen
konnte.
Wie schon in Nairobi öffnete er die Ladekammer des Diffusors und legte die Phiole hinein. Dann schloss und verriegelte er die Kammer, nahm den NX 20 aus Sinas Armen und betätigte den kleineren der beiden Abzüge.
Damit gelangte die versiegelte Phiole mit dem Kampfstoff in die eigentliche Diffusorkammer. Jetzt brauchte Spalko die Kammer nur noch mit dem auf der linken Seite des Kolbens eingelassenen Knopf zu verriegeln, zu zielen und den größeren zweiten Abzug zu betätigen.
Er hielt den Diffusor in beiden Armen, wie es auch Sina getan hatte. Diese Waffe musste selbst von ihm mit angemessenem Respekt behandelt werden.
Er blickte in Sinas Augen, aus denen ihre Liebe zu ihm und ihr patriotischer Eifer leuchteten. »Jetzt warten wir«, sagte er, »auf den Sensoralarm.«
Dann hörten sie ihn: Das Schrillen war leise, aber seine von den kahlen Betonkorridoren verstärkten Vibrationen waren unverkennbar. Sina und der Scheich lächelten sich an. Spalko glaubte zu spüren, wie die Spannung im Raum zunahm, wie sie von gerechtem Zorn und der Hoffnung auf lange ersehnte Rache genährt wurde.
»Unser großer Augenblick steht bevor«, sagte er, und sie hörten ihn alle, reagierten alle. Er konnte fast hören, wie ihr Siegesgeheul einsetzte.
Von der unaufhaltsamen Macht des Schicksals getrieben, betätigte der Scheich den kleinen Abzug, der die Ladung mit bedrohlichem kleinem Zischen in die Diffusorkammer beförderte, in der sie liegen und auf den Augenblick ihrer Freisetzung warten würde.
Kapitel neunundzwanzig
»Das sind alles Tschetschenen, nicht wahr, Boris?«, fragte Hull.
Karpow nickte. »Meinen Unterlagen nach alles Mitglieder von Hassan Arsenows Terrororganisation.«
»Ein Sieg für die guten Kerle!«, freute Hull sich.
Fahd al-Sa’ud sagte, in der feuchten Kälte zitternd:
»Die Menge C4 in ihrer Zeitbombe hätte ausgereicht, um die gesamte Tragkonstruktion dieses Gebäudeteils zu schwächen. Das Kongressforum wäre unter seinem eigenen Gewicht eingestürzt, hätte alle unter sich begraben.«
»Ein Glück für uns, dass sie den Bewegungsmelder
ausgelöst haben«, sagte Hull.
Als die Minuten verrannen, runzelte Karpow strenger die Stirn, während er Bournes Frage wiederholte: »Wieso sollte die Bombe schon jetzt gelegt werden? Ich denke, wir hätten eine gute Chance gehabt, sie vor Eröffnung der Gipfelkonferenz zu finden.«
Fahd al-Sa’ud wandte sich an einen seiner Männer.
»Gibt’s irgendeine Möglichkeit, mehr Wärme herzukriegen? Wir sind bestimmt noch eine Weile hier, und ich bin schon halb erfroren.«
»Ich hab’s!«, sagte Bourne und wandte sich Chan zu. Er ließ sich das Notebook geben, schaltete es ein und scrollte durch die Pläne, bis er den gesuchten Plan gefunden hatte. Mit dem Zeigefinger verfolgte er die Route, die sie nehmen mussten, um von ihrem Standort aus unters
Hauptgebäude des Hotels zu gelangen. Dann klappte er das Notebook zu und sagte: »Los, komm! Wir haben’s eilig!«
»Wohin willst du?«, fragte Chan, als sie durch das Labyrinth aus Kellerfluren liefen.
»Denk darüber nach! Wir haben gesehen, wie ein
Fahrzeug von Reykjavik Energy ins Hotel gefahren ist; das ganze Hotel wird wie die gesamte Stadt mit Erdwärme beheizt.«
»Deshalb hat Spalko die Tschetschenen zu einer Unterstation der Klimaanlage geschickt«, sagte Chan, als sie um eine Ecke trabten. »Er hat nicht damit gerechnet, dass sie die Bombe wirklich würden legen können. Wir haben richtig vermutet, das war ein Ablenkungsmanöver, aber nicht für morgen früh, wenn das Gipfeltreffen beginnt. Er will den Diffusor jetzt einsetzen!«
»Richtig«, sagte Bourne. »Aber nicht durch die Klimaanlage. Sein Ziel ist die Fernwärmezentrale. Zu dieser nachtschlafenden Zeit, wo die Staatsoberhäupter schlafen, will er das Virus einsetzen.«
»Da kommt jemand«, meldete eine der beiden Wache
haltenden Tschetscheninnen.
»Erschießt ihn«, befahl der Scheich.
»Aber das ist Hassan Arsenow!«, rief die zweite Wächterin aus.
Spalko und Sina wechselten einen verwirrten Blick.
Was war bloß schief gegangen? Der Sensor hatte angesprochen, der Alarm war ausgelöst worden, und kurze Zeit später hatten sie das befriedigende Hämmern von Feuerstößen aus Maschinenpistolen gehört. Wie hatte Arsenow entkommen können?
»Erschießt ihn, hab ich gesagt!«, brüllte Spalko.
Was Arsenow verfolgte, was ihn in dem Augenblick zurückweichen ließ, in dem er eine Falle witterte, wodurch er vor dem
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