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Das Bourne-Vermächtnis

Das Bourne-Vermächtnis

Titel: Das Bourne-Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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nicht mehr, konnte nicht mehr leben.
    Etwas anderes zu denken musste zum Wahnsinn führen.
    Wer war Chan also wirklich, und warum spielte er dieses entsetzlich grausame Spiel?
    Darauf wusste Bourne keine Antwort. Das Flugzeug
    sackte kurz durch und stieg sofort weiter; dann veränderte sich der Triebwerkslärm, als es die Reiseflughöhe erreicht hatte. Im Frachtraum wurde es so kalt, dass sein Atem bestimmt weiße Wölkchen bildete. Er schlang beide Arme auf dem Boden sitzend um die Knie, wiegte sich leicht vor und zurück. Das war nicht möglich. Das konnte nicht sein!
    Er stieß einen unartikulierten, tierischen Klagelaut aus und wurde von Schmerzen und äußerster Verzweiflung überwältigt. Sein Kopf sank herab, und er weinte zornig, ungläubig und kummervoll bittere Tränen.
    Teil zwei
    Kapitel elf
    Im vollen Bauch von Flug 113 schlief Jason Bourne, aber in seinem Unterbewusstsein lief sein Leben – ein weit zurückliegendes Leben, das er längst begraben hatte – wieder vor ihm ab. Seine Träume waren übervoll von Bildern, Emotionen, Stimmen und Gerüchen, die er in den verstrichenen Jahren mit aller Kraft so tief ins Unbewusste hinabgestoßen hatte.
    Was war an jenem heißen Sommertag in Phnom Penh
    geschehen? Das wusste niemand. Zumindest kein Lebender. Tatsache war jedoch: Während er im US-Diplomatenkomplex gelangweilt und ruhelos bei einer Besprechung in seinem klimatisierten Büro gesessen hatte, war seine Frau Dao mit ihren beiden Kindern in dem breiten, schlammigen Fluss vor ihrem Haus schwimmen gegangen. Dann war wie aus dem Nichts ein feindliches Flugzeug auf sie herabgestoßen. Es hatte David Webbs Frau und Kinder, die im Fluss schwammen und planschten und spielten, im Tiefflug mit Bordwaffen angegriffen.
    Wie viele Male hatte er sich diese Schreckensszene ausgemalt? Hatte Dao das Flugzeug noch gesehen? Aber es war so schnell auf sie herabgestoßen, hatte sie in lautlosem Sinkflug überrascht. Jedenfalls musste sie ihre Kinder bei einem vergeblichen Versuch, sie zu retten, an sich gezogen, unter Wasser gedrückt und mit dem eigenen Leib gedeckt haben, noch während ihre Schreie in ihren Ohren gellten und ihr Blut ihr Gesicht befleckte, noch während sie den Schmerz ihres eigenen Todes spürte. Das war zumindest, was er geglaubt, wovon er geträumt, was ihn fast zum Wahnsinn getrieben hatte.
    Denn die Schreie, die Dao seiner Vorstellung nach unmittelbar vor dem Ende gehört haben musste, waren dieselben Schreie, die er Nacht für Nacht hörte, bevor er in Schweiß gebadet mit Herzjagen hochfuhr. Diese Träume hatten ihn gezwungen, das Haus und alles, woran er hing, aufzugeben, weil der Anblick jedes vertrauten Gegenstands wie ein Stich ins Herz war. Er war aus Phnom Penh nach Saigon geflüchtet, wo Alexander Conklin sich seiner angenommen hatte.
    Hätte er nur seine Albträume in Phnom Penh zurücklassen können! In den schwülheißen Dschungeln Vietnams hatten sie ihn heimgesucht, als seien sie Wunden, die er sich selbst wieder und wieder beibringen müsse.
    Denn eine Tatsache blieb unverändert wahr: Er konnte es sich nicht verzeihen, dass er nicht zu Hause gewesen war und seine Frau und seine Kinder beschützt hatte.
    Jetzt schrie er in seinen gequälten Träumen zehntausend Meter über dem stürmischen Nordatlantik auf.
    Wozu taugt ein Ehemann und Familienvater, fragte er sich wie unzählige Male zuvor, wenn er es nicht schafft, seine Familie zu beschützen?
    Um fünf Uhr morgens wurde der CIA-Direktor aus tiefem Schlaf durch einen dringenden Anruf der Nationalen Sicherheitsberaterin geweckt, die ihn in einer Stunde in ihr Büro beorderte. Wann schläft diese Hexe eigentlich? , fragte er sich, als er den Hörer auflegte. Er saß auf der Bettkante und kehrte Madeleine den Rücken zu. Sie wacht von nichts mehr auf , dachte er säuerlich. Madeleine hatte sich längst angewöhnt, auch bei nächtlichen oder frühmorgendlichen Anrufen weiterzuschlafen.
    »Aufwachen!«, sagte er und rüttelte sie wach. »Im Dienst geht’s wieder mal rund, und ich brauche Kaffee.«
    Ohne sich mit einem Wort zu beschweren, stand sie auf, schlüpfte in Morgenrock und Pantoffeln und folgte dem Gang zur Küche.
    Der Direktor rieb sich das Gesicht, patschte barfuß ins Bad und ließ die Tür hinter sich offen. Auf dem WC sitzend rief er seinen Stellvertreter an. Warum sollte Lindros schlafen, verdammt noch mal, wenn sein Vorgesetzter es nicht tat? Zu seinem Erstaunen war Martin Lindros jedoch hellwach.
    »Ich habe die

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